Der frühere österreichische Finanzminister Karl-Heinz Grasser sieht sich am Tiefpunkt seiner Karriere. Beim Bezirksgericht Kitzbühel stellte er einen Antrag auf Privatinsolvenz.
Dies bestätigte der Kreditschutzverband KSV1870. Die Justiz prüfe derzeit, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Schuldenregulierungsverfahren vorliegen. Details zu dem Antrag wurden bisher nicht veröffentlicht.
Die Privatinsolvenz ist für zahlungsunfähige Privatpersonen ohne unternehmerische Tätigkeit vorgesehen. Ziel ist ein wirtschaftlicher Neustart – in Grassers Fall mutmaßlich ausgelöst durch exorbitante Prozesskosten und den bevorstehenden Haftantritt.
Grasser war im sogenannten Buwog-Prozess vom Obersten Gerichtshof rechtskräftig zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Gemeinsam mit dem ehemaligen Lobbyisten Walter Meischberger muss er 9,8 Millionen Euro Schadenersatz an die Republik Österreich zahlen. Die schriftliche Urteilsausfertigung wurde Anfang der Woche zugestellt, womit die Frist zum Haftantritt nun offiziell läuft. Innerhalb von 30 Tagen muss Grasser seine Haft antreten.
Im Zentrum des Prozesses stand die Privatisierung von rund 60.000 Bundeswohnungen im Jahr 2004. Dabei sollen zwei enge Vertraute Grassers, Walter Meischberger und Peter Hochegger, Provisionen in Höhe von 9,6 Millionen Euro kassiert haben – unter fragwürdigen Umständen. Diese Zahlungen gelten als Indizien für illegale Absprachen und Korruption.
Grassers Verteidiger, Manfred Ainedter, erklärte, sein Mandant habe über Jahre kein Einkommen bezogen und sei durch die Verfahrenskosten massiv belastet. Eine andere Lösung als die Privatinsolvenz habe es nicht mehr gegeben.
Ob Grasser die Millionenforderung damit tatsächlich loswird, ist allerdings fraglich. Laut österreichischem Insolvenzrecht bleiben Schulden aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen auch nach einem Abschöpfungsverfahren bestehen. Nur durch eine Einigung mit der Finanzprokuratur könnte er einen Zahlungsaufschub oder Schuldenerlass erreichen – ein langwieriger und rechtlich komplexer Prozess.
Der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) geht davon aus, dass das Verfahren in den kommenden Tagen eröffnet und ein Insolvenzverwalter eingesetzt wird.
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