Der russische Energiekonzern Gazprom wird am 28. Januar in einer außerordentlichen Vorstandssitzung über die mögliche Schließung seiner Vertretungen in Brüssel und Tokio entscheiden, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit.
Die Schließung der Auslandsbüros erfolgt vor dem Hintergrund des drastischen Rückgangs des europäischen Marktes für Gazprom. Nach der Einstellung des Gastransits durch die Ukraine verfügt das Unternehmen nur noch über eine Pipeline nach Europa, die durch die Türkei verläuft. Das Brüsseler Büro von Gazprom wurde 2011 eröffnet, die Vertretung in Tokio 2014.
In dieser Woche wurden zudem massive Stellenkürzungen im zentralen Verwaltungsapparat von Gazprom bekannt. Wie ein Unternehmensvertreter bestätigte, soll laut einem Schreiben die Zahl der Mitarbeiter im zentralen Apparat von derzeit 4.100 auf 2.500 reduziert werden. In dem internen Dokument, das im Internet kursiert und an Gazprom-Chef Alexei Miller gerichtet ist, ist von der Notwendigkeit die Rede, “doppelte Funktionen und übermäßige bürokratische Prozesse zu beseitigen” und die Ausgaben auf allen Ebenen zu optimieren. Eine andere Unternehmensvertreterin erklärte, dass die Zahl der Beschäftigten im zentralen Apparat von Gazprom in den letzten 20 Jahren erheblich zugenommen habe und mittlerweile 50 Milliarden Rubel pro Jahr (ca. 500 Millionen Euro) allein für Gehälter ausgegeben würden. Gazprom beschäftigte nach eigenen Angaben im Jahr 2023 rund 500.000 Mitarbeiter.
Experten sehen die Umstrukturierung als natürliche Reaktion auf die veränderten Marktbedingungen, da Gazprom nicht mehr die hochprofitablen Einnahmen wie vor 2022 erzielt, was die Notwendigkeit einer Kostenoptimierung unterstreicht.
Im Jahr 2023 verzeichnete Gazprom einen Verlust von 629 Milliarden Rubel, das erste Defizit seit 25 Jahren. Darüber hinaus erlebte das Unternehmen einen dramatischen Rückgang seines Aktienkurses.
Die USA und Großbritannien hatten vergangene Woche weitreichende Sanktionen gegen den russischen Energiesektor angekündigt, darunter auch gegen Gazprom Neft, eine Gazprom-Tochter. Die US-Regierung sanktionierte zudem fast 200 Schiffe der sogenannten Schattenflotte. Als Reaktion darauf haben die Ölpreise ein Viermonatshoch erreicht. Das Außenministerium in Moskau kritisierte, die Sanktionen würden “sogar um den Preis einer Destabilisierung der Weltmärkte” verhängt, und versprach, auf die Sanktionen entsprechend zu reagieren.
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