Von Bradley Blankenship
Man sagt, Rache sei ein Gericht, das am besten kalt serviert wird. Nun ja, China scheint seine Version von Rache mit eisiger Finesse auszuüben. Man frage einfach Mark Zuckerberg, den CEO und Gründer von Meta, dem Mutterunternehmen von Facebook, der diese Lektion kürzlich auf die harte Tour lernen musste.
Nach Angaben der South China Morning Post beschloss ein von Beijing Daily betriebener Social Media Account mit großer Fangemeinde, den amerikanischen Technologiemogul anzugreifen. Zuckerbergs Unternehmen versucht, den chinesischen Markt durch den Verkauf von Virtual-Reality-Geräten zu erobern, aber die Dinge werden wahrscheinlich nicht so reibungslos verlaufen wie geplant. Der Social Media Account der Beijing Daily veröffentlichte einen Meinungsartikel, in dem hervorgehoben wurde, wie Zuckerberg eine entscheidende Rolle bei der Lobbyarbeit im US-Kongress spielte, um die Social-Media-Plattform TikTok zu verbieten, einen der Hauptkonkurrenten von Meta, die dem in Peking ansässigen Unternehmen ByteDance gehört.
Der Meinungsartikel wies darauf hin, dass Zuckerberg in einer Rede an der Universität von Georgetown TikTok wegen Zensur kritisierte und während einer Anhörung im US-Kongress China des Diebstahls von geistigem Eigentum beschuldigte. Der Autor des Meinungsartikels forderte daher, dass Zuckerbergs Unternehmen gänzlich aus China verbannt werden sollte. Chinesische Beamte könnten dieser Aufforderung tatsächlich Folge leisten. Bei alldem scheint es, als habe Zuckerberg nicht nur versucht, seine Konkurrenz anzuschwärzen, sondern sich auch seiner Frustration darüber Luft gemacht hat, dass China im Laufe der Jahre seine Annäherungsversuche stets ignoriert hat. Erlauben Sie mir, dies zu erklären.
Alles geht auf den Juli 2009 zurück, als in dem Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang in China Unruhen in der Stadt Ürümqi ausbrachen. Diese Unruhen führten zu erheblichen Opfern und Verletzten, es gab Festnahmen und Sachschäden. Und wissen Sie was? Facebook war eine der Social-Media-Plattformen, die von den Randalierern zur Organisation ihrer Aktivitäten verwendet wurde. Infolgedessen hat die chinesische Regierung selbstverständlich Facebook und andere Social-Media-Plattformen aus den USA blockiert. Die meisten Chinesen sahen darin eine notwendige Maßnahme gegen den Terrorismus in ihrem Land. Als ob das nicht genug wäre, wurde 2014 auch Instagram gesperrt, das ebenfalls Zuckerberg gehört, weil über diese Plattform die separatistischen Proteste in Hongkong angeheizt wurden.
Aber hier ist der Witz: Trotz des Widerstands aus China, versuchten Zuckerberg und seine Facebook-Gang noch im selben Jahr, sich mit Lu Wei, dem damaligen Leiter der Cyberspace Administration of China, anzufreunden. Zuckerberg hatte während des Treffens mit Lu Wei sogar das Buch “Die Regierungsführung Chinas” von Chinas Präsident Xi Jinping strategisch auf seinem Schreibtisch platziert, damit auch die anwesenden Journalisten es sehen konnten. Zuckerberg traf sich 2016 auch mit einem hochrangigen Führer der Kommunistischen Partei Chinas, um über die Schaffung einer besseren globalen Gemeinschaft im Cyberspace zu diskutieren. Nun könnte man argumentieren, dass diese Gesten echte Versuche waren, die Kluft zwischen China und Zuckerbergs Imperium zu überbrücken. Aber sagen wir einfach, sie waren etwas umständlich.
Ich meine, den chinesischen Präsidenten zu bitten, seinem ungeborenen Kind einen Namen zu geben? Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ein Cyborg die allgemein akzeptierte soziale Etikette dermaßen falsch interpretieren würde. Zuckerberg schrieb zudem eine peinliche Rezension des oben erwähnten Buchs von Xi Jinping auf Amazon. Später wurde er von der chinesischen Social Media Community angegriffen, nachdem er 2016 ein Foto von sich selbst beim Joggen auf dem von Smog geplagten Tian’anmen-Platz gepostet hatte. Und lassen Sie mich gar nicht erst damit anfangen zu erzählen, wie Zuckerberg 2014 versucht hat, seine chinesische Sprach-Software an der Universität von Tsinghua zu verscherbeln.
Zuckerberg dachte wahrscheinlich, er hätte alles begriffen, indem er seine persönlichen Verbindungen, sein Verständnis der chinesischen Kultur – seine Frau ist Chinesin – und sorgfältig durchdachte Schritte nutzte, um sich auf dem chinesischen Markt einen Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten wie Google und Microsoft zu verschaffen. Leider zeigte sich Peking nicht beeindruckt und machte deutlich, dass Zuckerbergs Offensive nicht funktionieren wird. Aber kann man den Chinesen dafür die Schuld geben? Sogar die EU, Australien und andere westlich ausgerichtete Staaten begannen gegen Meta vorzugehen, weil dort Daten “falsch verarbeitet” werden und dadurch die Gefahr von “Desinformation” erhöht wird. Es sieht so aus, als sei Zuckerbergs Plan etwas ins Stocken geraten.
Als alles scheiterte, kam dann Zuckerbergs Zorn zum Vorschein, jene Frustration, die Menschen aus dem Westen nicht selten empfinden, wenn die Dinge im Ausland nicht so laufen, wie sie es ursprünglich geplant hatten – diese Art von ohnmächtiger Wut. Und somit beschloss Zuckerberg TikTok eine reinzuhauen, nicht nur aus Gründen des Geschäfts, sondern auch auf persönlicher Ebene. Seinen größten Konkurrenten vom US-Markt zu verbannen, würde Meta nicht nur dabei helfen, sich von den jüngsten Verlusten an Usern zu erholen, sondern würde auch als eine Art Rechtfertigung für sein namenloses Kind dienen, wegen der Weigerung von Präsident Xi, seine Spielchen mit Babynamen mitzuspielen.
Für Peking war die Angelegenheit nie auf persönlicher Ebene. Das Verbot von Meta in China beruht auf nationalen Interessen und nicht auf kleinlichem Groll. Und angesichts der Haltung von Präsident Xi in Bezug auf Korruption ist ziemlich klar, dass Zuckerbergs Versuche, sich in China einzuschmeicheln, nicht die gewünschten Ergebnisse bringen werden. Die Politik in Peking funktioniert nun mal nicht so, wie Zuckerberg es vielleicht aus Washington gewohnt ist.
Trotz all der Zeit und der Mühen, die darauf verschwendet wurden, Peking zu schmieren, beging Zuckerberg eine unverzeihliche Sünde, indem er sich opportunistisch mit dem nationalen Sicherheitsapparat der USA gegen China verbündete. Nun, man kann nicht erwarten, dass das in Peking unbemerkt blieb oder gar verziehen wird. Wenn China beschließt, in Metas Geschäft mit Virtual-Reality-Geräten für den chinesischen Markt einzugreifen, dann muss Zuckerberg nur bei sich selbst die Schuld suchen. Und seien wir ehrlich, die meisten von uns Nicht-Milliardären können nicht anders, als die ganze Angelegenheit sowohl wohlverdient für Zuckerberg als auch verdammt lustig zu finden.
Also, was ist die Moral der Geschichte? Rache schmeckt am besten, wenn sie kalt serviert wird. Aber noch befriedigender ist sie, wenn sie mit einer Prise Ironie gewürzt ist. Der arme Zuckerberg bekam bei seinem Streben nach Vorherrschaft auf dem chinesischen Markt schließlich eine Dosis seiner eigenen Medizin verabreicht. Viel Glück beim nächsten Mal Zuck. Und denk daran, es geht nicht nur ums Geschäft – es geht auch darum zu wissen, wann man einem Drachen nicht ans Schienbein treten sollte.
Übersetzt aus dem Englischen.
Bradley Blankenship ist ein in Prag lebender amerikanischer Journalist, Kolumnist und politischer Kommentator. Er hat eine Kolumne bei CGTN und ist freiberuflicher Reporter für internationale Nachrichtenagenturen, darunter die Nachrichtenagentur Xinhua. Er twittert auf @BradBlank_.
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