Im Streit um ukrainische Agrarimporte ergreift der deutsche Landwirtschaftsminister Cem Özdemir das Wort. Özdemir verteidigte sowohl den von EU-Unterhändlern gefundenen Kompromiss als auch die Interessen der Ukraine. Den gegen den Kompromiss protestierenden polnischen Bauern und dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán wirft Özdemir derweil vor, sie würden “putinsche Propaganda” verbreiten.
Erst in der vergangenen Woche hatte die EU angekündigt, die zollfreie Einfuhr von Agrargütern aus der Ukraine bis 2025 verlängern zu wollen. Dabei sollten allerdings für einige Produkte Obergrenzen eingezogen werden. Überschreiten die Importe aus der Ukraine diese Grenzen, fallen Zölle an.
Die EU-Kommission argumentierte, dass im Fall von Einfuhrverboten ukrainische Bauern Einkommenseinbußen in Höhe von 1,2 Mrd. Euro zu verkraften hätten.
Streit gibt es nun um die Bemessungsgrenzen und um den Korb von ukrainischen Erzeugnissen, für den diese Regelung gelten soll. Vor allem Ungarn und Polen, aber auch Frankreich fordern härtere Bestimmungen. Die Kommission hat statt härteren Einfuhrbeschränkungen gegenüber ukrainischen Agrarprodukten indes vorgeschlagen, die Einfuhr von russischem Getreide und Ölsaaten mit Strafzöllen zu belegen. Sie hofft, so die Preisdynamik zugunsten der EU-Erzeuger zu verschieben.
Nun hat sich der deutsche Landwirtschaftsminister in der Debatte zu Wort gemeldet. Der sinkende Getreidepreis liege nicht an ukrainischen Importen, behauptet der Minister. Es gebe dafür keine Belege. Man verteidige die Ukraine auch dadurch, “dass man sich an putinscher Propaganda nicht beteiligt”, fügte Özdemir hinzu.
Wer einen Zusammenhang zwischen Angebot, Nachfrage und Preis suggeriert, verbreitet russische Propaganda, lässt sich aus dem vom Minister Gesagten schließen. Weitere Verhandlungen und ein Aufschnüren des bereits gefundenen Kompromisses lehnt Özdemir ab.
“Aber an dem sollten wir jetzt bitte schön festhalten und jetzt nicht noch mal draufsatteln und noch weitere Dinge hier an Auflagen machen.”
Wie in zahlreichen anderen Ländern streiken in Polen seit Monaten die Landwirte gegen die Agrarpolitik der EU. Polen schließt inzwischen Grenzschließungen nicht mehr aus.
Der gefundene Kompromiss muss noch das EU-Parlament und den Ministerrat passieren. Dass die Ausführungen Özdemirs dort Gehör finden, darf bezweifelt werden.
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