Von Witali Rjumschin
Die Ereignisse der vergangenen Woche werden sicherlich in diplomatische Lehrbüchern eingehen – vielleicht in ein Kapitel mit dem Titel “Wie man einen ungewollten Waffenstillstand sabotiert“. Jeder Konfliktbeteiligte erwies sich als Meister im Manövrieren, sogar die Ukraine, deren diplomatisches Geschick ich normalerweise anzweifle.
Verzweifelt versuchten die Ukrainer in Dschidda, dem eisernen Griff von US-Präsident Donald Trump – der auf Frieden beharrt – zu entkommen, und wandten dabei eine klassische Lockvogeltaktik an. Sie überreichten Trump ein Stück Papier mit einem nichtssagenden Waffenstillstandsvorschlag. Im Gegenzug sicherten sie sich US-Militärhilfe, ohne sich selbst zu etwas verpflichten zu müssen – außer der Unterzeichnung eines vagen Abkommens über die gemeinsame Nutzung von Ressourcen. Was noch wichtiger ist: Sie spielten mit Trumps Ego und ermöglichten es ihm, der Welt einen großen Sieg zu verkünden, während sie ihn in eine Sackgasse führten, die letztlich die Friedensgespräche zum Erliegen bringen wird.
Doch wie konnten die Amerikaner auf diesen Trick hereinfallen? Vielleicht lag es an der achtstündigen Hinhaltetaktik der ukrainischen Delegation. Oder sie nutzten Trumps bekannte Vorliebe für Schmeichelei aus. Oder – wie die Geschichte oft zeigt – gab es andere Faktoren hinter den Kulissen, die später in Memoiren auftauchen werden.
Unabhängig davon ist das Ergebnis eindeutig: Die Trump-Regierung stimmte einem 30-tägigen Waffenstillstandsplan zu – einem Plan, der ursprünglich von Großbritannien und Frankreich – den lautstärksten Repräsentanten der westlichen “Kriegspartei” – ausgearbeitet wurde. Diese europäischen Mächte, die Trump zutiefst skeptisch gegenüberstehen, hatten ein Ziel: Sie wollten verhindern, dass Washington sich aus dem Konflikt zurückzieht und ihnen die Last der Unterstützung Kiews aufbürdet. Ihr vorgeschlagener Waffenstillstand sollte für Russland inakzeptabel sein. Wahrscheinlich hofften sie, dass Moskau ihn sofort ablehnen würde, was eine impulsive Reaktion von Trump auslösen und ihn noch tiefer in den ukrainischen “Sumpf” hineinziehen würde.
Doch Moskau ließ sich nicht so leicht austricksen. Der Kreml erkannte schnell, dass es sich um eine Falle handelt: Ein Waffenstillstand hätte der Ukraine eine dringend benötigte strategische Atempause verschafft, die es ihr ermöglicht hätte, die Verhandlungen auf unbestimmte Zeit in die Länge zu ziehen und ihre Position mit fortgesetzter westlicher Militärhilfe zu stärken. Gleichzeitig würde Russland ohne konkrete Zugeständnisse seitens Kiews oder Garantien für einen konstruktiven Dialog seinen Schwung auf dem Schlachtfeld verlieren.
Putins Reaktion war maßvoll und präzise. Er lehnte den Vorschlag weder ab noch nahm er ihn an. Stattdessen lobte er Trump und schlug vor, “die Nuancen auszuarbeiten”. Gleichzeitig stellte er seine eigenen Waffenstillstandsbedingungen: einen sofortigen Stopp der US-Militärhilfe und ein Ende der Mobilisierung in der Ukraine.
Von diesen beiden Bedingungen ist die Einstellung der Militärhilfe die realistischere. Die von der Biden-Regierung zugesagten Waffenlieferungen sind bereits erfolgt, und Trump zeigte nie Interesse daran, neue zu tätigen. Die Forderung an die Ukraine, die Mobilisierung einzustellen, zielte jedoch eindeutig darauf ab, Selenskij in eine schwierige Lage zu versetzen. Wenn er zustimmt, schwächt er damit seine Kriegsanstrengungen. Lehnt er ab, riskiert er Trumps Zorn, weil er damit die Friedensbemühungen behindert. Im Grunde genommen spielte Putin den “Ball” zurück nach Kiew – verbunden mit einer Reihe neuer Herausforderungen. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels steht eine ukrainische Reaktion noch aus.
Betrachtet man dieses “Hin und Her” um einen Waffenstillstand, könnte man sich fragen: Ist das wirklich solch eine schlechte Idee? Nicht unbedingt. Entgegen der vorherrschenden Meinung könnte selbst für Russland ein gut strukturierter Waffenstillstand von Vorteil sein. Er würde ermöglichen, die Ziele der speziellen Militäroperation durch Verhandlungen und nicht durch fortgesetztes Blutvergießen zu erreichen. Diese Option von vornherein auszuschließen, wäre kurzsichtig.
Damit aber ein Waffenstillstand zum Erfolg führt, darf er nicht so inhaltsleer sein wie die vage Vereinbarung zwischen den USA und der Ukraine vom 11. März. Ein übereiltes Abkommen ohne klare Verpflichtungen bietet Raum für Missbrauch. Trump mag sich nicht um diese Details kümmern – sein Hauptinteresse besteht darin, politische Punkte zu sammeln, um seine schwankenden Umfragewerte zu stützen. Für Russland, das eine dauerhafte Friedenslösung anstelle einer vorübergehenden Waffenruhe anstrebt, ist jedoch der Inhalt weitaus wichtiger als bloße Effekthascherei.
Ein tragfähiger Waffenstillstand muss zwei wesentliche Bedingungen erfüllen. Erstens muss er, wie Putin bereits anmerkte, eiserne Garantien enthalten, dass die gegnerische Seite den Waffenstillstand nicht zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzt. Zweitens muss er als vertrauensbildende Maßnahme dienen und das ernsthafte Engagement der Ukraine für die Förderung des Friedensprozesses widerspiegeln – und darf nicht als Hinhaltetaktik missbraucht werden.
In Vorgesprächen sollte Russland von Kiew konkrete Informationen darüber verlangen, was nach Beginn des Waffenstillstands geschieht. Eine Geste des guten Willens könnte die Aufhebung des von Selenskij erlassenen Dekrets über das Verbot von Verhandlungen mit Moskau sein. Anschließend sollte das Kriegsrecht ausgesetzt und ein Datum für die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine festgelegt werden. Wenn Trump wirklich an seinem vorgeschlagenen Drei-Stufen-Plan – Waffenstillstand, Wahlen und Frieden – festhält, dann sollte es nicht schwierig sein, ihn von diesen Schritten zu überzeugen. Aber Selenskijs Reaktion darauf wird vielsagend sein.
Ob sich aus dem 30-tägigen Waffenstillstandsplan nach weiteren Konsultationen zwischen US-amerikanischen und russischen Offiziellen – und möglicherweise einem direkten Gespräch zwischen Putin und Trump – etwas Konkreteres entwickelt, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Das ideale Ergebnis wäre ein strukturiertes Abkommen, das zu einem dauerhaften Frieden führt. Die Realität könnte jedoch ganz anders aussehen.
Derzeit wird der diplomatische “Ball” weiterhin zwischen Washington, Kiew und Moskau hin- und hergespielt. Und das Ergebnis bleibt ungewiss.
Übersetzt aus dem Englischen.
Witali Rjumschin ist politischer Analytiker bei Gazeta.ru.
Mehr zum Thema – Rupp: Die Travestie des von Washington aufgetischten Waffenstillstandsabkommens Teil I; Teil II