Von Sergei Aksjonow
Die Menschen in Russland lernen die Geografie des Donbass kennen. Immer mehr Spießbürger von gestern erkennen die noch unbekannten Punkte auf der Landkarte als den Ort, an dem sich die Zukunft ihres Landes entscheidet. Sie bemitleiden Donezk, das seit acht Jahren von den ukrainischen Streitkräften beschossen wird; sie fiebern mit Mariupol mit, wo sich nach den entsetzlichen Ereignissen des Gefechts endlich ein friedliches Leben einstellt; sie freuen sich für die Bewohner von Cherson und Melitopol, denen ein komplettes Netz von militärisch-zivilen Verwaltungen zur Verfügung steht, das Russland bereits eingerichtet hat. Und selbstverständlich spekulieren sie über die Zukunft: Charkow oder Nikolajew, und dann Odessa? Vielleicht zuerst Saporoschje? Zuoberst weiß man es besser, doch gerade das heißt Heimatland, wenn alle, Klein und Groß, eins sind.
Schwer haben es die, die bewaffnet an der Front sind. Der Gegner ist stark und hartnäckig, wenn auch realitätsfremd, verführt von einer modernen Version des Nationalsozialismus. Er klammert sich an seinen Stellungen fest und weigert sich, an das Schicksal zu glauben, das der Westen zynisch für ihn vorbereitet hat – Krieg mit Russland bis zum letzten Ukrainer. Dennoch schreitet unsere Armee unaufhaltsam voran. Der größte Teil von Sewersk ist bereits unter Kontrolle, Strjapowka und Nowaja Kamenka wurden besetzt, am nordöstlichen Stadtrand von Soledar finden Kämpfe statt, Jakowlewka wird gestürmt, heißt es in den Berichten. “Endlich gab man uns den Befehl zur Offensive, unsere Fleckchen und Stücke zurückholen”, sang einst Wladimir Wyssozki. Und genau das geschieht jetzt im Donbass.
Der stellvertretende Kommandeur der Brigade der Volksrepublik Lugansk (LVR), Sergei, ist in das befreite Lissitschansk zurückgekehrt. Fröhlich, bewaffnet, gut gebaut. Er wird von seinen Verwandten und Nachbarn umringt, sie umarmen und streicheln ihn, sie trauen ihren Augen nicht. Er ist am Leben und gesund! Das sei ihr Mann, ein lokaler Kommandeur, loben sie ihn stolz vor seinen Kollegen, den Zeugen des Treffens. Sie haben Sehnsucht bekommen … Dmitri, ein Landwehrmann der Volksrepublik Donezk (DVR), stammte aus Mariupol. Es war sehr frustrierend, sagt er, als 2014 irgendwelche Leute aufkreuzten, um uns beizubringen, welche Sprache wir zu sprechen haben. Wir fingen an, für unser Recht einzutreten. Endlich, in der Heimatstadt zurück … Noch ein Sergei aus Staniza Luganskaja. Der Ort wurde fast sofort zurückerobert. Nun könne man in der Heimat leben und arbeiten, seine Kinder großziehen, träumt er.
Vermutlich würde jeder unter ihnen lieber zu Hause bleiben, die Waffen niederlegen und ihr zerstörtes Leben wiederaufbauen. Sich endlich mal ausruhen. Acht Jahre Krieg sind kein Zuckerschlecken. Auch der Oberbefehlshaber sprach darüber in jenem äußerst feierlichen Moment, als die Streitkräfte der LVR ihre Landesgrenzen erreichten und die Republik vollständig befreiten. Nur ist die Arbeit zur Befreiung des Heimatlandes nicht abgeschlossen. Mittlerweile setzen die Truppen aus Lugansk ihre Schläge gegen den Feind auf dem Gebiet der DVR unaufhörlich fort. “Richtung Westen, Richtung Westen kriecht das Bataillon, damit die Sonne aufgeht im Osten.” Diese Worte des Barden über den schrecklichen Krieg in der Mitte des 20. Jahrhunderts – heute klingen sie, als ginge es um diese Jungs aus Lissitschansk, Staniza Luganskaja, aus Mariupol.
Im Osten … Es soll erwähnt sein, dass dort nicht nur die Sonne aufgeht, sondern auch der politische Wind von dort weht. Ungeachtet dessen, wie wichtig die Kosakensiedlungen und die Städte am linken Ufer des Dnjepr für die Einheimischen auch sein mögen, kann sie strategisch nur ein großer, globaler Sieg Russlands im Kampf gegen die Hegemonie des Westens ernsthaft schützen. Ausschließlich eine Neuordnung des Planeten unter Berücksichtigung von Interessen der neuen (vorwiegend östlichen) politischen Akteure wird dazu beitragen, ein neues, gerechtes Gleichgewicht zu erreichen, das einen dauerhaften Frieden an unseren Grenzen garantieren wird.
Erstaunlich ist, wie schnell dieser umfassende Prozess mit der Befreiung der Ukraine in Gang gekommen ist.
Kaum hatte Russland seine kühne Herausforderung ausgesprochen, nahmen die Länder, die sich berechtigt fühlten, mehr zu fordern, es aber nicht wagten, ihren Mut zusammen und begannen ihr eigenes Spiel. Sichtbar geworden ist eine neue Internationale derjenigen Länder, die nicht nach der Pfeife der USA tanzen wollen. Besonders entschieden ist Nordkorea vorgegangen, das die Volksrepubliken im Donbass anerkannt hat. Dieses “Enfant terrible” der Weltpolitik ist in Wahrheit ein wahrhaft unabhängiges Land, das seine eigene Souveränität über alle irdischen Güter stellt.
Die anderen großen Akteure sind noch nicht ganz so mutig, aber auch sie sind nicht mehr gewillt, eine Politik zu verfolgen, die ihren eigenen Interessen zuwiderläuft. Wenn der Westen nur diejenigen in seine Gesellschaft aufnimmt, die bereit sind, dafür auf die Knie zu fallen und sich zu unterwerfen, empfiehlt es sich dann nicht, seinen Platz bei denjenigen zu suchen, die den gegenseitigen Respekt als Grundlage der internationalen Beziehungen betrachten? Zumal es eine solche Vereinigung gibt – die BRICS-Staaten. Und so sehen wir, dass neben den gestrigen Bewerbern, Iran und Argentinien, auch die Türkei, Ägypten und Saudi-Arabien bereits darüber nachdenken, sich der Gemeinschaft der größten Länder der Welt anzuschließen. Das alles ist Lissitschansk, das kann ich sagen. “Nur lassen sie die Erde rotieren, wohin sie möchten, unsere Truppen auf dem Vormarsch.”
Und wie steht es mit dem Westen? Dort wird bald eine Leere sein. Den Brand in der Ukraine zu entfachen war einfacher, als den politischen Flächenbrand zu überleben, der in ihren eigenen Ländern aufgrund einer schweren Wirtschaftskrise ausgebrochen ist, die ihrerseits durch gefährliche und unkluge Entscheidungen ausgelöst wurde. Insbesondere aber aufgrund der allgemeinen Verdrossenheit der Menschen und Völker, die von den Lügen der dortigen Politiker herrührt. Eine Vernachlässigung der Interessen einer Mehrheit war nur bis zu einem gewissen Grad möglich. Was nun folgt, ist eine Ernüchterung und ein Wechsel der Eliten. Dass dies eines Tages geschehen wird, davor hatte der russische Präsident seine demokratisch gesinnten Freunde bei seinen Versuchen, sie zur Vernunft zu bringen, öffentlich und wiederholt gewarnt.
Der struppige britische Anführer der Russophoben könnte schon bald durch einen ethnischen Hindu aus der ehemaligen Kolonie ersetzt werden. So werden die BRICS und die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) direkt in der Downing Street vertreten sein. Die Karriere von Olaf Scholz wird im kommenden Winter von der eisigen Kälte in deutschen Wohnungen und den Sexpartys begraben werden. Der zitternde Italiener Mario Draghi wird an einem Vertrauensverlust in seinem Kabinett scheitern, wie er gestern selbst zugab, als er seinen Rücktritt ankündigte. Der proamerikanische Premierminister Bulgariens wurde bereits wegen seiner Untauglichkeit aus dem Amt gejagt. Emmanuel Macron wird durch seine Angeberei und die Unterwürfigkeit gegenüber den Medien ruiniert werden. Und die Befürworter von Joe Biden werden von Donald Trump neutralisiert, sobald er den Sumpf trockengelegt hat. Übrigens wurden die US-Amerikaner von ihrem Staat gerade aufgefordert, die Ukraine zu verlassen. Weiß man etwas?
So sehen die grundlegenden tektonischen Verschiebungen in der Weltpolitik und im globalen Machtgleichgewicht aus, die durch das entschlossene Handeln einfacher russischer Männer, die ihre Heimat im Donbass verteidigen, verursacht wurden. Zum x-ten Mal in der Weltgeschichte bringen sie die Erde sprichwörtlich zum Drehen.
Übersetzt aus dem Russischen.
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