Von Dagmar Henn
Es ist schon ein paar Tage her, dass herauskam, wie viel deutsche Spitzenpolitiker für die Pflege ihrer persönlichen Eitelkeit ausgeben. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock beispielsweise ließ sich für über 136.000 Euro schminken. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz verbrauchte 39.900 Euro dafür, und eine weitere halbe Million für Leibfotografie. Der Fotograf hatte es auch Wirtschaftsminister Robert Habeck angetan, dessen schwiegersohngerecht in Szene gesetztes Antlitz 83.000 Euro kostete (Ursula von der Leyen hat in Brüssel sicher ebenfalls einen Haushaltsposten für den, der ihre Frisur betoniert).
Das wurde genüsslich berichtet, aber es wurde nicht zum Skandal. Zugegeben, die Kosten der Visagistin haben es auch schwer, sich gegen Baerbocks beiläufige Kriegserklärung durchzusetzen. Aber im Grunde haben beide Dinge dieselbe Wurzel.
Politisch müsste man erst einmal sagen, dass diese Art der Ausgaben nicht zulässig sein dürfte. Denn einen optisch guten Eindruck machen zu wollen, gehört zum Wahlkampf und nicht zur Ausübung eines politischen Amtes. Den Wahlkampf einzelner Personen in solchem Umfang aus der Staatskasse zu bestreiten, ist unzulässig. Und ob eine Außenministerin hübsch ist, wenn sie Staatsbesuche macht, ist reichlich unwichtig, sie sollte eher klug und diplomatisch sein; sicher, das ist bei Baerbock nicht zu haben, nur lässt sich dieses Loch durch keine Foundation überdecken. Fachliches Versagen bleibt fachliches Versagen. Und persönliche Eitelkeiten sind aus dem persönlichen Budget zu begleichen.
Wobei, wenn Frau Baerbock ihre Visagistin selbst zahlen müsste, bliebe von ihrem Ministerinnengehalt von 16.600 Euro im Monat nicht mehr allzu viel übrig. Vielleicht könnten die Damen ja die Rollen tauschen? Schlechter als Baerbock wird die Visagistin den Job auch nicht erledigen.
Nein, was daran wirklich unappetitlich ist, ist die Selbstverständlichkeit, mit der solche Sperenzchen staatlich finanziert werden. Und das hat wieder eines gemein mit Baerbocks Bademänteln und ihren verbalen Entgleisungen (der Allzeitkracher “es ist mir egal, was meine Wähler denken” hat ja schnell ernste Konkurrenz bekommen). Es ist die feudale Attitüde, das Aristokratische, das “l’état c’est moi”; die Selbstverständlichkeit, mit der sich da eine private Person auf einem Platz breitmacht, der einem Amt gehört.
Das edle Make-up ändert nichts an der völligen Verantwortungslosigkeit, mit der diese geschminkten Lippen vom Krieg gegen Russland plappern, und an der Leichtfertigkeit, mit der Handlungen vollzogen werden, die Einfluss auf das Leben von Millionen haben; die noch von einem Habitus unterstrichen wird, der ewige Sommerfrische oder Ferienhaus assoziieren soll, das Leben der Reichen und Schönen; die hingerotzte Verachtung für Verantwortung und damit für die Demokratie, wie sie auch die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin zeigt, mit ihren Diskoabenden, zwischen denen sie ihr Land mal eben in die NATO bugsieren will.
Immer und immer wieder ist da der Anspruch, etwas Besseres zu sein. Besser als der Pöbel. Wohlriechender. Und eben, weil man sich für etwas Besseres hält, mit diesem Pöbel auch verfahren zu dürfen, wie es einem eben in den Sinn kommt. Es ist mir egal, ob meine Wähler einen Krieg gegen Russland führen wollen.
Es ist gerade so, als wäre es etwas Unanständiges, wenn sie aussähen, als lastete da Verantwortung; wenn sie den Eindruck erweckten, als dächten sie nach vor dem Handeln. Sie können das nicht einmal verstehen, dieses Gefühl von Verantwortung, und was es mit einem Menschen macht. Deshalb ist es für sie so natürlich, den russischen Präsidenten Wladimir Putin als eine Art Dämon oder Finsterling zu sehen.
Wer nachdenkt, was er tut, und warum, wem man anmerkt, dass er all die anderen Menschen mitdenkt, die von diesem Tun betroffen sind, der kann nur böse sein. Gute Menschen sind ganz spontan und locker, und lassen sich vor dem Drücken des roten Knopfes noch mal schnell die Nägel machen. Gute Menschen machen sich keinen Kopf, wenn sie eben mal hunderttausend Ukrainer für “europäische Werte” verheizen. Und nur nicht nachfragen, was diese Werte bitte sein sollen. Das ist nicht gut für die Stirnfalten.
Es wirkt fast so, als wäre ihr ganzes Dasein in der Politik nur auf die persönliche Eitelkeit zurückzuführen; weil sie weder superreich sind, noch es zum Popstar geschafft haben, musste es eben die Politik sein, mit der kommt man auch ins Fernsehen und in die Zeitungen. Inhalte können es nicht gewesen sein. Die Bereitschaft, den Menschen des Landes zu dienen, auch nicht. Wo kämen wir denn da hin, Diener; wenn, dann schon Herr oder Herrin; und wirklich traurig, dass der Bückling so aus der Mode gekommen ist. Das letzte Mal, dass Deutschland in einem solchen Maß unter eitlen Minderbemittelten leiden musste, war vermutlich unter Wilhelm II.
Fast noch schlimmer ist allerdings, dass diese Herrschaften in Seelenruhe Skandale sammeln können, als seien es Briefmarken, und sie immer noch nicht zum Teufel gejagt werden, wenn das Dutzend voll ist; dass die Dreistigkeit dieses feudalen Gehabes keine Welle von Zorn auslöst. Schon die Art und Weise, wie Baerbock im Ausland kleine Kinder streichelt oder Wassereimer trägt, wirkt so, als wären Berichte des Goldenen Blatts ihr Vorbild, und sie spielte jetzt überall die besuchende Majestät. Und die letzten Reste selbst des Geists von 1848 sind so weit ausgetrieben, dass Prinzesschen und Möchtegernfürsten das Land fast widerstandslos in den Abgrund bugsieren können.
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