Laut verschiedenen Medienberichten hat Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ein Krisentreffen “ranghoher Generäle” anberaumt, weil er an der Einsatzbereitschaft und Zuverlässigkeit von US-Waffensystemen Zweifel hegt. Erst kürzlich machten wieder Meldungen die Runde, wonach die USA beispielsweise die von ihnen gelieferten Kampfjets des Typs F-35 aus der Ferne abschalten könnten (RT DE berichtete). Von diesen Kampfflugzeugen will Berlin 35 Stück für rund zehn Milliarden Euro beschaffen.
Das von Pistorius angesetzte Treffen, zu dem Generäle, Spezialisten des Verteidigungsministeriums und Vertreter des Beschaffungsamts erwartet werden, soll sich unter anderem mit der Frage beschäftigen, wie zuverlässig die F-35-Jets eingesetzt werden können. Explizit bilden laut Deutschlandfunk dafür Überlegungen den Hintergrund, “wonach die jetzige US-Regierung womöglich die Verwendung von Waffensystemen technisch und logistisch beschränken könnte”. Vor zwei Tagen erst hatte sich die EU-Kommission in ihrem Weißbuch zur Verteidigung dafür ausgesprochen, europäische Rüstungsunternehmen bei den mit EU-Krediten finanzierten Anschaffungen von Waffen zu bevorzugen.
Wie die Süddeutsche Zeitung gestern berichtete, sollen sich die von Pistorius zusammengerufenen Experten nicht nur mit Sicherheitsfragen beschäftigen, die künftige Waffensysteme wie die F-35 betreffen, sondern auch die US-Systeme unter die Lupe nehmen, die aktuell bereits von der Bundeswehr genutzt werden. Die Expertenrunde soll der Natur der Sache nach vertraulich tagen.
Die Welt zitiert einen Sprecher des Verteidigungsministeriums, der zu den Gerüchten erklärte: “Die F-35 kann man aus der Ferne nicht einfach abschalten.” Alle Details zum Betrieb, der Versorgung und Datenanbindung solcher Systeme wie der F-35 seien geheim. Das Ministerium betonte darüber hinaus, dass die für Deutschland zu produzierenden F-35-Maschinen kein bilaterales, sondern ein multinationales Rüstungsprojekt seien, an dem acht Nationen beteiligt seien. Wesentliche Teile der F-35 würden außerhalb der USA gefertigt.
Bundeswehr-Professor Masala: “Trump hat die Seiten gewechselt”
Mit dem Regierungswechsel in den USA erscheint den Entscheidern in der EU die US-Geopolitik in einem neuen Licht, Washington unter Trump könne sich gar zu einem Gegenspieler entwickeln, so die Welt. In diesem Sinne habe sich Carlo Masala gegenüber der Rheinischen Post geäußert. Masala, Professor für Internationale Politik an der Bundeswehr-Universität München, behauptet: “Trump hat die Seiten gewechselt.” Weil der US-Präsident gute Beziehungen zu Moskau anstrebe, habe er die russischen “Narrative” übernommen. Die Ukraine stelle für Trump einen Störfaktor dar.
Ob die USA in der Lage seien, die F-35 “abzuschalten”, könne er nicht sagen, vermute dies jedoch nicht, so Masala weiter. Allerdings stellten die Datenübertragung und die Frage der Ersatzteile sensible Bereiche dar: “Wenn das ausbleibt, hat die F-35 eine Vielzahl ihrer Funktionen nicht.”
Beschaffung in Europa?
Gegenüber der Mediengruppe Bayern habe sich der SPD-Militärexperte Andreas Schwarz dafür ausgesprochen, verstärkt auf die Beschaffung deutscher oder europäischer Rüstungsgüter zu setzen, “auch wenn wir dann nicht die amerikanischen Fähigkeiten zu 100 Prozent erreichen”, so Schwarz.
Ähnliche Überlegungen formulierte auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl, der mehr Aufträge an europäische Rüstungsunternehmen vergeben will (viele deutsche Rüstungsfirmen haben ihren Sitz in Bayern oder produzieren dort). Brandl wörtlich laut Welt: “Wir müssen entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Bereich Sicherheit und Verteidigung souveräner werden und damit auch wieder vermehrt Aufträge an nationale und europäische Hauptauftragnehmer vergeben.”
Dieselben Forderungen erhob auch die Co-Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Franziska Brantner: “Ich hoffe, dass wir nicht nur amerikanisch ‘von der Stange’ kaufen, auch wenn wir in manchen Bereichen keine Alternative haben.” Man müsse “Verteidigung europäisch denken”, was sie folgendermaßen erläuterte: “Besser und schneller beschaffen, gemeinsam in neue Technologien investieren und neue europäische Konsortien schaffen – so wie es Airbus einst gezeigt hat.”
Christoph Heusgen, der bisherige Chef der Münchner Sicherheitskonferenz und frühere Vertreter Berlins in der UNO, sprach sich laut Welt für eine “baldige starke europäische Führung” aus. Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Polen müssten vorangehen. Gegenüber Phoenix habe er erklärt, dass er in seiner Zeit als Chef der Münchner Sicherheitskonferenz “immer versucht” habe, “das sogenannte Weimarer Dreieck auf die Bühne zu bringen”. Allerdings sei ihm dies nicht gelungen. Nun sei Heusgen jedoch “optimistisch”, dass dies “angesichts der aktuellen Herausforderungen” gelingen werde. Heusgen betonte in diesem Zusammenhang unausgesprochen die Notwendigkeit von Feindbildern und Propaganda: Die Bevölkerung müsse “mitgenommen werden”, ihr müsse verdeutlicht werden, “wie dringend und notwendig diese Wiederbewaffnung Europas” sei.
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