Der Einmarsch der ukrainischen Streitkräfte in das Gebiet Kursk und Dutzende abgeschossener Drohnen und Raketen, die auf das Atomkraftwerk Smolensk zuflogen, erhöhen die Risiken für die nukleare Sicherheit und erfordern eine Reaktion der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), sagte der Chef des russischen Atomkonzerns Rosatom, Alexei Lichatschjow. Auf einer Pressekonferenz nach Gesprächen mit IAEO-Chef Rafael Grossi in Moskau erklärte er:
“Meiner Meinung nach steigt das Risiko von Angriffen durch die ukrainischen Streitkräfte. Wir sehen dies an der Zahl der abgeschossenen Drohnen und Raketen sowie an der Zahl der Artillerieeinschläge, die praktisch in der Nähe des AKW Saporoschje erfolgen, und das ist ein Grund zur Sorge. Auch der Druck, der heute auf das Personal ausgeübt wird: Drohungen, terroristische Anschläge – all das ist natürlich ein Verstoß gegen die Sicherheitsgrundsätze der IAEO.”
Der zweite Punkt, so Lichatschjow weiter, sei “die Ausweitung der Risiken in den letzten Monaten und Wochen”. Der Leiter von Rosatom sagte:
“Das ist der Einmarsch der ukrainischen Streitkräfte in das Gebiet Kursk und die entsprechenden Risiken für das AKW Kursk. Das sind Dutzende abgeschossene Drohnen, Raketen im Anflug oder auf das AKW Smolensk, ein Angriff auf die Energieinfrastruktur – all das erhöht leider die Risiken für die nukleare Sicherheit, erfordert von uns entsprechende Maßnahmen und eine angemessene Reaktion der IAEO.”
Moskau habe die IAEO über die aktuelle Situation informiert und schätze ihre Beteiligung an der Gewährleistung der Sicherheit. Insbesondere sei die 27. Mission der Experten der Organisation zum Atomkraftwerk Saporoschje in Vorbereitung, so Lichatschjow. Der Leiter von Rosatom fügte hinzu:
“Die Situation an der Kontaktlinie ist nicht einfach, die Bedrohung wächst. Es liegt auf der Hand, dass in dem Maße, in dem wir uns der Entwicklung und dem Abschluss des Konflikts nähern, mehr auf dem Spiel steht, was bedeutet, dass unsere Beziehungen zur IAEO und die Bereitstellung der ehrlichsten, unvoreingenommensten und objektivsten Informationen über die nuklearen Risiken und die Maßnahmen, die wir zur Vermeidung dieser Risiken ergreifen, für die internationale Gemeinschaft von noch größerem Wert sein werden.”
Am 7. Februar fand in Moskau ein Treffen zwischen Rafael Grossi und der russischen Delegation statt, der Alexei Lichatschjow, Vertreter vom Föderalen Dienst für Umwelt-, Technologie- und Nuklearaufsicht Rostechnadsor, Strafverfolgungsbehörden und des Außenministeriums Russlands angehörten. Zuvor, am 4. Februar, war der IAEO-Chef in die Ukraine gereist, wo er das Umspannwerk in Kiew besuchte und mit dem ukrainischen Führer Wladimir Selenskij zusammentraf.
Am 29. Januar griff eine Drohne der ukrainischen Streitkräfte das Atomkraftwerk Smolensk an. Die Luftabwehrkräfte schossen sie ab, wie Gouverneur Wassili Anochin berichtete. Das Kraftwerk erklärte, dass es nach dem Angriff wieder normal arbeite.
Die ukrainischen Streitkräfte sind am 6. August in das Gebiet Kursk eingedrungen; die Kämpfe in der Region dauern noch an. In der Stadt Kurtschatow befindet sich das Atomkraftwerk Kursk. Der russische Präsident Wladimir Putin berichtete über ukrainische Versuche, die Anlage anzugreifen. Das ukrainische Außenministerium behauptete, dass die ukrainischen Streitkräfte angeblich nicht die Absicht hätten, die Atomkraftwerke Kursk oder Saporoschje anzugreifen.
Mehr zum Thema – IAEA-Chef Grossi: Lage um AKW Kursk bleibt angespannt