Eine am Dienstagabend auf Facebook veröffentlichte Weihnachtsbotschaft des Bautzener Landrats Udo Witschas (CDU) schlägt in Deutschland derzeit hohe Wellen. In dem zweieinhalb minütigen Video hatte der Landrat vorrangig die Unterbringung von Flüchtlingen thematisiert. Denn im Landkreis sollten diese angesichts der Vielzahl besorgter Bürger seiner Ansicht nach weder in Turnhallen noch in dezentralen Unterkünften untergebracht werden. “Es ist nicht unsere Absicht, den Sport, ob nun den Schul- oder Freizeitsport, jetzt für diese Asylpolitik bluten zu lassen.”
Auch wolle das Landratsamt nicht “Menschen, die zu uns kommen, die unsere Kultur nicht kennen, die unsere Regularien nicht kennen, jetzt hier in Mehrfamilienhäusern und frei stehenden Wohnungen unterbringen und dafür die Gefährdung des sozialen Friedens in Kauf nehmen”. Dies erklärte der CDU-Politiker und erntet dafür nun massive Kritik.
Während sich die CDU nur kurze Zeit später von den Aussagen ihres Parteikollegen distanzierte, warf der sächsische Grünen-Politiker Nino Haustein dem Landrat auf Twitter gar vor, mit seinen Äußerungen “Rassismus und Minderheitenhetze” zu betreiben.
Andere, darunter Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke), merkten an, dass Witschas Weihnachtsrede mit dem Geist des Weihnachtsfestes und dem “C” im Kürzel seiner CDU kollidiere. “Ein CDU Mitglied (C steht angeblich für christlich) erklärt den Bürgern, warum Schutz suchende Menschen, in keine leer stehende Wohnung rein dürfen und wünscht dann ‘gesegnete Weihnachten'”, kritisierte Ramelow in einem Tweet:
“Die Weihnachtsgeschichte hat er nicht verstanden! Wirklich nicht!“
Scharfe Kritik gab es auch vonseiten der sächsischen Landesregierung. Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) und Justizministerin Katja Meier (Bündnis 90/Die Grünen) mahnten Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), dass die Rede des Landrats nicht unwidersprochen bleiben dürfe. Die Sprache dieser sei “zündelnd”, so Dulig, es handle sich um eine Hassrede. Auf Twitter attestierte der Minister dem Landrat später gar eine “menschenverachtende Grundhaltung”. Meier warf Witschas hingegen vor, Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde mit Füßen zu treten.
Beistand erhielt der Bautzener Landrat lediglich von Kretschmer, der sich entgegen der Forderung seiner Kabinettskollegen nämlich nicht von den umstrittenen Äußerungen seines Parteifreundes distanzierte. In einem am Mittwoch ausgestrahlten Interview mit dem TV-Sender Welt kritisierte der Ministerpräsident stattdessen, dass die Aussagen Witschas von den Medien “völlig aus dem Kontext gerissen und verkürzt wiedergegeben worden” seien. Dadurch entstehe “ein völlig falscher Eindruck”.
Laut Kretschmer zeige der Fall einmal mehr, wie Nachrichten “instrumentalisiert” werden können. So seien die Aussagen Witschas tatsächlich nicht im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise allgemein, sondern im Kontext der Bemühungen in Hoyerswerda (Kreis Bautzen) zu betrachten, wo die Suche nach anderen Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge zuvor gescheitert war. Auch sei die Unterbringung dieser in einer Gemeinschaftsunterkunft im dortigen Kreistag nicht von Witscha oder anderen CDU-Funktionären selbst, sondern vielmehr von AfD und Linkspartei abgelehnt worden. Das wiederum decke sich mit unseren Standards in Deutschland, so Kretschmer:
“Wir wollen in Sachsen nicht, dass Turnhallen zur Unterbringung genutzt werden. Und darauf bezieht sich das Ganze.“
Witscha selbst wies den Vorwurf einer generellen Ablehnung der Unterbringung von Flüchtlingen am Mittwoch “in aller Entschiedenheit” zurück. Wie zuvor auch schon Kretschmer verwies der Landrat auf Facebook darauf, dass bei der viral gegangenen Version seiner Rede “eine stark reduzierte Fassung verwendet” worden ist, die “den eigentlich thematischen Kontext absichtlich ausspart”. Gleichzeitig stellte der Landrat klar, dass im Kreis Bautzen schlicht die Frage im Raum stehe, wie man “der gesetzlichen Pflichtaufgabe zur Unterbringung von Flüchtlingen” gerecht werde. “Ich habe für das Problem, das uns jetzt bevorsteht, auch noch keine Lösung”, schrieb Witschas. Er bat die Bevölkerung um Geduld bei der Lösungssuche.
Mehr zum Thema – Krisen- und Insolvenzticker – Haselhoff warnt: Kommunen wegen Flüchtlingen kurz vor dem “Kipppunkt”