Während russische Hersteller aufgrund der antirussischen Sanktionen keinen Wodka oder andere alkoholischen Getränke in EU-Staaten exportieren dürfen, gilt dies umgekehrt nur für “luxuriöse” alkoholische Getränke. Bier ist beispielsweise nicht von den Sanktionen betroffen, und deutsche Hersteller exportieren – direkt oder über Zwischenhändler – weiterhin Bier nach Russland.
Wie die russische Zeitung Kommersant auf Grundlage der Daten von Marktteilnehmern berichtet, haben deutsche Bierhersteller im ersten Halbjahr 2023 ihre Lieferungen nach Russland im Vergleich zum letzten Jahr um 46,4 Prozent offenbar auf rund 103 Millionen Liter erhöht. Dies macht 58 Prozent der gesamten russischen Bierimporte aus. Deutschland bleibt damit weiterhin Russlands Bierlieferant Nummer eins.
Im Zeitraum von Januar bis Juni stiegen die Importe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 34,9 Prozent auf 179,9 Millionen Liter. Das sind rund 21 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2019, aber 19 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2021. Im letzten Jahr waren die Bierimporte in Russland laut der Vertriebsgesellschaft Swam Group um etwa 30 bis 35 Prozent zurückgegangen. Vor allem Hersteller aus den USA, Großbritannien und Kanada hatten damals ihre Lieferungen gestoppt.
In einigen EU-Ländern hatte es jedoch anders ausgesehen: Im gleichen Zeitraum hatten sich die Lieferungen aus Belgien nach Angaben der Swam Group auf 19 Millionen Liter verdoppelt, die Importe aus Tschechien waren um drei Prozent auf 19 Millionen Liter gestiegen. Auch die Importe aus China in Höhe von 8,4 Millionen Litern haben sich mittlerweile mehr als verdoppelt.
Was deutsche Biersorten angeht, werden laut dem russischen Händler X5 Import aktuell vor allem preiswerte deutsche Marken wie Frankfurter und Fürstkeg sowie Biermarken der mittleren Preisklasse wie Lauterbacher importiert. X5 Import plant derzeit, die Importe der entsprechenden Sorten zu erhöhen und damit teurere russische Biersorten zu ersetzen. Andere russische Hersteller zeigen sich erfreut, dass große Brauereien in Deutschland bereit seien, Eigenmarken für die Einzelhandelsketten zu produzieren.
In Russland wird deutsches Bier zwar prinzipiell mit Qualität assoziiert, doch die gestiegenen Importe treffen derzeit nicht unbedingt auf eine höhere Nachfrage. Laut einem Vertreter der Swam Group sinkt aktuell die Nachfrage nach dem massenhaft importiertem Bier, auch dem aus Deutschland. Dem Bericht zufolge sind die Verkäufe importierter Biersorten in der ersten Jahreshälfte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 19 Prozent in Litern und um 25 Prozent im Wert zurückgegangen. Dies liegt jedoch in erster Linie daran, dass die Nachfrage im vergangenen Jahr spekulativ hoch gewesen war, da man mit verschärften Sanktionen, die auch den Biermarkt betreffen, gerechnet hatte. Mittlerweile ist die Nachfrage allerdings wieder auf dem üblichen Niveau. Demnach sind die Bierverkäufe in Russland lediglich um vier Prozent gefallen.
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