
Der heilige Leonhard, Schutzpatron der Gefangenen, ist Namensgeber eines Vereins, der sich der geistigen Befreiung verschrieben hat. Der Leonhard-Kreis, gegründet 2024 und seit einigen Monaten aktiv, will nach eigenen Angaben die “Ketten” sprengen, die die freie Rede zunehmend einschränken. Alt-Bundesrat Ueli Maurer präsidiert, Hans-Georg Maaßen fungiert als Vizepräsident, Thilo Sarrazin ist Gründungsmitglied. Als Geschäftsführer wirkt der ehemalige SVP-Nationalrat Claudio Zanetti.
Der Verein versteht sich als überparteiliche Plattform zur Verteidigung der individuellen Freiheitsrechte. Offiziell will er weder zu Wahlen antreten noch als politische Bewegung auftreten. Inhaltlich aber greift er Themen auf, die in der Öffentlichkeit seit Jahren zunehmend polarisieren: Cancel Culture, politische Korrektheit, moralischer Druck und eine wachsende Angst, offen zu sprechen.
Viele Menschen trauen sich nicht mehr, ihre Meinung zu sagen. Wer vom Mehrheitsdenken abweicht, wird rasch etikettiert – als Leugner, Populist oder Extremist. Diese Entwicklung hat sich seit der Corona-Pandemie beschleunigt. Die Freiheit muss immer wieder neu verteidigt werden.
Thilo Sarrazin beschreibt eine neue Form der Intoleranz. Meinungsfreiheit gilt zunehmend als Privileg der Mehrheit, nicht mehr als universelles Recht. Für viele ist sie nur ein Wert, solange es um die eigenen Ansichten geht. Eine demokratische Gesellschaft aber braucht den offenen Streit der Argumente, nicht den moralischen Ausschluss unbequemer Stimmen.
Hans-Georg Maaßen warnt vor einer schleichenden Meinungskontrolle durch Behörden und einer gefährlichen Nähe zwischen Staat und Medien. Wenn Geheimdienste beginnen, Meinungen zu überwachen, ist das kein Zeichen der Stärke, sondern der Schwäche einer Demokratie.
Auch die österreichische Politikerin Marie-Christine Giuliani und der Publizist Radu Golban gehören zum Kreis. Sie betonen, dass Freiheit, Neutralität und individuelle Verantwortung zentrale Werte bleiben müssen – gerade in einer Zeit wachsender ideologischer Frontenbildung. Giuliani sieht in der Neutralität einen Schutzraum des Dialogs. Golban spricht von einer Selbstzensur einer empfindlichen Kultur, die keine andere Meinung mehr erträgt.
Der Verein will in der gesamten DACH-Region aktiv werden und setzt auf Aufklärung, öffentliche Debatten und Bildungsinitiativen. Der Jahresbeitrag beträgt 50 Franken, die Mitgliederzahl liegt bei rund 100. Doch der Zulauf ist beachtlich: Schon während der Pressekonferenz gingen über 120 neue Beitrittsgesuche ein.
Trotz bescheidener Strukturen trifft der Leonhard-Kreis einen Nerv. Immer mehr Menschen teilen den Eindruck, dass die Grenzen des Sagbaren enger werden – und dass die Freiheit der Rede, einst Fundament liberaler Demokratien, heute wieder verteidigt werden muss.
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