Von Sachar Prilepin
Kaum hatten sich russische Trump-Liebhaber gefreut, dass der gute alte Trump Selenskij erniedrigte, hat Trump Russland und der Ukraine erneut vorgeschlagen, an der aktuellen Frontlinie Halt zu machen und “später über irgendetwas zu verhandeln”. Dies berichtete der Pressedienst des Weißen Hauses.
Das heißt, die USA werden uns keinen Donbass und erst recht kein Cherson oder Saporoschje bescheren. Die Hauptsache ist, sagten sie, dass es zumindest eine Minute still ist, damit Trump der Welt verkünden kann, dass er schon wieder alle versöhnt habe.
Immerhin hat er doch in Gaza alle versöhnt, dort herrschen Ruhe und Frieden! Hamas und IDF stehen da in einer brüderlichen Umarmung vereint. Oder doch nicht?
Es gibt noch mehr!
Trump habe noch keine Entscheidung über eine mögliche Übergabe von Tomahawk-Marschflugkörpern an Kiew getroffen, verkündete am Sonntag der US-Vizepräsident Vance.
Dass Trump Selenskij direkt beim Treffen keine Tomahawks in einer Geschenkverpackung überreicht hat, bedeutet natürlich nichts.
Wenn er sie am Morgen nicht übergeben hat, dann wird er sie eben am Abend übergeben. Er ist selbst der Mann.
Ich merke, dass in sozialen Netzwerken wieder trumpophile Tänze ausgebrochen sind. Es ist erstaunlich, wie die Menschen es nicht leid werden, sie zu tanzen.
Damit Russland am Ende der Verhandlungen, von denen wir alle so träumen, irgendetwas erhält, muss es dieses Etwas noch erkämpfen.
Und erst dann Verhandlungen darüber führen – über das, was wir erkämpft haben.
In zwei bis drei Jahren werden wir möglicherweise an diesen Punkt gelangen. Sobald wir es erkämpfen, nicht früher.
Wir alle erinnern uns an unser schönes Märchen: über den faulen Jemelja, seinen selbstfahrenden Ofen und einen Hecht, der Wünsche erfüllt.
Der Ofen und der Hecht lösen Jemeljas sämtliche Probleme, fahren ihn überall herum und helfen ihm beständig in aussichtslosen Situationen.
Ich habe das Gefühl, dass bei uns einige Trump zum Hecht und zum Ofen gleichzeitig verklären wollen:
“Fahr los, Rotkopf! Löse es, Rotkopf!”
Doch Trump lässt sich partout nicht darauf ein. Er versteht eben nicht die ihm von uns vorgesehene Bestimmung.
Freilich wollen die Ukrainer das Gleiche. Sie wollen sogar mehr als wir – zumal Trump für sie tatsächlich mehr tut. Insbesondere tut er bis heute alles, damit sie ihre Staatlichkeit nicht verlieren.
Im vorrevolutionären Kleinrussland war das Märchen über Jemelja, den Ofen und den Hecht ebenfalls äußerst beliebt. Auf dem Gebiet der Ukraine wurden ganze elf Varianten von diesem Märchen aufgezeichnet.
Doch in Russland zeichneten die Folkloristen ganze 22 Varianten davon auf, zweimal so viele!
Unserm Volke zu Ehren wurde der Inhalt des Märchens an sich als ein Scherz aufgefasst. Es wurde zum Spaß erzählt.
Doch heute wollen einige das Märchen allen Ernstes erzählen.
Übersetzt aus dem Russischen. Verfasst speziell für RT am 21. Oktober.
Sachar Prilepin ist ein russischer Schriftsteller und Journalist, der in den 1990er-Jahren im Krieg in Tschetschenien gekämpft hat. Er kämpfte später als stellvertretender Kommandeur eines Freiwilligenbataillons der Volksmiliz der Volksrepublik Donezk in der Ukraine.
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