Das ursprüngliche Thema der ARD-Tagesschau vom 11. April lautete bezüglich der Überschrift auf der Webseite “Bundesjustizministerium plant ‘Gesetz gegen digitale Gewalt'”. Zugeschaltet war jedoch nicht der zuständige Minister Marco Buschmann von der FDP, sondern das Berliner SPD-Mitglied Sawsan Chebli.
Chebli berichtete im Rahmen des Beitrags von regelmäßigen Beleidigungen gegen ihre Person. Die ARD-Redaktion informierte vor dem Interview das Millionenpublikum darüber, dass Chebli “ständig frauenfeindliche und rassistische Kommentare bekommen” würde. Als “Frau und Muslima” sei sie zudem regelmäßig “Zielscheibe von Hass im Netz”.
Nach fünfzehn Sekunden des Beitrags hieß es ohne die zu erwartende Einblendung “Produktwerbung”, dass Chebli gerade ein Buch zum Thema “Hatespeech” geschrieben habe. Der Titel der dabei eingeblendeten Publikation lautet schlicht “Laut”. Chebli und dem Buchcover zufolge sei “Hass im Netz eine Bedrohung für unsere Demokratie”.
Das SPD-Mitglied werde, so die Tagesschau-Anmoderation, “Beleidigungen und Bedrohungen” anzeigen. Es folgten die irritierenden Interview-Darlegungen seitens Cheblis zu ihrer Meinung nach mehrheitlich nicht nachvollziehbaren Justizentscheidungen und den für sie daraus resultierenden Notwendigkeiten:
“Über neunzig Prozent meiner Anzeigen laufen ins Leere. Ich krieg’ immer von den Gerichten zurück, ‘der Täter sei nicht ermittelbar, das handelt sich um eine Meinungsfreiheit’ und vieles mehr und das muss endlich ein Ende haben.”
„Ich krieg’ immer von den Gerichten zurück […] ,Das handelt sich um eine Meinungsfreiheit‘ und vieles mehr und das muss endlich ein Ende haben“Sawsan Chebli (SPD) in der Tagesschau pic.twitter.com/JbbquiU87C
— Argo Nerd (@argonerd) April 12, 2023
Die Abschaffung von Justizentscheidungen, die gerichtlich Meinungsfreiheit bestätigten, würde laut Chebli bewirken, dass “sich Menschen auch im Netz (im Internet/den sozialen Medien) frei bewegen können”. Im Anschluss erfolgten Informationen zum geplanten “Gesetz gegen digitale Gewalt”. Zum Ende des Beitrags dann erneut der Blick auf das Buchcover, durch die Einblendung von Cheblis Twitter-Account. Das SPD-Mitglied hoffe, so die Abmoderation der Tagesschau, dass das finale Gesetz zeitnah “ihr und anderen Betroffenen hilft”.
Eventuell geholfen haben dürfte schon einmal zumindest die kostenlose Werbung für ihr Buch. Laut Branchenberechnungen würde ein 30-Sekunden-Spot auf ARD oder ZDF zur Prime-Time bis zu 70.000 Euro kosten. Aktuell, nach Veröffentlichung des Buches am 29. März, gab es auf dem Verkaufsportal Amazon 102 Kundenbewertungen. Dabei hatte nur ein Leser die im Bestfall fünf möglichen Sterne angeklickt, 96 Prozent der Rezensenten waren sich einig und hatten einen Stern vergeben.
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