Von Astrid Sigena
Am 10. April dieses Jahres hielt Oleksij Makejew, der Botschafter der Ukraine in Deutschland, vor der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit eine sogenannte “Berliner Rede zur Freiheit” (hier ist die Text-Fassung), die in der Aufregung um den “Baerbock-Erlass” und die Freude um das gelungene gemeinsame Gedenken von Deutschen und Russen an den Seelower Höhen ein wenig untergegangen ist. Dennoch muss man sich mit ihr befassen. Denn sie zeigt, welcher Grad an antirussischem Rassismus, der an die schlimmsten Zeiten Deutschlands erinnert, heute wieder möglich ist. Und diese hetzerische Tirade wurde nicht etwa vor Vertretern der politischen Ränder der BRD gehalten und mit stehendem Applaus (Minute 47.10) gewürdigt, sondern im Rahmen der Stiftung einer Partei, die sich (in Abgrenzung von der AfD) zu den angeblich demokratischen Parteien der Mitte zählt.
Es ist klar, dass der Botschafter eines Krieg führenden Landes wohl kaum Verständnis für die Regierung des anderen Landes äußern wird. Aber während russische Offizielle sich immer wieder um die Unterscheidung zwischen dem Selenskij-Regime und der ukrainischen Bevölkerung bemühen, wie dies der russische Botschafter Sergei Netschajew in seinem letzten Interview für die deutschen Medien betont hat (“Wir kämpfen nicht gegen das ukrainische Volk. Es ist unser Brudervolk, das steckt uns in den Adern”), holt Makejew zum Rundumschlag gegen das russische Volk aus.
Botschafter der 🇺🇦 @Makeiev legt purer Rassismus und Volksverhetzung an den Tag und bekommt dafür von Politklasse Deutschlands Standing Ovations. Mehrfach kommt er in seiner “Berliner Freiheitsrede” auf die “Russen” als tierähnliche Sklavenwesen zu sprechen, die nur eines im… pic.twitter.com/rElz8W4vVA
— Wlad Sankin (@wladsan) April 28, 2025
Grobheiten sind wir von den ukrainischen Botschaftern in Deutschland bereits gewohnt. Aber was sich Makejew an diesem Donnerstag vor mehr als zwei Wochen geleistet hat, geht über jedes noch akzeptable Maß hinaus. Und keinem von den dort versammelten illustren Herrschaften stieß Makejews Hetztirade negativ auf. Es rührte sich kein Widerspruch.
Es wird deutlich: Für Makejew (und auch für seine klatschenden Zuhörer) sind die Russen das Sklavenvolk schlechthin, sie sind angeblich nicht in der Lage, den Begriff “Freiheit” überhaupt zu begreifen, denn: “Wenn man diese Frage einem Russen stellt, wird er die Frage nicht verstehen, aber versuchen, Sie zu befreien. Was russische Befreiung ist, haben wir in Butscha oder Mariupol gesehen.” Russen sind für Makejew von vornherein unfähig zur Freiheit. Sie könnten weder fliegen noch träumen. “Weil sie keine Flügel haben. Weil sie nicht frei sein können.” Sie hätten bewusst Sklaverei statt Freiheit gewählt. Putin brauche also eigentlich die Wahlergebnisse gar nicht zu fälschen, die Russen würden ohnehin nicht die Freiheit wählen. Talente gesteht Makejew den Russen immerhin zu, aber nur in bösartiger Form: Was die Russen gut könnten, sei hassen. Der Vernichtungswille sei ihre zentrale Motivation.
Bemerkenswert ist außerdem Makejews Behauptung, die Russen hätten keinen “Himmel” (“Man braucht den Russen nicht zu sagen ‘Don’t look up’. Sie wissen ohnehin nicht, dass es oben einen Himmel gibt. Für sie gibt es oben nur ihren lokalen Kommandanten. Und irgendwo ganz oben ist Putin.”) Sie seien unfähig zu träumen. Damit spricht er ihnen ab, was das typisch Menschliche ausmacht: das Träumen von Freiheit, von einer besseren Welt, sei es im Diesseits oder im Jenseits. Für Makejew sind Russen – muss man schließen – wie Tiere, deren Horizont nicht über das bloße Dasein und die Kette von Befehl und Gehorsam hinausgeht. Ja, schlimmer als Tiere, da ja – laut Makejew – Hass und Vernichtungswille ihre Haupteigenschaften sind.
Die Schlussfolgerung muss wohl lauten: Freiheit bedeutet für die ukrainischen Offiziellen, den Hass auf alles Russische frei auszuleben. Ihre Freiheit besteht in einer Welt ohne Russen, muss man wohl folgern, ihr Idealbild von der Ukraine ist ein Anti-Russland. Makejew befindet sich da in gutem Einvernehmen mit seinem Chef Selenskij, der sich erst kürzlich zum Hass auf Russen als Triebfeder seines Handelns bekannt hat.
Da er sich mit dieser Hetze fast schon auf Stürmer-Niveau befindet, fällt es Herrn Makejew im Folgenden auch nicht schwer, immer wieder mit Hilfe von Zitaten Anspielungen auf die Verbrechen der NS-Zeit zu bringen und diese dadurch mit der (angeblich) völkermörderischen russischen Kriegsführung im heutigen Ukrainekrieg auf eine Stufe zu stellen. Kein Wunder, dass sich der Journalist und Publizist Richard Herzinger durch diese Rede ermutigt fühlt, in einem Essay die Putin-Hitler-Vergleiche fortzuführen und von einem “Vernichtungskrieg” und einem “Ausrottungsplan” gegen die ukrainische Bevölkerung zu schreiben. Im Sinne von “Wehret den Anfängen” unterstellt Herzinger dem russischen Präsidenten, vor der möglichen Entwicklung zum “Hitler von 1941” zu stehen, wenn man ihm nicht in den Arm falle.
Es fehlen einem die Worte, um sich über diese Verharmlosungen des Nationalsozialismus und die Diffamierung der Russen als Unmenschen, gar Nicht-Menschen angemessen zu empören. Besser ist es, sich noch einmal vor Augen zu führen, was Völkermord und Vernichtungskrieg wirklich bedeuten. Am Karsamstag beging Russland den Tag der Erinnerung an den nationalsozialistischen Genozid an den Sowjetvölkern. Viele dieser im deutschen Namen geschehenen Untaten sind auch den Gutwilligen hierzulande nicht bekannt. Wie auch? Im Geschichtsunterricht und in der etablierten medialen Öffentlichkeit spielen sie kaum eine Rolle.
Deshalb sei hier der Kindermord von Chozum bzw. Khatsun in der russischen Region Brjansk stellvertretend vorgestellt. Nach einem Partisanenüberfall auf deutsche Soldaten besetzte die Wehrmacht im Herbst 1941 das Dorf und erschoss alle Erwachsenen, derer man habhaft werden konnte – ohne jede Prüfung der individuellen Verantwortlichkeit. Und jetzt kommt das, was einen erst recht erschaudern lässt: Da man die Kinder der Erschossenen “sich nicht selbst überlassen wollte”, erschossen die Deutschen im Anschluss auch noch die 60 überlebenden Kinder des Dorfes. Die Formulierung im Wehrmachtsbericht lässt durchscheinen, dass man sich dabei noch human vorkam. Das, meine Herren Makejew und Herzinger, ist Völkermord! Das ist Vernichtungskrieg! Und vernichtete Dörfer wie Khatsun gibt es viele in der Region Brjansk.
Glühende Verfechter des ukrainischen Freiheitskampfes geraten häufig in Rage, wenn man sie auf die neobanderistischen Tendenzen in der heutigen Ukraine anspricht. Russlands Kriegsziel einer Entnazifizierung der Ukraine sei eine böswillige Verleumdung der ukrainischen Verteidiger. Aber warum reden dann Botschafter und “Präsident” einem derart monströsen Hass auf Russen das Wort? In einem hetzerischen Ton, wie man ihn in Deutschland seit Jahrzehnten nicht mehr gehört hat? Und was bedeutet es für die angebliche Entnazifizierung Deutschlands, wenn man im Jahr 2025 diesen Tonfall wieder goutiert?
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