Die Entscheidung der Ukraine, den Transit von russischem Erdgas nach Europa einzustellen, wird das Land jährlich bis zu einer Milliarde US-Dollar kosten, da Kiew keine Gebühren mehr von Moskau erhält, berichtete Reuters am Mittwoch. Die Regierung plant, den finanziellen Schaden durch eine drastische Erhöhung der Gastarife für die nationale Industrie auszugleichen, so die Nachrichtenagentur weiter.
Regierungschef Wladimir Selenskij lobte den Schritt und nannte ihn “ein historisches Ereignis”, das Russland “finanzielle Verluste” bescheren werde. Zu den Auswirkungen, die die Entscheidung auf die ukrainische Wirtschaft haben könnte, äußerte er sich jedoch nicht.
Nach Angaben von Reuters hat die Ukraine ihre Tarife für den inländischen Gastransport im Wesentlichen vervierfacht. Ab dem 1. Januar 2025 beträgt der neue Tarif 502 Griwna (11,79 Euro) pro 1.000 Kubikmeter, bisher waren es 124 Griwna. Diese Änderung könnte die ukrainische Industrie jährlich mehr als 1,6 Milliarden Griwna (37,2 Millionen Euro) kosten, so die Agentur in einem weiteren Bericht, der diese Woche veröffentlicht wurde.
Das ukrainische Transitnetz ist mit den Pipelinesystemen der Republik Moldau, Rumäniens, Polens, Ungarns und der Slowakei verbunden, die wiederum bis nach Österreich und Italien reichen. Die EU-Kommission hat versucht, die Auswirkungen der Beendigung des Gasabkommens herunterzuspielen, und erklärte, dass die Gasinfrastruktur der EU flexibel genug sei, um Gas nichtrussischen Ursprungs zu liefern.
“Sie wurde ab 2022 durch erhebliche neue LNG-Importkapazitäten [Flüssigerdgas] verstärkt”, sagte ein Sprecher der Kommission vor Journalisten.
Bloomberg berichtete zudem am Donnerstag, die Nachricht, dass die Ukraine den russischen Gastransit stoppt, werde voraussichtlich einen Anstieg der LNG-Preise in Asien auslösen, und fügte hinzu, dass die europäischen Verbraucher immer noch etwa fünf Prozent ihres Gases ersetzen müssen. Der Transitstopp hat bereits dazu geführt, dass die Preise in der EU zum ersten Mal seit über einem Jahr auf 50 Euro pro Megawattstunde gestiegen sind.
Kiews Schritt rief zudem deutliche Kritik aus Bratislava hervor. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico äußerte sich besorgt über die Auswirkungen auf sein Land und beklagte die Dominanz “egoistischer nationaler Interessen” und “unsinniger geopolitischer Ziele” in der EU.
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