Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Verbündeten zur Geschlossenheit bei den Waffenlieferungen an die Ukraine aufgerufen und gleichzeitig vor einem “Überbietungswettbewerb” gewarnt.
In einer Regierungserklärung zum bevorstehenden EU-Gipfel im Bundestag hatte Scholz noch vor einem “Überbietungswettbewerb” gewarnt, und gesagt, “Wer fordert mehr”, könne im Krieg nicht die Lösung sein.
“Der Zusammenhalt innerhalb unseres Bündnisses und unserer Allianzen ist unser höchstes Gut”, mahnte der SPD-Politiker am Mittwoch. “Was unserer Geschlossenheit hingegen schadet, ist ein öffentlicher Überbietungswettbewerb nach dem Motto: Kampfpanzer, U-Boote, Flugzeuge – wer fordert noch mehr? Was schadet sind markige innenpolitische Statements und Kritik an Partnern und Verbündeten auf offener Bühne.”
Deutschland werde sich daran nicht beteiligen, betonte Scholz. “Denn jede Dissonanz, jede Spekulation” über mögliche Interessenunterschiede nutze einzig und allein dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen Propaganda, so die Ansicht von Scholz.
In der Debatte über die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine war Polen vorgeprescht und hatte Deutschland öffentlich unter Druck gesetzt. Nach der Entscheidung für die Bereitstellung der Panzer im internationalen Verbund dringt Polen nun auf eine schnelle Entscheidung über die Lieferung von Kampfjets. Scholz hatte sich dazu skeptisch geäußert. Der Krieg gegen die Ukraine wird eines der Hauptthemen des EU-Gipfels sein, der am Donnerstag in Brüssel beginnt und außerdem zu den Themen Wirtschaft und Migration berät.
Deutschland hat bislang die Lieferung von 14 Leopard-2-Panzern zugesagt und der Rüstungsindustrie die Genehmigung für den Export von bis zu 178 Exemplaren des älteren Leopard 1 erteilt. Linke und AfD kritisierten die Entscheidungen in der Debatte über die Regierungserklärung. Die AfD-Fraktionschefin Alice Weidel warf Scholz vor, “Deutschland de facto zur Kriegspartei zu machen in einem Krieg, der nicht der unsrige” sei. “Sie machen Deutschland zur Zielscheibe”, sagte Weidel an die Adresse des Kanzlers. Die Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali forderte diplomatische Bemühungen statt Waffenlieferungen. “Sie riskieren immer mehr, dass Deutschland zur Kriegspartei wird”, sagte sie.
Doch am Dienstag war bereits der neue deutsche Verteidigungsminister in Kiew und machte großzügige Zusagen, am Mittwoch ist der ukrainische Präsident Selenskij in Großbritannien und am Mittwochabend geht es nach Paris, wo sich der französische Präsident Macron und Scholz mit dem ukrainischen Bittsteller treffen, um dann ab Donnerstag in der EU wohl eine “geschlossene Haltung” zu finden.
Derweil lässt der britische Premierminister Rishi Sunak anlässlich des Besuchs des ukrainischen Präsidenten bereits prüfen, ob Kampfflugzeuge für die Ukraine verfügbar sind. Sunak habe Verteidigungsminister Ben Wallace um Prüfung gebeten, was für Maschinen das Vereinigte Königreich theoretisch an die Ukraine liefern könnte, teilte Downing Street schon am Mittwoch mit. Es handele sich aber um eine “langfristige” Lösung. Bereits im Frühling könnten die ersten ukrainischen Piloten an NATO-Jets in Großbritannien ausgebildet werden, hieß es weiter.
Sunak hatte bisher vergleichsweise zurückhaltend auf Forderungen nach einer Lieferung von Kampfjets reagiert, wie sie etwa Ex-Premierminister Boris Johnson erhoben hatte. Selenskij betonte aber bei seinem Besuch in London, dass Kampfjets für die Ukraine besonders wichtig seien. Die Botschaft in Paris ist auch nach früheren Forderungen ukrainischer Politiker wohl kein Rätsel mehr. In Deutschland haben bereits mehrere Stimmen, darunter jene ohne Mandat wie Vertreter von Rüstungskonzernen oder entsprechenden Lobbyisten, wie der Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, bereits den Boden der Debatte für das nächste Waffensystem bereitet.
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(rt/dpa)