
Die 2002 eingeführte Riester-Rente ist alles andere als ein Erfolgsprojekt. Schon allein deshalb, weil die Regierung Schröder, die diese Form einer privaten Rentenzusatzversicherung einführte, sich bei dem verfügbaren Einkommen großer Bevölkerungsgruppen so weit verschätzte, dass diejenigen, die damit vorsorgen sollten, dafür gar nicht das Geld übrig hatten, und die staatliche Förderung, die auf diese Verträge erfolgt, bei den vergleichsweise Wohlhabenden endete.
Inzwischen hat sie vor allem die Märkte übernommen, die zuvor von Lebensversicherungen und Bausparverträgen bedient wurden. 2014 gab es in Deutschland knapp 15 Millionen Riester-Verträge, von denen aber nach Schätzungen des Bundesarbeitsministeriums “gut ein Fünftel bis knapp ein Viertel” ruhend gestellt sind. Was bedeutet, dass die Versicherten die Raten nicht finanzieren können.
Von dem Urteil, das heute vom Bundesgerichtshof gefällt wurde, sind nur diejenigen Riester-Verträge betroffen, die Investmentfondsverträge sind. Genauer gesagt geht es um Investmentfondsverträge, die zwischen Juni und November 2006 bei der Allianz geschlossen wurden. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hatte gegen eine Klausel in diesen Verträgen geklagt.
Bei diesen Verträgen wird die später einmal auszuzahlende Rente nach einer Formel festgelegt, in die auf der einen Seite die vom Versicherungsunternehmen angenommene Lebenserwartung des Versicherten und auf der anderen Seite die angenommene Verzinsung der erworbenen Fondsanteile angehen. Die betroffene Klausel sieht nun eine Verringerung der Rentenzahlung vor, wenn die Lebenserwartung steigt oder wenn die angenommene Verzinsung sinkt.
Das ist vor allem angesichts des Datums der Verträge interessant, die Gegenstand des Verfahrens waren: Die Finanzmarktkrise 2008 führte zu einer über Jahre anhaltenden Nullzinspolitik, die natürlich auch entsprechende Auswirkungen auf die Verzinsung von Fonds hatten.
Der Bundesgerichtshof hatte es diesmal mit gegenläufigen Entscheidungen der Vorinstanzen zu tun. Das Landgericht hatte ursprünglich die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht in Baden-Württemberg hatte jedoch dem Versicherer die Verwendung dieser Klausel untersagt. Daraufhin ging die Allianz in Revision vor dem Bundesgerichtshof.
Der stellt nun fest, dass das Urteil des Oberlandesgerichts standhält. Kernpunkt ist vor allem, dass diese Klausel zwar vorsah, die Renten zu kürzen, wenn die Verzinsung der Fondsanteile sich verschlechterte, aber im Gegenzug unterließ, sie auch entsprechend zu verbessern, wenn sich die Verzinsung nach oben bewegte. Es gebe zwar eine Überschussbeteiligung, aber davon könne der Versicherer einen Anteil abziehen. Eine Zusicherung, eventuell zu korrigieren, könne das nicht ausgleichen.
“Aus diesen Gründen benachteiligt das Fehlen einer Verpflichtung des beklagten Versicherers zur Wiederheraufsetzung des Rentenfaktors auch unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben, so dass die beanstandete Klausel auch wegen Verstoßes gegen §307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.”
Das Urteil gilt jedoch nicht nur für Verträge, die im erwähnten Zeitraum geschlossen wurden, und auch nicht nur Verträge der Allianz. Damit sind derartige Klauseln in sämtlichen Versicherungsverträgen unwirksam, ohne dass dies von den Versicherten gesondert eingeklagt werden muss. Immerhin ein Makel weniger.
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