Von Nikita Mironow
Im Versuch, die russische Offensive aufzuhalten, baut die Ukraine eine sogenannte “Drohnenlinie”, auch “Todeszone” genannt, von 50 Kilometern Breite.
Noch am 6. Februar hat der ukrainische Staatschef Wladimir Selenskij die Anordnung zur Schaffung einer neuen Waffengattung – Streiträfte für unbemannte Systeme – unterzeichnet. Inzwischen umfasst sie sieben Militäreinheiten: drei Bataillone, zwei Regimenter und zwei Brigaden. Juri Knutow, Militärexperte und Leiter des Museums der Luftabwehr Russlands, berichtete der Zeitung Wsgljad:
“Das ukrainische Militär verfügt bereits über ausgebildete Einheiten, die mit Drohnen ausgerüstet sind. Sie werden an schwierigsten Frontabschnitten eingesetzt, etwa im Gebiet Charkow und in der DVR. Ihre Aufgabe ist es, eine zweite Verteidigungslinie hinter den schwachen Infanterieeinheiten zu bilden und russische Truppen an einem Durchbruch der Front zu hindern.”
In Russland sollen Drohnentruppen als eigene Waffengattung bis September aufgestellt werden. Sicher existieren Drohnenpiloten seit Langem bei den russischen Streitkräften, doch bisher sind sie auf unterschiedliche Einheiten aufgeteilt. Knutow erklärt:
“Drohnenpiloten sind heute zusammen mit der Sturminfanterie die wichtigsten ‘Arbeitspferde’. Eine der wichtigsten taktischen Aufgaben der russischen Streitkräfte ist es, gegnerische Drohnenpiloten zu eliminieren. Man kann zwar zehn Drohnen pro Tag zusammenbauen, doch die Ausbildung eines guten Piloten nimmt Monate in Anspruch.”
Erst kürzlich haben Angehörige des russischen Truppenverbands Süd mithilfe von Drohnen und Artillerie einen ukrainischen Drohnenleitstand am Frontabschnitt Konstantinowka zerstört. Dies meldete Russlands Verteidigungsministerium.
Die meisten ukrainischen Drohnenpiloten sind junge Männer. Viele haben sich früher für Videospiele begeistert. Sie sind es gewohnt, auf einen Bildschirm zu schauen. Knutow sagt:
“Ein Drohnenpilot ist gewöhnlich ein psychologisch stabiler Mensch. Seine Hände dürfen nicht zittern, denn für das ‘Vögelchen’ ist es fatal, es kann vom Kurs abkommen.”
Drohnenpiloten ausfindig zu machen, ist nicht einfach. Knutow erklärt:
“In der Regel sitzen sie in Unterständen, die gut mit Laub getarnt sind, man kann sie weder sehen noch hören. Sie verlassen die Bunker gar nicht, um nicht entdeckt zu werden. Auch ihre Toilette ist ‘vor Ort’.”
Dennoch ist es möglich, die Piloten zu orten, etwa mithilfe von Aufklärungsdrohnen. Der Experte führt aus:
“Wenn sie sehen, dass irgendwo eine Drohne startet, bedeutet das, dass das ‘Nest’ der Piloten in der Nähe ist. In diesem Fall wird das Gelände sorgfältig mit Radaranlagen und eben auch Drohnen untersucht. Wenn irgendwo eine Ansammlung von Antennen entdeckt wird, mit deren Hilfe die Drohnenpiloten die Drohnen steuern, wird dieser Ort mit Artillerie angegriffen.”
Schwieriger ist es bei denjenigen Piloten, die aus Betonbunkern operieren, üblicherweise in Gruppen von fünf bis sieben Mann. Es gibt viele solche Befestigungen bei Slawjansk und Kramatorsk, wo Bunker seit 2014 gebaut wurden. Sie können nicht durch Artillerie, sondern nur durch FAB-Bomben zerstört werden.
Doch in jedem solchen Bunker muss es unbedingt Strom geben. Dieser wird von Dieselgeneratoren erzeugt. Gewöhnlich werden die Generatoren etwas abseits vom Bunker aufgestellt und ebenfalls getarnt, doch weil sie mit Dieseltreibstoff arbeiten, qualmen sie. Daher werden die Drohnenpiloten manchmal anhand der Abgase der Generatoren geortet.
Eine weitere Methode sind Mittel der radioelektronischen Aufklärung. Bilder von gegnerischen Drohnen können mithilfe spezieller Ausrüstung abgefangen und analysiert werden, um die Route der Drohne und den Standort des Piloten zu ermitteln.
Es gibt eine Taktik, bei der der Drohnenpilot ständig an neue Orte verlegt wird, beispielsweise mit einem Auto. Um die Drohne zusammenzubauen und zu kalibrieren, sind im Durchschnitt zehn bis 15 Minuten erforderlich. In dieser Zeit muss der Drohnenpilot geortet und mit Artillerie angegriffen werden.
Die Ukrainer selbst sind der Ansicht, dass sie dabei sind, den Drohnenkrieg zu verlieren. Das ukrainische Nachrichtenportal Dserkalo tyschnja (“Wochenspiegel”) schreibt:
“Russland handelt mit Verspätung, löst die Probleme aber systematisch, umfassend und zukunftsorientiert. Erstmals wurden im Donbass zivile Drohnen für Aufklärung durch Streitkräfte der Ukraine eingesetzt, doch inzwischen sind die ‘Mavics’ zu beiden Seiten der Front ein inoffizieller Standard. Die ersten Bombendrohnen und Kamikazedrohnen waren ukrainisch, doch Russland baute große Fabriken und holte den Rückstand schnell auf.”
Im Beitrag wird betont, dass der “technologische Vorteil der Ukraine” verloren und der Masseneinsatz von Drohnen inzwischen zu einem Vorteil der russischen Truppen geworden sei. Knutow bestätigt:
“Russen kommen langsam, aber gewaltig. Bis Jahresende haben wir alle Chancen, den Drohnenkrieg zu gewinnen.”
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei der Zeitung Wsgljad am 19. August.
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