Von Gert Ewen Ungar
In seiner Regierungserklärung versprach der Bundeskanzler eine Stärkung der Tarifbindung. Niedrige Löhne sowie prekäre Beschäftigung ohne Tarifbindung seien Missstände und Gift für den Zusammenhalt der Gesellschaft, führte er aus. Das war im Jahr 2021 und der Bundeskanzler hieß Olaf Scholz. Passiert ist seitdem nichts. Die Tarifbindung in Deutschland sinkt seit Jahren.
Inzwischen schreiben wir das Jahr 2025, und der Bundeskanzler heißt Friedrich Merz. Auch er verspricht, sich für die Stärkung der Tarifbindung einzusetzen. Der Koalitionsausschuss bekannte sich gestern zum Ziel einer breiten Tarifbindung zum Wohl der Beschäftigten. Dass ausgerechnet der Kanzler der zweiten Wahl dieses Versprechen umsetzt, ist wenig glaubhaft. Merz fühlt sich an seine gegenüber den Deutschen gegebenen Versprechen noch weniger gebunden als der Kanzler der Vorgängerregierung. Dass die SPD nun plötzlich auf die Umsetzung eines gegebenen Versprechens drängt, das sie selbst nicht umgesetzt hat, als sie den Kanzler stellte, ist ebenso wenig glaubhaft.
Was das Beispiel aber deutlich illustriert, ist, dass die neue Bundesregierung vor allem eins gut kann: alten Wein in noch älteren Schläuchen als vermeintlichen Geniestreich einer Koalition des Aufbruchs zu verkaufen. Was die Koalitionäre vorhaben, ist schlicht, die Bundesbürger weiterhin umfassend zu täuschen. Es wird sich nichts ändern. Deutschland dreht sich im Kreis. Was der Koalitionsausschuss am Mittwoch präsentierte, war nicht viel mehr als die Wiederholung des ewig Gleichen.
Die Bundesregierung will Bürokratie abbauen und behauptet, dies führe zu Investitionen. Wer so etwas behauptet, hat fundamentale wirtschaftliche Zusammenhänge nicht verstanden. Investiert wird nur dann, wenn mit Absatz zu rechnen ist. Das hat erstmal nichts mit dem Grad der Bürokratisierung zu tun. Der Kampf gegen die Bürokratie ist zudem kein Novum der Merz-Regierung. Diesen Punkt hatte aus einem einfachen Grund noch jede Bundesregierung der letzten Jahrzehnte im Programm: Klingt gut und kostet fast nichts.
Von der versprochenen Senkung der Mehrwertsteuer im Gastgewerbe zum 01.01.2026 ist ebenfalls kein signifikanter “Wachstumsimpuls” zu erwarten. Beide Maßnahmen haben nicht das Potenzial, einen messbaren Einfluss auf das BIP zu entfalten. Sie sind reine Augenwischerei, blinder Aktionismus, ohne erkennbaren volkswirtschaftlichen Sinn.
Auch die Rente soll wieder einmal “reformiert” werden. Ziel ist dabei nicht, das in den letzten Jahrzehnten massiv gesunkene Rentenniveau endlich wieder zu erhöhen, sondern bei schlappen 48 Prozent des Einkommens zu “stabilisieren”. Es ist reichlich unverschämt, den Arbeitnehmern zu erzählen, wenn es nicht wesentlich schlechter wird, dann ist das der politische Erfolg der Regierung.
Die Bundesregierung kassiert das Gesetz zur erleichterten Einbürgerung, das erst vor einem Jahr mit ebenso großem Pomp verabschiedet wurde, mit dem es jetzt eingestampft wird. Beide Male mit dabei: die SPD. Damals wie heute feiert sie die Maßnahme als großen Durchbruch. Besser lässt sich politische Beliebigkeit kaum illustrieren. Der SPD geht es ganz klar erkennbar nicht mehr um Inhalte, sondern nur noch um Posten und die Versorgung ihrer Funktionäre. Das S steht schon lange nicht mehr für Sozialdemokratie, sondern für Selbstbedienung. Es war übrigens die SPD unter Schröder, die für die Erosion der Tarifbindung gesorgt hat, die sie nun beklagt, sei an dieser Stelle eingeschoben.
Auch schon mal dagewesen ist die Beschränkung des Familiennachzugs von subsidiär Schutzbedürftigen. Zwischen 2016 und 2018 war der Familiennachzug für diese Personengruppe ausgesetzt. Am Migrationsproblem hat sich dadurch nichts grundlegend geändert. Wer meint, in der Wiederholung sei ein anderes Ergebnis zu erwarten und die durch Migration ausgelösten Probleme werden sich lösen oder auch nur lindern, obwohl dieses Ergebnis beim ersten Durchlauf nicht erzielt wurde, erfüllt eine Definition von Wahnsinn. Die Große Koalition erfüllt diese Definition ohne Zweifel. Sie wiederholt alles schon zigfach Durchgenudelte noch einmal und glaubt, dieses Mal wird alles anders, besser, schöner, neuer. Jenseits des Wunschdenkens aber sind Union und SPD von jeder Form echten Aufbruchs Lichtjahre entfernt. Was zur Perfektion gebracht wurde, ist der Selbstbetrug der Parteispitzen, muss man allerdings zugeben.
Aber dann sind ja da noch die neuen Schulden. War nicht versprochen worden, mittels eines schuldenfinanzierten Investitionsprogramms Deutschlands Infrastruktur auf Vordermann zu bringen? Ja, das war so versprochen worden. Das Versprechen gibt es immer noch. Mehr gibt es allerdings nicht. Man will dazu irgendwann demnächst mal eine Gesetzesvorlage ausarbeiten. Was da drin steht, wird man sehr genau unter die Lupe nehmen müssen, denn auch hier ist Betrug zu erwarten. Was es nämlich bereits gibt, ist das klar erkennbare Vorhaben, der Ukraine Geld für ihre Aufrüstung zur Verfügung zu stellen. Die Koalitionäre wollen einen langen Krieg. Schulden aufnehmen, um das Geld einer anderen Regierung für einen bereits verlorenen Krieg zu schenken, ist natürlich das Dümmste, was eine Volkswirtschaft machen kann. Aber von einer Regierung, die klare Anzeichen von Wahnsinn zeigt, ist rationales Verhalten einfach nicht zu erwarten.
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