Nach dem jüngsten Angriff der USA auf Irans Atomanlagen wird bereits darüber spekuliert, ob es Iran gelungen ist, das hochangereicherte Uran und die wichtigen Komponenten vor Angriffen der USA und Israels in Sicherheit zu bringen. Aufgrund der wackeligen Waffenruhe wird die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) derzeit nicht in der Lage sein, die Bestände Irans zu erfassen. Laut Informationen der IAEO verfügte Iran vor dem US-Angriff über 400 Kilogramm hochangereichertes Uran (HEU) mit einer Reinheit von 60 Prozent.
Trump feierte nach dem Angriff auf Atomanlagen in Iran die “Vernichtung des Atomprogramms”. Die Triumphbekundungen Trumps lenken aber von einer entscheidenden Tatsache ab: Den Amerikanern scheint nicht bewusst zu sein, wo sich der iranische Uranvorrat befindet. Laut einem internen US-Papier, das die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, als “grundfalsch” abtat, soll Teheran einen großen Teil davon vor den Bombardierungen fortgeschafft haben.
Es gibt nämlich Berichte, denen zufolge Iran seine Vorräte an hochangereichertem Uran vor dem US-Angriff an sichere Orte gebracht hat. Dabei ist anzumerken, dass Satellitenbilder ungewöhnliche Aktivitäten in der Atomanlage Fordo wenige Tage vor dem US-Angriff zeigen. Hochauflösende Satellitenbilder, die am 19. und 20. Juni aufgenommen wurden, zeigen eine ungewöhnliche Ansammlung von Lastwagen und Fahrzeugen in der Nähe des Eingangs zur unterirdischen Brennstoffanreicherungsanlage.
Iran hat die Zusammenarbeit mit der Atomenergiebehörde seit der US-Militärintervention ausgesetzt. IAEA-Chef Rafael Grossi sprach am Wochenende in einem Interview über das mutmaßlich vor einem US-Angriff verschonte, hochangereicherte Uran in Iran und widersprach damit den Aussagen von US-Präsident Donald Trump. Laut Grossi könnten die Iraner “binnen Monaten” oder sogar “weniger” wieder mit einigen Kaskaden von Zentrifugen Uran anreichern.
Wie auch die Financial Times bereits zuvor unter Berufung auf europäische Beamte berichtete, seien die iranischen Bestände an hoch angereichertem Uran nach den US-Angriffen auf die wichtigsten Atomanlagen des Landes vermutlich weitgehend intakt.
Die USA haben laut Washington Post private Telefonate iranischer Vertreter abgehört. Wie die Zeitung am Sonntag unter Berufung auf vier Personen berichtete, die mit geheimen Informationen innerhalb der US-Regierung vertraut sind, spielten abgefangene Nachrichten iranischer Beamter das Ausmaß der durch US-Angriffe auf das iranische Atomprogramm verursachten Schäden herunter.
Im Rahmen des früheren Atomabkommens (JCPOA) war Iran dazu berechtigt, 300 Kilogramm Uran auf 3,7 Prozent anzureichern. Später zogen sich die USA aus diesem Abkommen zurück. Daraufhin hob Teheran alle bestehenden Beschränkungen auf.
Laut Angaben der IAEA hat Iran bis zum 8. Februar 2025 folgende Anreicherungsergebnisse erzielt:
• 2.927 Kilogramm – bis zu 2 Prozent;
• 3.655 Kilogramm – bis zu 5 Prozent;
• 606,8 Kilogramm – bis zu 20 Prozent;
• 274,8 Kilogramm – bis zu 60 Prozent.
Am Standort Fordo befand sich das Hauptlager für das hoch angereicherte Uran, darunter 166,6 Kilogramm Uran, das zu 60 Prozent angereichert war.
Hätten die US-Bombenangriffe diese wichtigste Atomanlage schwer getroffen, wäre es unweigerlich zu einer technologischen Katastrophe mit regionalem Ausmaß gekommen. Das Gebiet wäre ähnlich wie Tschernobyl oder Fukushima verseucht worden. Nach der mutmaßlichen Zerstörung iranischer Atomanlagen, etwa in Fordo, meldet die Internationale Atomenergiebehörde keine messbare Strahlung. Iran hat Berichte über austretende Strahlung aus der Atomanlage Fordo dementiert. Medienberichten zufolge wurden zwar nahe der Anlage Explosionen gemeldet, und die Flugabwehr wurde aktiviert, aber es gebe keine Hinweise auf einen Austritt von Strahlung.
Trump hat womöglich eine komplizierte Situation geschaffen. Er hat Bomben auf Iran abgeworfen und muss das Land nun mutmaßlich am Verhandlungstisch davon überzeugen, seinen Uranvorrat abzugeben.
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