
Von Andrei Restschikow
Am Mittwoch besuchte Wladimir Putin das Mandryka-Militärkrankenhaus des russischen Verteidigungsministeriums, in dem Soldaten aus der Zone der militärischen Sonderoperation behandelt und rehabilitiert werden. In der chirurgischen Abteilung unterhielt sich der Präsident mit Soldaten der 127. separaten Aufklärungsbrigade. Im Laufe des Gesprächs teilte Putin mit, dass Russland am Dienstag, dem 28. Oktober, das unbemannte Unterwasserfahrzeug “Poseidon” getestet habe. Er erklärte:
“Gestern haben wir einen weiteren Test eines vielversprechenden Komplexes durchgeführt – es handelt sich um das unbemannte Unterwasserfahrzeug ‘Poseidon’, das ebenfalls mit einem Atomantrieb ausgestattet ist. Zum ersten Mal ist es uns gelungen, es nicht nur mit dem Startmotor von einem Träger-U-Boot aus zu starten, sondern auch die Atomenergieanlage zu starten, mit der dieses Gerät eine bestimmte Zeit lang betrieben wurde.”
Putin bezeichnete dieses Ereignis als großen Erfolg, “denn neben all den Vorteilen, die ich in Bezug auf ‘Burewestnik’ erwähnt habe, sind auch hier die Maße minimal.” Er betonte:
“Wenn die Anlage dort tausendmal kleiner als ein Atomreaktor auf einem U-Boot ist, dann ist sie hier hundertmal kleiner als ein Atomreaktor auf einem U-Boot. Dafür übertrifft die Leistung des ‘Poseidon’ sogar die Leistung unserer vielversprechendsten Interkontinentalrakete ‘Sarmat’ bei weitem. Es gibt weltweit nichts Vergleichbares zur ‘Sarmat’, und bei uns ist sie noch nicht einmal im Einsatz, wird aber bald zum Einsatz kommen.”
Der Präsident betonte, dass “es weltweit nichts Vergleichbares hinsichtlich der Geschwindigkeit und Tiefe der Bewegung dieses unbemannten Fluggeräts gibt, in naher Zukunft kaum etwas Vergleichbares auf den Markt kommen wird und es keine Möglichkeiten gibt, es abzufangen.”
“Poseidon” ist eine Unterwasser-Drohne mit einem Atomantrieb, das eine Geschwindigkeit von bis zu 200 Kilometern pro Stunde ermöglicht. Äußerlich ähnelt sie einem großen Torpedo und kann sowohl mit konventionellen als auch mit nuklearen Sprengstoffen mit einer Sprengkraft von bis zu zwei Megatonnen ausgerüstet werden.
Der russische Staatschef berichtete erstmals 2018 in seiner Rede vor der russischen Föderalversammlung über die Entwicklung dieser Waffe. Damals sprach Putin auch über die Entwicklung des Marschflugkörpers “Burewestnik”, der ebenfalls mit einem Atomreaktor angetrieben wird. Laut Informationen aus offenen Quellen kann “Poseidon” zum Angriff auf Flugzeugträgerverbände, Küstenbefestigungen und die Infrastruktur des Gegners eingesetzt werden.
Über die erfolgreichen Tests von “Burewestnik” wurde dem Präsidenten Ende letzter Woche berichtet. Nach Angaben des russischen Generalstabschefs Waleri Gerassimow fanden die Tests am 21. Oktober statt. Der Marschflugkörper legte in 15 Stunden 14.000 Kilometer zurück. Dank seines Atomantriebs verfüge er über eine unbegrenzte Reichweite.
Experten weisen darauf hin, dass der Atommotor von “Poseidon” und “Burewestnik” trotz seiner Leistungsstärke keine Gefahr für die Umwelt darstelle, diesen Systemen jedoch einzigartige Eigenschaften verleihe.
In beiden Fällen umfasst der Atomantrieb nicht nur einen Reaktor, sondern auch ein System zur Umwandlung der freigesetzten Wärme in mechanische Energie. Alexei Anpilogow, Präsident des Fonds zur Unterstützung wissenschaftlicher Forschung und Entwicklung ziviler Initiativen “Osnowanije”, erklärt:
“In dieser Hinsicht unterscheiden sich Poseidon und Burewestnik in ihrem Umwandlungsteil, da sich diese beiden Geräte in unterschiedlichen Umgebungen bewegen.”
Während “Burewestnik” mit einem Turbostrahltriebwerk mit nuklearer Erwärmung des Arbeitsmediums ausgestattet ist, verfügt “Poseidon” über einen Wasserstrahl- oder Flügelpropeller, “der höchstwahrscheinlich von einer Dampfturbine angetrieben wird”. Er fügt hinzu:
“Eine Dampfturbine und eine Gasturbine sind Mechanismen mit unterschiedlichen thermodynamischen Zyklen. Eine Gasturbine arbeitet mit Luftkompression, eine Dampfturbine mit der Umwandlung von Dampf in Wasser und zurück.”
Was den Reaktor selbst betrifft, so gebe es gewisse Ähnlichkeiten, auf die die geometrischen Abmessungen von “Poseidon” und “Burewestnik” hinweisen. Der Experte meint:
“Es könnte sich jedoch um zwei verschiedene Reaktorkonfigurationen mit unterschiedlichen Kühlmitteln (Wasser oder Flüssigmetall) und aktiven Zonen sowie unterschiedlicher thermischer und elektrischer Leistung handeln.”
Dennoch arbeiten beide kompakten Reaktoren mit waffenfähigem Uran, das zu 70 Prozent und mehr angereichert ist. Dabei stellen die Reaktoren keine Gefahr für die Umwelt dar, da in Russland solche Systeme seit langem mit zwei Kreisläufen gebaut werden. Anpilogow erklärt:
“Der erste Kreislauf enthält in der Regel einen schwach aktivierten Wärmeträger. Beispielsweise verändern Natrium oder Blei selbst bei einem starken Neutronenfluss ihre chemische Zusammensetzung nicht und akkumulieren daher nur sehr wenig Radioaktivität.”
Er fügt hinzu, dass auch Helium oder leichtes Wasser als Wärmeträger verwendet werden können. Der Experte betont:
“Vor diesem Hintergrund sind die emotionalen Äußerungen der westlichen Presse über den Marschflugkörper ‘Burewestnik’, den sie dort als ‘fliegendes Tschernobyl’ bezeichnen, völlig unbegründet. Das ist nur ein Spiegelbild ihrer eigenen Ängste und Fehler. US-Amerikanische Raketen der gleichen Klasse wie ‘Pluto’, die in den 60er Jahren getestet wurden, arbeiteten mit einem Ein-Kreis-Reaktor, und die Luft, die durch den eigentlichen Reaktorkern strömte, wurde radioaktiv.”
Was die Kühlung des Reaktors angehe, so handle es sich dabei um eine “normale Funktion”, sagt Anpilogow und fügt hinzu:
“Im Fall von ‘Burewestnik’ ist es Luft, die als Arbeitsmedium für die Gasturbine verwendet wird. Im Fall von ‘Poseidon’ ist es höchstwahrscheinlich das Arbeitsmedium für die Dampfturbine.”
Anpilogow betont, dass “Poseidon” und “Sarmat” thermonukleare Sprengköpfe tragen:
“Eine Sprengkraft von 750 Kilotonnen (ein Sarmat-Sprengkopf) und zwei Megatonnen – das ist keine klassische Atombombe, deren Sprengkraft auf 100 bis 150 Kilotonnen begrenzt ist. Für thermonukleare Sprengköpfe gilt diese Begrenzung weitgehend nicht. Die Sprengkraft der Bombe AN602, die nicht mit voller Leistung getestet wurde, konnte bis zu 100 Megatonnen erreichen. Das Funktionsprinzip von ‘Poseidon’ basiert genau auf einer Sprengladung mit hoher Sprengkraft, um die Bewegung großer Wassermassen zu provozieren und ein künstliches Tsunami zu erzeugen.”
Seinen Worten zufolge werde das Konzept des Einsatzes von “Poseidon” in der russischen Nukleardoktrin nicht direkt erwähnt, “aber es ist klar, dass mit den heutigen Navigations- und Tarnsystemen die Idee darin besteht, Marinebasen durch eine Unterwasser-Atomexplosion zu zerstören”. Er argumentiert:
“Bei ‘Sarmat’ handelt es sich um eine klassische nukleare Explosion nach dem Eintreffen des Sprengkopfes einer Interkontinentalrakete am Ziel. Es handelt sich um eine Luft- oder Bodenexplosion. Sie zielt auf die Zerstörung gut befestigter Objekte des Feindes ab – Startrampen von Interkontinentalraketen, maximal vertiefte und geschützte Kommandoposten. Das heißt, mehr Energie wird in Lichtstrahlung umgewandelt als in eine Schockwelle, außerdem entsteht ein elektromagnetischer Impuls, der im Wasser praktisch nicht vorhanden ist. Aber nach dem Konzept von ‘Poseidon’ zu urteilen, wird eine einzelne Explosion größer sein als eine der Sprengköpfe von ‘Sarmat’. Allerdings wird eine ‘Sarmat’-Rakete möglicherweise eine größere Anzahl von Explosionen haben, wenn man sie mit zehn sich abtrennenden Sprengköpfen mit individueller Zielführung ausrüstet.”
Was die Unmöglichkeit betrifft, “Poseidon” und “Burewestnik” mit den vorhandenen Abwehrmitteln abzufangen, so ist die Tarnung des ersten aufgrund seiner Geräuscharmut und seiner Bewegung auf nicht offensichtlichen Bahnen zur Umgehung akustischer Erkennungssysteme möglich. Die Tarnung der zweiten Waffe wird durch die Möglichkeit gewährleistet, mehrere Tage, Wochen oder Monate lang in extrem geringer Höhe im Patrouillengebiet oder an geheimen Orten “irgendwo mitten im Pazifik” zu fliegen.
Igor Korotschenko, Chefredakteur der Zeitschrift Nazionalnaja Oborona (Nationale Verteidigung), sagt:
“Die ‘Poseidon’ wird Teil der strategischen Nuklearstreitkräfte Russlands sein. Es handelt sich um ein Mittel der Abschreckung und gleichzeitig um ein Mittel für Vergeltungsschläge, wenn gegen uns bereits Atomwaffen eingesetzt wurden.”
Seiner Einschätzung nach könnte ein einzelnes “Poseidon”-Unterwasserfahrzeug “die Marinebasis strategischer U-Boote der USA an der Atlantik- oder Pazifikküste vollständig zerstören.” Der Militäranalyst meint:
“Das Konzept des ‘Poseidon’ sieht den Einsatz von Träger-U-Booten vor. Es ist jedoch auch sinnvoll, die Frage einer separaten Stationierung zu prüfen, beispielsweise in halbtauchfähigen Containern mit der Möglichkeit des Starts von speziell ausgestatteten Standorten an der russischen Arktisküste.”
Korotschenko merkt an, dass man sich mit der Frage des militärischen Einsatzes der “Poseidon” nicht beeilen sollte. Auf jeden Fall falle die Waffe nicht unter den geltenden START-III-Vertrag und unterliege somit auch nicht dessen Beschränkungen. Sollte Donald Trump den russischen Vorschlag zur Verlängerung des START-III-Vertrags ignorieren, würde Russland diese Waffe ohne Rücksicht auf die Position der USA und anderer Atommächte, vor allem Großbritanniens und Frankreichs, in den Kampfdienst stellen, meint der Militärexperte.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 29. Oktober 2025 zuerst auf der Webseite der Zeitung “Wsgljad” erschienen.
Andrei Restschikow ist Analyst bei der Zeitung “Wsgljad”.
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