Ein halbes Jahr nach dem Ausbruch einer schweren politischen Krise in Südkorea hat das Land nun wieder einen gewählten Präsidenten. Der Mitte-links-Politiker Lee Jae-myung trat am Mittwoch offiziell das höchste Amt der Republik Korea an, nachdem er die vorgezogene Präsidentschaftswahl mit 49,4 Prozent der Stimmen gewonnen und sich somit gegen seinen konservativen Herausforderer Kim Moon-soo durchgesetzt hatte.
In seiner Antrittsrede erläuterte der neue Staatschef die Richtlinien seiner Politik. Das wichtigste Ziel sei, dass die Wirtschaft wieder kräftig wachse und dass sich das Land stark entwickle. Um diesen Plan in die Tat umzusetzen, läutete Lee die Ära des Pragmatismus im Verhältnis mit den Nachbarn und Verbündeten an. Mit der pragmatischen Diplomatie, die sich auf die nationalen Interessen konzentrieren werde, werde Südkorea die Transformationskrise in den Bereichen Wirtschaft und Sicherheit in eine Gelegenheit für sich verwandeln. In diesem Zusammenhang zeigte sich der Politiker bereit, den Dialog mit der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK) wiederaufnehmen:
“Wir werden Kommunikationskanäle öffnen sowie den Dialog und die Kooperation mit dem nördlichen Nachbarn fortsetzen, um einen dauerhaften Frieden auf der Koreanischen Halbinsel zu ermöglichen.”
Gleichzeitig kündigte Lee eine engere Zusammenarbeit mit den USA und Japan an. Die starke Militärallianz der drei Länder solle weiterhin als Abschreckung dienen und einer potenziellen Bedrohung aus dem Norden entgegenwirken.
Mit Blick auf die Zollpolitik von US-Präsident Trump warnte Lee vor zunehmendem Protektionismus und der Umstrukturierung von Lieferketten. Diese seien eine existentielle Bedrohung für das stark auf Exporte angewiesene Land.
In Bezug auf seine inländische Politik erklärte der Staatschef, dass er die innere Spaltung in Südkorea beenden werde. Die Krise solle mit der nationalen Einigkeit überwunden werden.
Die vorgezogene Wahl war ausgerufen worden, nachdem der frühere konservative Staatschef Yoon Suk-yeol wegen seiner Verkündung des Kriegsrechts im Dezember vom Parlament abgesetzt worden war. In der Zwischenzeit wechselten sich mehrere Übergangspräsidenten in diesem Amt ab. Es gab Massenproteste für und gegen Yoon. Anfang April bestätigte das Verfassungsgericht die Entmachtung des früheren Präsidenten.
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