In schwierigen Zeiten laden die Grünen zum Bundesparteitag. Die Delegierten versammeln sich vom 14. Oktober bis zum 16. Oktober in Bonn. Die Antragsliste ist lang und zeigt die Heterogenität der Partei. Insbesondere bei den Themen Ukraine und Russland gibt es an der Parteibasis Unterschiede. Auf der einen Seite finden sich Anträge, die den Krieg verurteilen, der laut einer Antragstellerin bereits 2014 begann und schon vor dem Februar tausende Zivilisten in Donezk und Lugansk das Leben kostete, bis hin zu Forderungen nach Gesprächen und der Rückkehr zum Prinzip, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern. Insgesamt überwiegt allerdings das antirussische Ressentiment.
Auch im Bereich Energiewende liegen die Konfliktpunkte offen, denn bedingt durch die Sanktionen und den Verzicht auf russische Energieträger plant die Bundesregierung die Verlängerung der Laufzeiten für Kohlekraftwerke und diskutiert die Rückkehr zur Atomenergie – Vorhaben, die diametral zur grünen Agenda stehen.
Am Samstag wird Außenministerin Annalena Baerbock um Unterstützung der Delegierten für ihre Außenpolitik werben. Neben feministischer Außenpolitik sind eine bedingungslose Ausrichtung auf NATO und den Transatlantizismus, Aufrüstung sowie eine konfrontative Gangart gegenüber Russland und China Akzente, die von der Außenministerin bisher gesetzt wurden.
Baerbock formulierte zudem einen gemeinsamen Führungsanspruch von Deutschland und den USA. Erkennbar eigene Haltungen und Standpunkte jenseits des Transatlantizimus, die Deutschland als Gesprächspartner auf dem internationalen diplomatischen Parkett interessant machen könnten, formulierte Baerbock dagegen bisher nicht.
Begleitet wird der Parteitag von Workshops, in denen den Delegierten die Möglichkeit zum Austausch mit Staatssekretären gegeben wird, die Vorgänge und Prozesse im Regierungsablauf erläutern. Zum ersten Mal seit 2019 findet der Parteitag wieder in Präsenz statt.
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