Von Maria Müller
In seiner Rede zum Regierungserlass vom 18. Februar sagte der mexikanische Präsident, Andrés Manuel López Obrador (auch bekannt als AMLO):
“Erdöl und Lithium gehören der Nation, sie gehören den Menschen Mexikos, sie gehören allen, die in der Region Sonora leben.”
Der Präsident deklarierte zudem 234.855 Hektar im nördlichen Bundesstaat Sonora, nahe der Grenze zu den Vereinigten Staaten, zur Lithium-Reservezone.
Mexiko besitzt ein großes Lithiumvorkommen. Das Material ist für die Herstellung von Batterien für Elektrofahrzeuge und zahlreiche Technologien unentbehrlich. Laut Informationen der Regierung des Bundesstaates Sonora können dort 1,166 Millionen Tonnen metallisches Lithium aus 8,83 Millionen Tonnen Lithium-Karbonat hergestellt werden. Der geschätzte Wert des Vorkommens soll sich auf 600 Milliarden US-Dollar betragen – fast die Hälfte des jährlichen Brutto-Inlands-Produktes Mexikos.
Eine staatliche Lithium-Firma
Eine eigens zu diesem Zweck geschaffene staatliche Lithium-Firma namens LitioMx hat die Aufgabe, die geologischen Untersuchungen sowie das Gewinnen und Verarbeiten des Minerals zu kontrollieren und dabei den größtmöglichen Nutzen für die Bürger sicherzustellen. Auch das mexikanische Sekretariat für Energiewirtschaft ist für die umfassenden Reserven mitverantwortlich.
Grundsätzlich werden in der Lithium-Frage die gleichen Kriterien angewendet wie beim mexikanischen Erdöl: Der Staat hat die Aktienmehrheit und versucht, die Rohprodukte durch eine industrielle Verarbeitung in wertvollere Exportgüter zu verwandeln. Im Falle des Rohöls und nun des Lithiums soll der Staat mindestens 54 Prozent der Geschäftsanteile besitzen, während ausländische Konzerne mit höchstens 46 Prozent auf Platz zwei verwiesen werden.
Allerdings versicherte der Präsident, dass Privatfirmen durchaus ihre Rolle spielen werden, da die Staatsfirma LitioMx sich mit privaten Partnern zusammenschließen kann, um den komplexen Anforderungen gerecht zu werden. Bis zu welchem Punkt ausländisches Kapital und Technologien benötigt werden und das geplante Schema sprengen könnten, wird sich erst in der Entwicklung zeigen.
Modell gegen die Ausbeutung
Mit diesem Modell wendet sich López Obrador gegen die Ausbeutung der mexikanischen Bodenschätze durch ausländische Konzerne, die dem Land seit langem ihre Interessen aufgezwungen haben.
Ähnliche Strategien werden seit Jahrzehnten in Lateinamerika diskutiert, und mit mehr oder weniger Erfolg auch praktiziert. Vor allem die progressiven Regierungen bemühen sich seit langem, dem reinen “Extractivismo” der Bodenschätze ein eigenes, auf den örtlichen Ressourcen aufbauendes Industrialisierungsmodell entgegenzusetzen.
Bereits im April 2022 hatte das mexikanische Parlament den Weg für eine entsprechende Änderung des Gesetzes zur Förderung von Bodenschätzen freigegeben. Damals erklärte der Staatschef:
“Lithium wird als gemeinnützig deklariert, daher werden diesbezüglich keine Konzessionen, Lizenzen, Verträge oder Genehmigungen erteilt. Diejenigen Gebiete, in denen es Lithiumvorkommen gibt, werden als Bergbaureservegebiete betrachtet.”
AMLO fördert Pläne zur Errichtung eines Industriezentrums für erneuerbare Energien im Bundesstaat Sonora, mit dem Ziel, die Produktion von Elektrofahrzeugen in Mexiko anzukurbeln. Man will die Solarenergie aus dem Projekt “Puerto Peñasco” und das im Bundesstaat produzierte Lithium zusammen nutzen, um sich im Bereich der umweltschonenden Technologien eine gute Position zu sichern.
Solarstrom für die Produktion von Lithium
Die riesige Anlage für Solarzellen in Puerto Peñasco/ Sonora erstreckt sich in einer wüstenartigen Ebene über 2.000 Hektar. Das staatliche Elektrizitätsunternehmen CFE begann vor einem Jahr mit dem Bau des Photovoltaik-Kraftwerks Phase I, mit einer installierten Leistung von 420 MW Wechselstrom. In einer ersten Phase sollen 120 MW geliefert werden und in der zweiten 300 MW. Ende 2023 soll die Anlage dann vollständig arbeiten und eine dreißigjährige Laufzeit haben.
Etwa ein Dutzend ausländischer Unternehmen verfügen heute in Mexiko über aktive Bergbaukonzessionen, um potenzielle Lithiumvorkommen zu erschließen. Nun besteht der Präsident darauf, alle Verträge juristisch zu überprüfen, wobei bereits bestehende Abkommen respektiert werden sollen.
Zusätzlich zu diesen Konzessionen in privater Hand laufen derzeit vier Bergbauaufträge unter der Verantwortung des Mexikanischen Geologischen Dienstes (SGM) zur Durchführung von Explorationsarbeiten als Teil der Strategie der mexikanischen Regierung, die Kontrolle über diese Lagerstätten zu behalten.
Chinesisches Unternehmen größter Lithium-Produzent
Allerdings sind erst drei Firmen bei der Lithiumförderung vorangekommen. Allen voran der chinesische Konzern Ganfeng Lithium, der weltweit die größte Menge an Lithium produziert und vertreibt, und viel technische Erfahrung in das Projekt einbringen kann. Die anderen beiden Lithium-Vorreiter sind die kanadischen Firmen One World Lithium und Organimax Nutrient Corp.
Die Vereinigten Staaten sind heute völlig abhängig von ausländischen Märkten für Lithiumcarbonat und industrialisiertes Lithium. Obwohl bis vor der Pandemie 90 Prozent ihrer Lithiumimporte aus Argentinien und Chile stammten, könnte Mexiko heute aufgrund seiner geografischen Nähe zu einem unmittelbaren Lieferanten der USA werden.
Darüber hinaus weist das neue Handelsabkommen (T-MEC) zwischen den Regierungen von Mexiko, den Vereinigten Staaten und Kanada darauf hin, dass Lithiumbatterien eine “wesentliche” Komponente für die regionale Automobilindustrie sind.
Elektroautos sind nur bedingt umweltfreundlich
Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass Elektrofahrzeuge mit Lithiumbatterien nur dann umweltfreundlich sind, wenn in einem Land natürliche Energiequellen (Wind, Wasser, Solarbestrahlung, Erdwärme, Gas usw.) ausreichend vorhanden sind, um damit den Elektrizitätsbedarf der Bevölkerung insgesamt zu decken. Großformatige Lithiumbatterien sollen die Unbeständigkeit von Wind- und Sonnenenergie durch ihre Lagerkapazitäten ausgleichen können und wären vielleicht ein notwendiges Zusatzelement in solchen Systemen. Doch auch die Lithiumförderung selbst erzeugt unter bestimmten geologischen Bedingungen durch die Abbauverfahren Umweltschäden, vor allem aufgrund eines extrem hohen Wasserverbrauchs.
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