Von Dagmar Henn
Der Bundestag ist, ganz im Gegensatz zu dem, was anlässlich des vermeintlichen “Sturms” durch “Reichsbürger” erzählt wurde, mitnichten offen zugänglich. Besucher müssen nicht nur vorab namentlich angemeldet werden, sie müssen auch durch eine Sicherheitsschleuse wie an Flughäfen. Das gilt sowohl für den Haupteingang als auch für Besuche in den Abgeordnetenbüros.
Mit der Transparenz, für die einmal die gläserne Kuppel stehen sollte, die der Architekt Norman Foster für den wiederhergestellten Bau entworfen hat, hat das nicht mehr allzu viel zu tun. Denn den Genuss dieser Transparenz muss man sich erst einmal verdienen. Die Furcht der Abgeordneten vorm Volk ist so groß, dass inzwischen “stichprobenartig anlassunabhängige Sicherheitskontrollen”, also vermutlich komplette Durchsuchungen, erlaubt sein sollen. So hat das der Ältestenrat des Bundestags jüngst beschlossen. Und weil eine ehemalige AfD-Abgeordnete am Rollator-Putsch beteiligt sein soll, müssen jetzt selbst ehemalige Bundestagsabgeordnete eine “Zuverlässigkeitsüberprüfung” über sich ergehen lassen, ehe sie die heiligen Hallen betreten dürfen.
Das alles reicht natürlich nicht. Da ist auch noch der bereits 2018 beschlossene Graben in petto, der ab 2025 bis 2029 verwirklicht werden soll. “Was, ab 2025? Für einen zehn Meter breiten und 2,5 Meter tiefen trockenen Graben? Sowas zieht ein vernünftiger Baggerfahrer an zwei Tagen”, höre ich schon das empörte Publikum raunen.
Selbstverständlich geht sowas schneller. Aber zum einen soll der Graben ja nicht sichtbar sein; das Gelände soll weiterhin so tun, als wäre es zugänglich, es aber nicht sein. Und zum anderen steht der Bundestag schließlich in Berlin. Da sind fünf Jahre für so einen Graben gewissermaßen die kulturell vorgegebene Unterkante.
Populisten würden sicher fordern, der Graben solle mit Wasser gefüllt sein, damit Berlin wenigstens ein kostenloses Freibad davon hätte. Aber ehrlich – kostenlose Freibäder passen weder zu dieser Stadt noch zu dieser Bundesregierung. Eine immerwährende Baugrube allerdings schon. Sie werden es schon noch schaffen, die Fertigstellung weiter zu verzögern und währenddessen die Baukosten zu verdreifachen. Selbst wenn keine Zauneidechsen gefunden werden sollten oder ein preußischer Pickelhelm eine Ausgrabung erforderlich macht.
Mit etwas Geschick könnte man das schlammige Loch zum Kunstwerk erklären oder seine Gestaltung jährlich neu ausschreiben. Mal ein Getreidefeld zur Erinnerung daran, dass auch Habecks Geschwätz nicht satt macht, oder eine Cannabisplantage (wofür die stehen könnte, weiß ich nicht, aber die Berliner freut das sicher). Auch als Stellfläche für die Zelte Berliner Obdachloser könnte die Grube geeignet sein, wenn man ein paar Treppen einbaut.
Bedauerlich nur, dass Abgeordnete üblicherweise den Zugang durch den Tunnel und nicht durch den Haupteingang wählen. Sonst hätte eine Schlammgrube auf dem Weg zum Parlament zumindest einen Vorteil: Für eine kurze Zeit hätten auch Berliner Abgeordnete wieder etwas Bodenhaftung. Aber leider eben erst frühestens 2025.
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