Die neuen US-Strafzölle gegen Indien treten ab heute in Kraft. US-Präsident Donald Trump hatte zuvor die Strafzölle gegen Indien verdoppelt. Einfuhrzölle von 50 Prozent sind einer der höchsten der von Trump verhängten Zölle gegen US-Handelspartner. Er will Indien damit nach eigenen Angaben für seine anhaltenden Ölimporte aus Russland bestrafen.
Die US-Strategie einer indopazifischen Ausrichtung, in der Indien eine zentrale Rolle bei der Eindämmung Chinas durch die USA spielen würde, ist nun gefährdet. Tatsächlich hat Indien den Ukraine-Krieg nie verurteilt. In den entsprechenden UN-Resolutionen hat sich Neu-Delhi auch enthalten.
Der Zollstreit hat die US-Waffenverkäufe an Indien bereits zum Erliegen gebracht. Neu-Delhi hat zudem die Reise von Verteidigungsminister Rajnath Singh nach Washington abgesagt. Indien ist bereits Mitglied der von Trump als “antiamerikanisch” bezeichneten BRICS-Staaten. Zu diesen zählen neben China und Russland auch Brasilien, Südafrika und Iran.
Nach China ist Indien der zweitgrößte Ölkunde Russlands. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs im Jahr 2022 ist der Anteil russischen Öls an den indischen Importen von zwei auf fast 36 Prozent im vergangenen Jahr gestiegen. Für Neu-Delhi ist dies weniger eine politische als eine pragmatische Entscheidung. Denn die Golfstaaten produzieren in erster Linie für Europa, das wiederum kaum noch aus Russland erwirbt – somit bleibt Moskau als Lieferant für Indien.
Indien wollte nach Trumps Druck nicht einlenken. US-Präsident Trump versuchte in den vergangenen Tagen vier Mal, Indiens Premier Narendra Modi telefonisch zu erreichen – ohne Erfolg. Modi lehnte die Gespräche ab, offenbar verärgert über Trumps Strafzölle, Kritik an der “toten Wirtschaft” und Aussagen zu Pakistan.
Indien sucht nun stattdessen die Nähe Chinas und Russlands. Ende August wird der indische Premierminister Modi erstmals seit der Eskalation des indisch-chinesischen Grenzkonflikts im Jahr 2020 China besuchen. Im Rahmen des Gipfels der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) wird er voraussichtlich auch den chinesischen Staatschef treffen. Zuletzt hatten Modi und Xi Jinping im vergangenen Jahr am Rande des BRICS-Gipfels in Kasan miteinander gesprochen. Im Anschluss an das Treffen einigten sich die Länder auf ein Abkommen zur Verringerung der Truppen an der umstrittenen Grenze im Himalaja.
Bei einem Treffen in Moskau in der vergangenen Woche vereinbarten der russische Außenminister Sergei Lawrow und sein indischer Kollege Subrahmanyam Jaishankar einen Ausbau des bilateralen Handels. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Lawrow bezeichnete Jaishankar das Verhältnis zu Russland als “eine der beständigsten größeren Beziehungen” seit dem Zweiten Weltkrieg.
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