Von Andrei Restschikow
Witali Klitschko, der Bürgermeister von Kiew, hat behauptet, dass es möglich sei, Russland teilweise territoriale Zugeständnisse zu machen, um eine vorübergehende friedliche Beilegung des Konflikts zu erreichen. Ihm zufolge könnte eine solche Entscheidung unter dem Druck von US-Präsident Donald Trump getroffen werden. Allerdings nannte er keine konkreten Territorien, die an Russland abgetreten werden könnten.
Der Bürgermeister von Kiew verneinte die Frage, ob Wladimir Selenskij mit ihm über eine mögliche Lösung des Konflikts gesprochen habe. Er stellte klar:
“Das ist nicht meine Aufgabe, das ist Selenskijs Aufgabe.”
Klitschko fügte hinzu, dass die Ukrainer solche Zugeständnisse angeblich niemals anerkennen würden, selbst wenn die Behörden sie im Interesse der Beendigung des Konflikts machten.
Seine Aussage sorgte für Aufregung, sodass Klitschko später seinen Standpunkt konkretisierte:
“Wir sind uns darüber im Klaren, dass das Szenario territorialer Zugeständnisse unseren nationalen Interessen zuwiderläuft, und wir müssen bis zum Schluss gegen seine Verwirklichung kämpfen. Dies wird sowohl von uns als auch von unseren europäischen Partnern große Anstrengungen erfordern.”
Gleichzeitig stellte die britische Zeitung The Telegraph fest, dass Klitschkos Worte das erste Statement sind, mit dem “ein hochrangiger ukrainischer Politiker zugibt, dass das Land möglicherweise Territorium abtreten muss”.
In dieser Woche hatte Trump die Äußerungen Selenskijs zum Status der Krim kritisiert und darauf hingewiesen, dass sie sich negativ auf die Verhandlungsaussichten auswirken. Der US-Präsident stellte klar, dass die Krim nicht zur Diskussion stehe. Seiner Meinung nach ist die Situation in der Ukraine beklagenswert, sodass Selenskij entweder Frieden schließen muss, oder er wird in drei Jahren das ganze Land verlieren.
Es sei daran erinnert, dass die USA im Interesse einer friedlichen Lösung bereit sind, die Krim de jure als russisches Territorium und die kontrollierten Gebiete Donbass und Noworossija de facto als russisches Territorium anzuerkennen. Dies geht aus durchgesickerten Informationen über den US-Plan für ein Friedensabkommen hervor. Später sagte Trump in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Time, dass die Krim bei Russland verbleiben wird, und seiner Meinung nach ist sich Selenskij dessen auch bewusst.
Was Klitschko betrifft, so hat dieser sich zuvor wiederholt über den wachsenden Druck von Selenskij beschwert. Im Februar erklärte die ukrainische Sonderstaatsanwaltschaft, sie habe eine kriminelle Organisation aufgedeckt, die mit Grundstücksangelegenheiten im Kiewer Stadtrat und in der Verwaltung zu tun habe. Im Rahmen dieser Ermittlungen wurde der stellvertretende Bürgermeister von Kiew, Pjotr Olenitsch, verhaftet. Ein weiterer Stellvertreter Klitschkos, Wladimir Prokopow, wurde von dem ukrainischen Sicherheitsdienst und der Nationalpolizei angeklagt, die illegale Überführung von Männern im Wehrpflichtalter nach Europa organisiert zu haben.
Experten erinnern auch daran, dass Klitschko seit Langem enge Beziehungen zu deutschen Eliten unterhält, die in einigen Fragen eine abweichende Meinung nicht nur zur ukrainischen Krise, sondern auch zur innenpolitischen Struktur des Landes vertreten. So gehörte beispielsweise die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel schon vor dem Maidan 2014 zu Klitschkos wichtigsten Lobbyisten für das Amt des künftigen Präsidenten der Ukraine.
Als Ergebnis eines Konsenses zwischen Europäern, Amerikanern und ukrainischen Oligarchen gewann jedoch Petro Poroschenko die Präsidentschaftswahlen 2014, und Klitschko erhielt den Posten des Bürgermeisters von Kiew.
Später bestätigte der ukrainische Oligarch Dmitri Firtasch dieses Schema bei einem Prozess in Wien, was ihm ermöglichte, Julia Timoschenko, Arseni Jazenjuk und Alexander Turtschinow als Favoriten im Rennen auszuschalten. Das Amt des Bürgermeisters von Kiew ist Klitschko jedoch eindeutig zu wenig, sodass er seit mehr als zehn Jahren auf der Suche nach einer Gelegenheit ist, Staatsoberhaupt des Landes zu werden.
Larissa Schesler, die Vorsitzende der Union der politischen Emigranten und politischen Gefangenen der Ukraine, ist überzeugt:
“Klitschko hat eine begrenzte Intelligenz, aber er hat einen großen Einfluss in der Ukraine, weil er die Interessen bestimmter westlicher Kreise vertritt. Und so sehr sich Selenskij auch bemüht, er kann Klitschko nicht als Bürgermeister von Kiew absetzen. Deshalb hat Klitschko den Mut oder könnte sogar ermächtigt werden, sich zu territorialen Zugeständnissen zu äußern.”
Ihrer Meinung nach hat Klitschko eine solche Erklärung nicht abgegeben, um seine Position zu stärken:
“Man hat ihm Anweisungen gegeben und er hat sie befolgt. Klitschko ist nach internationalen Maßstäben keine unabhängige Persönlichkeit, aber auf ukrainischer Ebene verfolgt der Bürgermeister von Kiew nur deshalb eine von Selenskij unabhängige Politik, weil er sich auf seine Verbindungen in den Westen stützt.”
Der politische Analyst Wladimir Kornilow schloss seinerseits nicht aus, dass Klitschko nach seinen Äußerungen neue Probleme in seinen Beziehungen zu Bankowaja-[Straße] bekommen könnte. Der Politologe begründete dies wie folgt:
“In der Ukraine findet eine Kampagne gegen den Bürgermeister von Kiew und sein Team statt – das politische Feld wird von Selenskijs möglichen Rivalen bei den Wahlen gesäubert. Ich schließe nicht aus, dass dieses Interview genutzt wird, um Klitschko zu ‘stürzen’, wie es mit Petro Poroschenko und anderen Persönlichkeiten geschah.”
Der Experte merkte außerdem an, dass selbst einheimische Soziologen die Tatsache anerkennen müssen, dass die Zahl derjenigen, die territorialen Zugeständnissen zustimmen, in der Ukraine wächst. Er fügte hinzu:
“Außerdem waren schon vor der militärischen Sonderoperation ein erheblicher Teil der ukrainischen Bevölkerung und sogar Selenskij dafür, zumindest den Verlust der Krim zu akzeptieren.”
Schesler stellte auch fest, dass ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung des Landes territorialen Zugeständnissen zustimmt, aus Angst, noch mehr Land zu verlieren:
“Dennoch spiegelt Klitschko nicht die Meinung der einfachen Bürger wider. Leider interessiert sich die ukrainische Elite am wenigsten für die Meinung des Volkes.”
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 25. April 2025 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.
Andrei Restschikow ist ein russischer Journalist bei der Zeitung Wsgljad.
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