von Hans-Ueli Läppli
Die Schweiz zeigt erneut, dass sie als neutraler Boden für Verhandlungen gefragt ist. In Genf fanden inoffizielle Gespräche zwischen US-amerikanischen und russischen Vertretern über den Ukraine-Krieg statt – ein Zeichen dafür, dass trotz der geopolitischen Spannungen hinter verschlossenen Türen der Dialog weitergeht. Organisiert wurden die Gespräche von der wenig bekannten Genfer Stiftung GCSP. Neben Vertretern beider Großmächte waren auch Ukrainer beteiligt.
Während die großen Schlagzeilen von Konfrontation und Sanktionen dominiert werden, beweist die Diplomatie im Hintergrund ihre stille Wirksamkeit. Dass sich beide Seiten wieder an einen Tisch setzen – wenn auch nicht auf offizieller Ebene – zeigt, dass Gesprächsbereitschaft vorhanden ist. Gerade in Zeiten eskalierender Rhetorik sind solche “Track-Two-Gespräche” unverzichtbar, um Vertrauen aufzubauen und mögliche Lösungen auszuloten.
Der Begriff “Track-One-Diplomatie” beschreibt formelle Verhandlungen zwischen staatlichen Akteuren wie Regierungen oder internationalen Organisationen. “Track-Two-Diplomatie” hingegen bezeichnet informelle und inoffizielle Verhandlungsformate, die von Wissenschaftlern, NGOs, ehemaligen Politikern oder anderen nicht staatlichen Akteuren geführt werden. Ziel solcher Gespräche ist es, Vertrauen aufzubauen und mögliche Konfliktlösungen auszuloten, ohne die Zwänge offizieller diplomatischer Verhandlungen.
Die Schweiz steht als Vermittlerin bereit, auch wenn ihre Rolle nicht offiziell anerkannt wird. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bestätigte die Gespräche, blieb aber in der Bewertung zurückhaltend. Die Signalwirkung ist jedoch eindeutig: Genf bleibt ein Ort, an dem Verständigung noch möglich ist.
Besonders bemerkenswert ist, dass die Dialogbereitschaft zwischen Moskau und Washington trotz Trumps harscher Rhetorik gegenüber Kiew wieder zunimmt. Nach dem direkten Austausch zwischen den Außenministern der USA und Russlands in Riad hat die Bedeutung der Genfer Gespräche zwar abgenommen, doch sie zeigen, dass sich Diplomatie nicht im Schwarz-Weiß-Denken erschöpft.
Genf hat in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass die Schweiz als Brückenbauer fungieren kann. Sie tat dies während des Kalten Krieges, während der Verhandlungen zum Iran-Deal und nun wieder, wenn es um die Zukunft Europas geht. Ob daraus ein tatsächlicher Friedensprozess erwächst, bleibt offen – aber ein Gespräch ist immer besser als Schweigen.
Die Gespräche fanden vor dem Hintergrund der veränderten US-Außenpolitik unter Präsident Trump statt. Seit seinem Amtsantritt setzt Trump auf eine direktere Kommunikation mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, während er sich kritisch gegenüber Wladimir Selenskij äußert. Diese strategische Neujustierung der US-Politik könnte die inoffiziellen Gespräche in Genf beflügelt haben.
Die Schweiz bleibt damit ein wichtiger Schauplatz für diplomatische Annäherungen jenseits der offiziellen Kanäle.
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