Am 12. August präsentierte sich der amtierende Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Hauptstadt-Journalisten im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin. Anwesenden wie auch Zuschauern entsprechender Livestreams fiel mit Beginn der Pressekonferenz auf, dass der Minister nach seiner durchlebten Coronainfektion nicht wirklich “fit” wirkte. Lauterbach sprach mit belegter Stimme, musste sich regelmäßig räuspern.
Diese Tatsache fiel auch Marcel Luthe auf, Chef der Good-Governance-Gewerkschaft (GG-Gewerkschaft) und in den Jahren 2016 bis 2021 für die FDP und die Freien Wähler Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin. Laut Informationen der Berliner Zeitung hat Luthe nun “Anzeige gegen Karl Lauterbach erstattet”. Zur Begründung gab der Antragsteller an, dass es ihm “um eine Gleichbehandlung von Bürgern und dem Gesundheitsminister” ginge.
Luthe meinte aufgrund vorliegender bekannter Abläufe zu der Corona-Erkrankung des Ministers zu erkennen, dass Lauterbach aktiv “gegen die Isolationspflicht” verstoßen habe. Seine Gewerkschaft vertrete “Dutzende Menschen, denen gleichartige Verstöße vorgeworfen und die dafür bestraft werden sollen”. Sollte es zu einem Verfahren kommen, muss in diesem geklärt werden, welche Vorgaben Lauterbach erfüllt, beziehungsweise gegen welche er verstoßen hat, da das Robert Koch-Institut und die Berliner Infektionsschutzverordnung unterschiedliche Vorgaben haben, wann die Isolationspflicht in Zusammenhang mit einer Coronainfektion endet.
Die Chronologie der Ereignisse lautet:
- Am 5. August informiert Lauterbach, dass er positiv auf Corona getestet wurde, um dabei explizit zu betonen: “Bin leider trotz großer Vorsicht an Corona erkrankt.”
- Am 9. August erfolgt die persönliche Information des Ministers: “Langsam geht es aufwärts. Trotz vier Impfungen und Paxlovid hatte ich stärkere Symptome als erwartet.”
- Am Abend des 9. August, also vier Tage nach der Erstdiagnose, teilte er den ZDF-Zuschauern (Moderatorin Slomka: “noch aus seiner häuslichen Isolation – coronakrank, wie wir wissen”) seinen aktuellen Gesundheitszustand mit:
“Mir geht es wieder besser, (…) hatte sehr starken Husten, hatte auch hohes Fieber, habe Paxlovid genommen. Ich war ja viermal geimpft, das ist schon keine Kleinigkeit gewesen (…), aber jetzt bin klar auf dem Weg der Besserung.”
- Am selben Tag teilte er zuvor der ARD zu der Frage, ob er wieder negativ getestet worden sei, mit: “Ganz fit bin ich noch nicht. Ich bin zwar wieder negativ, auch der PCR-Test liegt weit über 30, sodass ich also nicht mehr als ansteckend gelte”.
Nun kommen die unterschiedlichen Definitionen vom RKI und dem Berliner Senat ins Spiel. Laut RKI lautet diese: “Zur Wiederaufnahme der Tätigkeit sind ein negatives PCR-Resultat oder ein positives Testresultat mit einem Ct-Wert >30 zulässig.” Der Berliner Senat verlangt dem gegenüber jedoch, unabhängig von einer getätigten PCR-Testung:
“Wenn Sie die Isolation bereits vor Ablauf von 10 Tagen beenden möchten, müssen Sie für mindestens 48 Stunden ohne Krankheitszeichen geblieben sein.”
Ebenfalls am 9. August hatte Lauterbach zudem noch zu den Informationen für die ARD und ZDF-Zuschauer getwittert: “Hoffe, die Genesung ist bald komplett.” Das Wörtchen “bald” könnte jetzt entscheiden sein, da der Minister laut der Berliner Zeitung “am nächsten Tag” die Isolation “beendete”, und er “besuchte das Kabinett”. Das BMG antwortete demnach auf eine entsprechende Anfrage der Springer-Zeitung Welt:
“Der Minister war 48 Stunden symptomfrei, bevor er am Mittwoch das Kabinett besucht hat.”
Gewerkschafter Luthe widerspricht der Wahrnehmung des Ministeriums und begründet seine Anzeige:
“Die Aussagen von Lauterbach von Dienstag, er sei‚ “noch nicht ganz fit” und “hoffe, die Genesung ist bald komplett” widerlegen die Aussage des Gesundheitsministeriums, Lauterbach sei am Mittwoch 48 Stunden symptomfrei gewesen.”
Kai Wegner, Fraktionsvorsitzender der CDU Berlin, wird von der Welt mit der Forderung zitiert:
“Herr Lauterbach muss umgehend darüber Klarheit schaffen, ob er mit seinem Verhalten gegen geltendes Recht verstoßen hat. Man kann nicht als Minister ständig Einschränkungen predigen und zur Vorsicht mahnen, sich aber selbst daran nicht halten.”
Die Berliner AfD-Politikerin Eva-Marie Doerfler erstattete ebenfalls Anzeige gegen Lauterbach. Tino Sorge, Jurist und gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, legte laut der Welt Wert auf die Feststellung:
“Quarantäneregeln gelten auch für Minister – gerade für den Bundesgesundheitsminister. Er hat eine Vorbildfunktion, die besonderes Feingefühl erfordert. Unabhängig davon wird zu diskutieren sein, wie sinnvoll die Quarantäne-Regelungen noch sind.”
Marcel Luthe resümierte final: “Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, den Fall nun öffentlich aufzuklären und Herrn Lauterbach zur Verantwortung zu ziehen – oder alle anderen Bürger ebenfalls in Ruhe zu lassen.”
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