Am Wiener Landesgericht ist am Montagabend der aufsehenerregende Prozess um den Missbrauch einer jungen Lehrerin zu Ende gegangen. Die Hauptangeklagten – Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren – wurden schuldig gesprochen. Eine monatelange Serie von Erpressungen, sexuellen Übergriffen und schließlich Brandstiftung hatte die Frau an den Rand ihrer Existenz gebracht.
Ein 15-jähriger Iraker erhielt 3,5 Jahre unbedingte Haft, ein 17-jähriger Rumäne drei Jahre. Ein 15-jähriger Afghane wurde zu 15 Monaten Haft verurteilt, davon fünf Monate unbedingt. Drei weitere Jugendliche kamen mit teilbedingten oder bedingten Strafen davon, ein 16-jähriger Ex-Schüler wurde vom Vorwurf des Diebstahls freigesprochen. Die Urteile sind teilweise rechtskräftig.
Die Richterin sprach in der Begründung von einem “erschütternden Gesamtbild jugendlicher Grausamkeit”. Die Lehrerin sei “absolut glaubwürdig” gewesen, ihre Aussagen stünden “vollständig im Einklang mit den Beweisen”. Die Einlassungen der Angeklagten seien dagegen “Schutzbehauptungen voller Widersprüche”.
Über Monate hinweg soll die damals 28-jährige Pädagogin Opfer psychischer und körperlicher Gewalt geworden sein. Die Jugendlichen hätten sie unter Druck gesetzt, kompromittierende Fotos genutzt, um sie gefügig zu machen, und sich in ihrer Wohnung eingenistet. Die Frau wurde erpresst, bestohlen, mehrfach sexuell missbraucht und schließlich durch eine Brandlegung in Lebensgefahr gebracht. Erst als die Täter im Januar 2025 Feuer legten und die Wohnung der Lehrerin vollständig ausbrannte, kam das Martyrium ans Licht.
Ein psychiatrisches Gutachten attestierte dem Opfer eine chronische Depression und eine posttraumatische Belastungsstörung als Folge der Übergriffe.
Vor Gericht sagten auch die Eltern der Lehrerin aus. “Sie wurde komplett bedroht und hatte Angst”, erklärte die Mutter. Der Vater berichtete unter Tränen, seine Tochter habe sich zunächst der Schwester anvertraut, dann den Eltern. Sie habe gefürchtet, die Gerüchte über Kontakte zu Schülern würden ihre Karriere zerstören. Ihre größte Angst war, dass das rauskommt. Die Scham war übermächtig.
Die Mutter beschrieb, wie sie nach einem Übergriff in die Wohnung ihrer Tochter kam und dort zerstörte Möbel und blutverschmierte Bettwäsche vorfand. Sie sicherte Beweise und übergab sie der Polizei.
In ihrem Schlussplädoyer sprach die Staatsanwältin von “schwerster Kriminalität”. Die Angeklagten hätten keinerlei Reue gezeigt und die Lehrerin systematisch in eine “Abwärtsspirale” getrieben. Sie wussten um ihre Angst, ihre Verletzlichkeit – und haben das schamlos ausgenutzt.
Die Beweislage sei eindeutig gewesen: Die Lehrerin habe siebenmal unter Eid ausgesagt, stets widerspruchsfrei. “Hier hat ein Mensch im realen Leben massives Leid erfahren”, so die Anklägerin.
An der Schule, an der die Frau unterrichtete, kursierten nach den Vorfällen Gerüchte über ein mögliches Naheverhältnis zu ehemaligen Schülern. Eine Verwaltungsangestellte sagte vor Gericht, sie habe von Jugendlichen gehört, die Lehrerin lade Schüler zu sich ein. Doch strafrechtliche Ermittlungen gegen die Frau wurden nie eingeleitet. Der Staatsanwaltschaft lagen keine Hinweise auf ein Fehlverhalten vor.
Mit dem Wissen um ein kurzes einvernehmliches Verhältnis zu einem 16-Jährigen sei die Frau erpressbar geworden, erklärte die Richterin. Diese Schwäche hätten die Jugendlichen ausgenutzt.
In der Nacht auf den 16. Januar 2025 drangen mehrere Jugendliche in die Wohnung der Lehrerin ein, raubten Wertgegenstände und legten Feuer. Nur das rasche Eingreifen der Feuerwehr verhinderte eine Katastrophe.
“Das Ganze hat sich nicht mehr aufhalten lassen”, sagte der Vater der Frau. Mit der Brandstiftung habe die Gewaltspirale ihren Höhepunkt erreicht.
Die Jugendlichen hätten weder Reue noch Schuldeinsicht gezeigt und eine außergewöhnliche Empathielosigkeit an den Tag gelegt.
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