Sie galt als eine der großen Ankündigungen des US-Wahlkämpfers Donald Trump, nach gewonnener Präsidentschaftswahl alle verfügbaren Dokumente des tiefen Sumpfes rund um den im Jahr 2019 zu Tode gekommenen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein zeitnah der Öffentlichkeit zu präsentieren. Es folgte im Februar dieses Jahres eine im Nachhinein rein als publicityträchtig zu betrachtende Teilveröffentlichung (RT DE berichtete).
In dem sich anbahnenden persönlichen, mittlerweile eskalierenden, Streit zwischen dem US-Präsidenten und dem Tech-Milliardär und Ex-Sonderleiter der DOGE-Behörde, Elon Musk, kündigte Letzterer im Juni auf X an, Informationen zu besitzen, dass Donald Trump “in den Epstein-Akten steht” (RT DE berichtete). Wenige Wochen später informiert nun das FBI in einem zweiseitigen Papier, “eine systematische Überprüfung” habe ergeben, dass Epstein “nicht ermordet wurde”, so die US-amerikanische Nachrichten-Webseite Axios zitierend.
Axios erklärt einleitend zu der “exklusiven” Veröffentlichung des FBI-Materials:
“Das Justizministerium von Präsident Trump und das FBI sind zu dem Schluss gekommen, dass sie keine Beweise dafür haben, dass der verurteilte Sexualstraftäter und in Ungnade gefallene Finanzier Jeffrey Epstein einflussreiche Persönlichkeiten erpresst, eine ‘Kundenliste’ geführt hat oder ermordet wurde, wie aus einem Memo hervorgeht, das Axios vorliegt.”
Die Mitteilung aus Washington überrascht dahingehend, da mit Kash Patel (aktueller Direktor des FBI) und Dan Bongino (stellvertretender FBI-Direktor) bis zum Beginn des Jahres regelmäßig in den sozialen Medien der offiziellen Sprachregelung von Epsteins Tod, einem angeblichen Suizid, eindeutig widersprochen worden war. In dem undatierten, zweiseitigen FBI-Memorandum heißt es einleitend:
“Im Rahmen unserer Verpflichtung zur Transparenz haben das Justizministerium und das Federal Bureau of Investigation (FBI) eine umfassende Überprüfung der Ermittlungsbestände im Zusammenhang mit Jeffrey Epstein durchgeführt. Um sicherzustellen, dass die Überprüfung gründlich war, führte das FBI digitale Durchsuchungen seiner Datenbanken, Festplatten und Netzlaufwerke sowie physische Durchsuchungen von Mannschaftsräumen, verschlossenen Schränken, Schreibtischen, Schränken und anderen Bereichen durch, in denen möglicherweise relevantes Material aufbewahrt wurde. Bei diesen Durchsuchungen wurde eine beträchtliche Menge an Material gefunden, darunter mehr als 300 Gigabyte an Daten und physischen Beweisen.”
Das analysierte und ausgewertete Material beinhalte “eine große Menge an Bildern von Epstein, Bilder und Videos von Opfern, die entweder minderjährig sind oder den Anschein erwecken, minderjährig zu sein, sowie über zehntausend heruntergeladene Videos und Bilder von illegalem sexuellem Kindesmissbrauch und anderer Pornografie”, so das Papier erläuternd. Weiter heißt es:
“Teams aus Agenten, Analytikern, Anwälten und Experten für Datenschutz und Bürgerrechte durchkämmten die digitalen und dokumentarischen Beweise mit dem Ziel, der Öffentlichkeit so viele Informationen wie möglich zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig die Opfer zu schützen.”
In einer ersten Reaktion auf die Medienmeldungen zur neuen Sichtweise und Erklärungen seitens des Oval Office in der Causa Epstein, kommentierte umgehend Elon Musk auf X mit einem Meme:
— Elon Musk (@elonmusk) July 7, 2025
In einem weiteren X-Beitrag schrieb er:
“Wie viel Uhr ist es? Oh, seht mal, es ist wieder ‘Keiner-ist-verhaftet worden’-Uhr.”
What’s the time? Oh look, it’s no-one-has-been-arrested-o’clock again … pic.twitter.com/CO9xJz68Tf
— Elon Musk (@elonmusk) July 7, 2025
Laut FBI-Memo fänden sich lediglich “sensible Informationen” sowie “spezifische Details wie die Namen und Ähnlichkeiten der Opfer, physische Beschreibungen, Geburtsorte, Partner und Beschäftigungsgeschichte” in den abertausenden Dateien. Der Axios-Artikel fasst zusammen:
“Die Ermittler fanden ‘keine belastende ‘Klientenliste’ von Epstein, ‘keine glaubwürdigen Beweise … dass Epstein prominente Personen erpresst hat’ und keine ‘Beweise, die eine Untersuchung gegen nicht angeklagte Dritte rechtfertigen könnten’, heißt es in dem Memo weiter.”
Die finale Schlussfolgerung, dass Epstein in seinem Gefängnis in New York durch Selbstmord starb, wird seitens des FBI durch Videoaufnahmen aus dem Gemeinschaftsbereich der Special Housing Unit (SHU) argumentativ untermauert, in dem Epstein zum Zeitpunkt seines Todes untergebracht war. In dem Papier heißt es wörtlich:
“Nach einer gründlichen Untersuchung kamen die FBI-Ermittler zu dem Schluss, dass Jeffrey Epstein am 10. August 2019 in seiner Zelle im Metropolitan Correctional Center in New York City Selbstmord begangen hat. Diese Schlussfolgerung steht im Einklang mit früheren Erkenntnissen, einschließlich der Autopsie-Ergebnisse des New York City Office of the Chief Medical Examiner vom 19. August 2019.”
Der seit dem Tode des Sexualstraftäters prägende und kursierende Satz in den sozialen Medien: “Epstein didn’t kill himself” (Epstein hat sich nicht selbst getötet) steht demgegenüber weiterhin für die kontrovers diskutierte These, der international protegierte US-amerikanische Finanzier habe nicht wie offiziell dargestellt Suizid begangen, sondern sei in seiner Gefängniszelle ermordet worden, um damit seine belastenden Aussagen vor Gericht zu verhindern.
Unter Berufung auf ein Interview für den US-Sender Fox News hieß es zu der absehbaren Wendung in Washington bereits Mitte Mai:
“FBI-Direktor Kash Patel und der stellvertretende Direktor Dan Bongino haben in einem Exklusivinterview mit Maria Bartiromo von Fox News am Sonntag darauf bestanden, dass der in Ungnade gefallene Finanzier und mutmaßliche Sexhändler Jeffrey Epstein sich in seiner Gefängniszelle in Manhattan umgebracht hat.”
US-Präsident Donald Trump, seit Jahren spekulativ im tiefen Epstein-Sumpf als möglicher, aktiver Beteiligter gehandelt, reagierte auf Truth Social mit einem Beitrag, der eine Erklärung des ehemaligen Epstein-Anwalts David Schoen zitiert. In dieser heißt es, dass Trump in keinerlei Verbrechen zur Causa Epstein verwickelt sei.
Zur Personalie David Schoen war in einem Artikel der Times of Israel im Oktober 2021 zu lesen:
“Die Zionist Organization of America (Zionistische Weltorganisation ZOA) wählte den jüdischen Anwalt David Schoen zu ihrem nationalen Vorsitzenden. Der orthodoxe Anwalt erregte die Aufmerksamkeit der Medien, als er den ehemaligen Präsidenten Donald Trump im zweiten Amtsenthebungsverfahren gegen ihn verteidigte (…) Trump war nicht Schoens erster hochkarätiger Fall. Er sollte Jeffrey Epstein in einem Verfahren wegen Sexhandels vertreten, als der Finanzier tot im Gefängnis aufgefunden wurde, angeblich durch Selbstmord.”
Der Axios-Artikel erinnert daran, dass im Jahr 2017, in einem Interview mit dem Autor Michael Wolff, Jeffrey Epstein “sogar behauptet hat, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt ‘Donald Trumps engster Freund’ war”. Trump erklärte dazu im Jahr 2019, er sei “kein Fan von Epstein” gewesen und habe zu diesem Zeitpunkt “seit 15 Jahren nicht mehr mit ihm gesprochen.” Epstein habe zudem “in den frühen 2000er Jahren in seinen Golfresorts Zutrittsverbot” erhalten.
Das Justizministerium und das FBI erklären final in dem Memo, dass ausgehend von den Auswertungen keine “weitere Offenlegung” von Epstein-bezogenem Material “angemessen oder gerechtfertigt wäre.”
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