Von Felicitas Rabe
Die Initiative WABEO (Wahlbeobachtung) organisiert zur Bundestagswahl 2025 eine gerichtsfeste Wahlbeobachtung von Bürgern für Bürger. Auf ihrer Internetseite rufen die Initiatoren dazu auf, sich an der Beobachtung zu beteiligen. Dazu heißt es in der Beschreibung:
“Mit WABEO wird Wahlbeobachtung so, wie sie sein muss: flächendeckend, gerichtsfest und mit klaren Ergebnissen am Tag der Wahl, bevor irgendwer uns etwas anderes erzählt.”
Demokratie lebe davon, dass Bürger aktiv hinschauen, insbesondere bei der Stimmauszählung. Deshalb sei es wichtig, so die WABEO-Initiatoren weiter, in den Wahllokalen präsent zu sein, zu dokumentieren und damit die Demokratie “transparent” zu machen.
Nach der Registrierung bei WABEO erhalten die Wahlbeobachter ein paar Tage vor der Wahl eine Beobachtungsanleitung, Rechtshilfe-Informationen und mehrere Vordrucke. Mit der zur Verfügung gestellten WABEO-App werden die beobachteten Wahlergebnisse und die eidesstattlichen Erklärungen der Wahlbeobachter nach der Beobachtung hochgeladen. Ein engagiertes IT-Team soll dafür sorgen, dass die App und die Daten-Plattform auch dann stabil funktionieren, wenn Hunderttausende am Wahlabend darauf zugreifen würden.
WABEO verpflichte sich, die Resultate der Wahlbeobachtung weit und breit zu kommunizieren und für öffentliche Wahrnehmung zu sorgen. In Zusammenarbeit mit Juristen habe man für die Rechtssicherheit des Verfahrens vorgesorgt. Dazu erklären die Initiatoren: “Wir stellen mit Rechtsanwälten sicher, dass die Dokumentation auch vor Gericht standhält und alles sicher verwahrt und archiviert wird.”
Wie sieht die konkrete Wahlbeobachtung aus?
Der Wahlbeobachter sollte am Wahltag pünktlich um 18:00 Uhr im Wahllokal sein, um gemeinsam mit den zwei anderen verifizierten WABEOs die Wahlbeobachtung zu starten. Nach Beendigung der Auszählung müssen die Wahlbeobachter die Auszählungsergebnisse in die vorgegebenen Formulare eintragen und diese nach Eintragung unterschreiben. Anschließend werden die Formulare fotografiert und die Fotos als Belege auf der App hochgeladen. Am Ende werden die Ergebnisse in die App eingetragen. Dabei würden die Wahlbeobachtungsergebnisse in Echtzeit für alle sichtbar. Die unterschriebenen Originalformulare sollten als Belege per Post an WABEO geschickt werden.
Mit dieser Wahlbeobachtung möchte der Verein Bürger für Deutschland e.V. die Bürgerbeteiligung in Deutschland stärken. Dafür möchte er “physische und virtuelle Plattformen und Möglichkeiten anbieten, durch die Menschen aktiv und niederschwellig in die politische Willensbildung eingebunden werden können”.
Im Gespräch mit RT DE erklärt die WABEO-Initiatorin Stephanie Tsomakaeva am Montag das Besondere dieser Wahlbeobachtungskampagne: Erstmals seien die Ergebnisse verifizierbar, weil sie auf einer eigens dafür geschaffenen Plattform mit passender IT-Lösung dokumentiert würden. Bisher hätten sich rund 3.000 Wahlbeobachter bei WABEO registriert.
Das Anliegen einer flächendeckenden Wahlbeobachtung könne man jedoch nicht mehr erreichen, weil die WABEO-Aktivisten das Projekt für die Bundestagswahl im Herbst 2025 geplant hatten. Durch die vorgezogene Neuwahl seien ihnen bei der Umsetzung praktisch sieben Monate “geklaut” worden, so die Unternehmerin Tsomakaeva. Dennoch werde die WABEO-Wahlbeobachtung statistisch brauchbare Stichproben-Ergebnisse aus einzelnen Wahllokalen liefern.
Die meisten Menschen würden glauben, dass ein potenzieller Wahlbetrug bei der Auszählung der Wahlstimmen im Wahllokal vor Ort stattfinde, sagte Tsomakaeva. Sie seien sich aber dessen nicht bewusst, dass ein Wahlbetrug hinterher viel einfacher sei. Viel wichtiger sei es, die Exekutive zu kontrollieren. Die WABEO-Initiatorin stellt klar: “Wir müssen der Exekutive auf die Finger schauen und nicht den Wahlhelfern. Deshalb ist es so wichtig, die Ergebnisse zu protokollieren.” Auf die Frage, welche Rückmeldungen die WABEO-Aktivisten zu der Wahlbeobachtungskampagne bislang bekommen hätten, antwortete die Unternehmerin: “Die Menschen sind wirklich begeistert, dass es endlich eine solche Möglichkeit gibt.”
Ungereimtheiten: Geisterwahlbezirke
Wie aus den WABEO-Pressemitteilungen zudem hervorgeht, wollen die Initiatoren auch grundsätzlich Ungereimtheiten bei Wahlen in Deutschland thematisieren. Beispielsweise habe der Bundeswahlleiter nach der Bundestagswahl 2021 Ergebnisse aus 94.698 Wahlbezirken veröffentlicht, aber vor der Wahl von nur 85.000 Wahlvorständen gesprochen. “Eine Diskrepanz von elf Prozent ist statistisch relevant”, kommentiert WABEO diese offensichtliche Ungereimtheit.
Auch für die diesjährige Bundestagswahl gebe es keine Gesamtliste der Wahllokale. Jede Gemeinde veröffentliche die eigenen Wahllokale auf individuelle Weise: “Die einen auf einer Website, die anderen über Open Data, die nächsten im Amtsblatt der Verbundgemeinde.” Laut der Initiatorin Tsomakaeva sei aber gar nicht möglich, für eine Wahl das Gesamtergebnis nachzurechnen, wenn vor der Wahl nicht eine vollständige Liste aller Wahllokale und die genaue Anzahl der Wahlbezirke veröffentlicht wurde.
Ungereimtheiten: Wo sind die Briefwahl-Briefe?
WABEO berichtet auch über Ungereimtheiten bezüglich der Briefwahlauszählung bei der Bundestagswahl 2021. Damals seien 47 Prozent aller Stimmen per Brief abgegeben worden. Die Kritik an der Briefwahl habe sich auf Probleme und Risiken bei Stimmabgabe, Versand und Lagerung konzentriert. Allerdings sei nicht problematisiert worden, was nach der Urnenöffnung mit den Stimmen der Briefwähler passiert. Insbesondere blieben die Adressen der Briefwahllokale “im Dunkeln”. Sie würden nicht mit den Wahlbenachrichtigungen verschickt werden.
Nach Anfrage bei den Gemeinden wurde ein großer Teil der WABEO-Auskunftsgesuche abgewiesen – unter anderem mit der Begründung, “dass wir als Verein keinen Anspruch auf Auskunft hätten”. Auskunftsrecht hätten nur die Bürger. Daher ruft WABEO nur alle Bürger auf, “diese defizitäre Informationslage zu überwinden” und bei ihren Bürgerbüros per E-Mail nach den Adressen der Auszählungsorte für alle Briefwahlbezirke in ihren jeweiligen Städten und Gemeinden nachzufragen. WABEO bittet darum, die Antworten der Gemeinden an sie weiterzuleiten und zwar an die E-Mail-Adresse briefwahl@wabeo.de. Einen Vorschlag für die Formulierung der Anfrage findet man auf der Internetseite.
Gesetzliche Grundlagen für die Wahlbeobachtung
Das Recht auf Wahlbeobachtung wird in Deutschland neben dem Grundgesetz in verschiedenen weiteren Gesetzen geregelt. International hat Deutschland sich im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) verpflichtet, internationale Wahlbeobachtungen zu ermöglichen. Bei allen Wahlen in Deutschland gilt das sogenannte Öffentlichkeitsprinzip für Wahlverfahren. Demnach hat jede Person das Recht, vom Zusammentritt des Wahlvorstands am Morgen des Wahltags bis zur abschließenden Beschlussfassung über das Wahlergebnis im Wahlraum anwesend zu sein und die Abläufe zu beobachten.
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