Von Gert Ewen Ungar
Das erst in diesem Jahr als Partei gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist erfolgreich. Bei der Wahl zum Europaparlament kam es aus dem Stand auf 6,2 Prozent. Auch bei den anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg hat das BSW gute Chancen. In Sachsen kommt das Bündnis der ehemaligen Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht laut einer aktuellen Umfrage auf 15 Prozent Wählerzustimmung, in Thüringen sind es sogar 20 Prozent und in Brandenburg laut einer Befragung vom Juli über 16 Prozent.
Die Zahlen machen deutlich, das Bündnis schließt eine Lücke in der deutschen Parteienlandschaft. Programmatisch setzt sich das BSW für Verhandlungen im Ukraine-Konflikt ein, will Zuwanderung begrenzen und steht für eine Politik des sozialen Ausgleichs.
Das Problem des BSW ist, dass es mit dieser Programmatik vom vorgegebenen Narrativ abweicht. Mit Russland kann man nicht verhandeln, Zuwanderung ist die Rettung des Standorts Deutschland und sozialen Ausgleich gibt es in Deutschland schon mehr als genug, lautet die veröffentlichte Meinung, auf die sich die ganz große Koalition unter Einschluss der CDU mit den großen deutschen Medien geeinigt haben.
Zum Glück für die bestehenden Verhältnisse fanden sich einige sogenannte DDR-Bürgerrechtler, Wendehälse von Beruf sowie überwiegend Parteigänger der Grünen und der SPD. Die Unterzeichner repräsentieren eine im gesellschaftlichen Gefüge Deutschlands fest verankerte, die Politik tragende Schicht: den Mitläufer.
In einem offenen Brief warnen sie vor dem BSW. Der Stil des Briefes ist schlecht, die Argumentation absurd. Das intellektuelle Niveau entspricht dem einer Schülerzeitung. Wagenknecht würde behaupten, in Kiew seien Faschisten an der Macht. Das könne aber gar nicht sein, schließlich seien sowohl Präsident Wladimir Selenskij als auch Ministerpräsident Denis Schmyhal Juden. Durch die intellektuelle Brillanz der sogenannten DDR-Bürgerrechtler ist die DDR jedenfalls nicht an ihr Ende gebracht worden.
Trotz des schlechten Stils und der umfassenden argumentativen Mängel springt der Mainstream auf das Dokument an und reicht es herum. Spiegel, Zeit, Süddeutsche – alle sind dabei und alle haben wieder mal die gleiche Meinung. Daran wird deutlich, dass es sich dabei ganz offensichtlich um eine konzertierte Aktion gegen das BSW handelt.
Nun dürfen die privaten Gazetten natürlich schreiben, was sie wollen. Wenn es dem Leser nicht passt, lässt er deren Geschreibsel eben am Kiosk liegen oder kündigt sein Abo.
Anders sieht es bei den Öffentlich-Rechtlichen aus. Da kann man das Abo nicht kündigen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk tut sich dennoch bei der einseitigen Agitation gegen die Wagenknecht-Partei besonders hervor. Die ARD schnürte gleich ein ganzes Anti-BSW-Paket, bestehend unter anderem aus einem Faktenfinder aus der Feder von Faktenerfinder Pascal Siggelkow, einem Politikwissenschaftler, der brav seinen Text aufsagt, wobei er zu den wilden Thesen des Briefes bekräftigend nickt, sowie einen als Bericht getarnten Meinungsbeitrag.
Wie schon im Umgang mit der AfD hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch gegenüber dem BSW jedes Bemühen um Objektivität und Neutralität aufgegeben. Er macht schlicht Politik im Sinne der Regierungsparteien.
Die “Berichterstattung” zum BSW zeigt deutlich, dass die Idee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland gescheitert ist. Er ist nicht staatsfern, nicht neutral, nicht um Objektivität bemüht, sondern vertritt ganz offen die Interessen und die Politik der Bundesregierung und der etablierten Parteien. Die Erkenntnis ist nicht neu, sie hat sich nur aufs Neue bestätigt.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist zudem auf einem Niveau der Hörigkeit angekommen, über das sich selbst Staatssender in autoritär geführten Staaten wundern würden, weil es schlicht gegen jeden journalistischen Standard und vor allem Anstand verstößt. Es ist Journalismus, der der Gesellschaft schadet.
Reformieren lässt sich das nicht, denn sowohl Politik als auch die Öffentlich-Rechtlichen profitieren von der Symbiose, die zulasten der Qualität geht. Politik hat kein Interesse an einer Reform, die Nachrichtenmacher der Öffentlich-Rechtlichen auch nicht.
Das symbiotische System dient der Verkrustung und der Zementierung bestehender, immer ungerechter werdender Verhältnisse. Es ist Journalismus, der sich gegen die Interessen der Menschen richtet und einer Demokratie unwürdig ist. Ändern lässt sich das leider nicht, denn genau dieses Konglomerat ist der Apparat der Macht.
Was dem Mediennutzer bleibt, ist, die Glotze ausgeschaltet zu lassen und sich aus anderen Kanälen zu informieren. Als Nutzer kann man der journalistischen Minderleistung der Öffentlich-Rechtlichen nur mit Boykott begegnen. Echte Möglichkeiten der Mitsprache und Einflussnahme sind nämlich nicht vorgesehen.
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