Seit Ende der Vorwoche reist EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen laut wörtlicher Mitteilung aus Brüssel “in die Frontstaaten der EU, um Solidarität und Verteidigung zu stärken”. Die Financial Times behauptet “exklusiv” in einem Artikel, dass das eingesetzte Flugzeug, welches von der Leyen am Sonntag aus Polen nach Bulgarien flog, vermeintlich einem “mutmaßlichen russischen Angriff” ausgesetzt war, bei dem die GPS-Navigationsdienste eines bulgarischen Flughafens “lahmgelegt” wurden. Der Pilot musste demnach “mithilfe von Papierkarten” zum Landeflug ansetzen. Deutsche Medien übernehmen umgehend dankend die Behauptung.
In dem Financial-Times-Artikel wird einleitend zu dem Vorfall erklärt, dass bei dem Flugzeug, welches die EU-Kommissionspräsidentin am Sonntagnachmittag nach Plowdiw beförderte, alle GPS- und Navigationssysteme ausgefallen waren. Diesbezüglich ist zu beachten, dass der internationale Flughafen von den bulgarischen Luftstreitkräften militärisch genutzt wird und zudem als Standort für NATO-Übungen dient. Weiter heißt es in dem Beitrag:
“Drei Beamte, die über den Vorfall informiert waren, sagten, dies werde als russische Einmischung behandelt. ‘Das gesamte GPS-System des Flughafens fiel aus’, sagte einer der Beamten. Nachdem das Flugzeug eine Stunde lang über dem Flughafen gekreist hatte, entschied sich der Pilot, das Flugzeug manuell mithilfe analoger Karten zu landen, fügten sie hinzu. ‘Es handelte sich zweifellos um eine Störung’.”
Die Nachrichtenagentur Reuters kommentierte zu den Unterstellungen: “Die Redaktion ‘konnte den Bericht nicht sofort überprüfen’.” Das Nachrichtenmagazin Focus erklärt zu dem Vorfall:
“Der Vorfall zeigt die Verwundbarkeit moderner Luftfahrt gegenüber gezielten Störungen von GPS-Systemen. Plowdiws Flughafen-GPS könnte durch sogenanntes ‘Jamming’ oder ‘Spoofing’ lahmgelegt worden sein – Methoden, die gezielte Fehlleitungen oder Ausfälle der Satellitennavigation verursachen.”
Das Portal T-Online behauptet nun nach Bekanntwerden der Financial-Times-Informationen:
“Ein Flugzeug mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an Bord ist mutmaßlich Ziel einer absichtlichen Störung des satellitenbasierten Navigationssystems GPS durch Russland geworden. Das teilte eine Sprecherin der Europäischen Kommission in Brüssel mit.”
Die Bild-Redaktion titelt reagierend in einem “Breaking”:
“Pilot muss mit Papierkarten landen: Russischer Stör-Angriff auf von der Leyens Flugzeug”
Die bulgarische Flugsicherungsbehörde bestätigte demnach den Ablauf in einer Erklärung gegenüber der Financial Times. “Der Kreml und die Europäische Kommission” reagierten demgegenüber nicht auf entsprechende Anfragen der Redaktion. In der Mitteilung des Flughafens lauten weitere Erklärungen:
“Seit Februar 2022 ist ein deutlicher Anstieg von [GPS]-Störsignalen und in letzter Zeit auch von Spoofing-Vorfällen zu verzeichnen. Diese Störungen beeinträchtigen den genauen Empfang von [GPS]-Signalen und führen zu verschiedenen betrieblichen Herausforderungen für Flugzeuge und Bodensysteme.”
Die Redaktion der Financial Times führt in dem Artikel weiter ergänzend aus:
“Die Regierungen der EU-Staaten haben gewarnt, dass die zunehmende GPS-Störung, für die Russland verantwortlich gemacht wird, zu einer schweren Flugkatastrophe führen könnte, da sie kommerzielle Flugzeuge während des Fluges praktisch blind macht. In den letzten Jahren haben GPS-Störungsvorfälle in der Ostsee und in osteuropäischen Staaten in der Nähe Russlands erheblich zugenommen und beeinträchtigen Flugzeuge, Schiffe und Zivilisten, die den Dienst für die tägliche Navigation nutzen.”
Der österreichische ORF berichtet:
“‘Wir können tatsächlich bestätigen, dass es GPS-Störungen gegeben hat’, sagte Podesta, eine Sprecherin der EU-Kommission. Bulgarische Behörden hätten die Vermutung geäußert, dass die Störungen ‘auf eine unverhohlene Einmischung Russlands zurückzuführen ist’, fügte sie hinzu.”
Laut Meldung der Deutschen Presseagentur konnte von der Leyen Plowdiw “nach dem Besuch ohne Zwischenfälle im selben Flugzeug verlassen”. Die stellvertretende Sprecherin der EU-Kommission erklärte gegenüber dem Magazin Politico, “die Kommission habe von den bulgarischen Behörden Informationen erhalten, aus denen hervorgehe, dass ‘sie den Verdacht haben, dass diese eklatante Einmischung von Russland ausging'”.
Von der Leyen attackierte bei ihrer Bulgarien-Stippvisite, wie zuvor bereits in der lettischen Hauptstadt Riga, den russischen Präsidenten Wladimir Putin, um vor Journalisten erneut wörtlich zu Protokoll zu geben:
“Putin hat sich nicht geändert und wird sich auch nicht ändern. Er ist ein Raubtier. Er kann nur durch starke Abschreckung in Schach gehalten werden.”
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