Einer Meldung des ungarischen Internet-Portals Remix News zufolge erklärte der Staatssekretär im polnischen Außenministerium, Arkadiusz Mularczyk, in einem Interview, das der französische Journalist Olivier Bault mit ihm führte, die SPD sei im Hinblick auf die polnischen Reparationsforderungen gesprächsbereit.
Die derzeitige polnische Regierung hatte im vergangenen Jahr erklärt, sie erwarte von Deutschland noch Reparationsleistungen in Höhe von bis zu 1,5 Billionen Euro, und eine entsprechende diplomatische Note überreicht.
“Es gab eine Reihe von Treffen mit Bundestagsabgeordneten in Warschau, mit Abgeordneten der Polnisch-Deutschen Freundschaftsgruppe, aber auch in Berlin mit mehreren deutschen Abgeordneten. Das größte Treffen organisierte die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, DGAP, bei dem eine Gruppe von mindestens einem Dutzend Parlamentariern anwesend war. Kürzlich habe ich zu diesem Thema einen Brief an die Mitglieder des Bundestags und des Bundesrats geschickt, und Sie werden der Erste sein, der erfährt, dass ich gerade ein Dankesschreiben vom Koordinator der Deutsch-Polnischen gesellschaftlichen Zusammenarbeit in der Koalitionsregierung von Bundeskanzler Olaf Scholz, Dietmar Nietan, erhalten habe, der im Auftrag der SPD schreibt, dass sie das Problem verstehen und es in einer Formel des Dialogs mit Polen und auch mit mir irgendwie lösen wollen.”
Dietmar Nietan ist aktuell Bundesschatzmeister der SPD und damit eine der einflussreichsten Personen im SPD-Parteivorstand. Die bisherige Haltung aller Fraktionen zum Thema der polnischen Reparationsforderungen war, dass diese Frage mit der Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze erledigt sei.
Polen hatte in der Grenzziehung von Jalta mit Oberschlesien und Danzig nicht nur deutsche Gebiete erhalten; das Agrarland erhielt zwei hoch industrialisierte Regionen, deren wirtschaftlicher Beitrag zur polnischen Volkswirtschaft beträchtlich war.
Die Auseinandersetzung um diese polnische Forderung beeinflusst auch die deutsche Position in der Frage der eingefrorenen russischen Konten. Die Financial Times zitierte vor wenigen Tagen einen anonymen deutschen Vertreter.
“‘Das öffnet die Büchse der Pandora,’ sagte ein anderer deutscher Regierungsvertreter und fügte hinzu, wenn die EU Geld von der russischen Zentralbank nähme oder die Erträge von einer Investition dieses Vermögens, würde das einen Präzedenzfall für andere schaffen, wie für Polens Reparationsforderungen an Berlin wegen Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg.”
In Polen führte diese Aussage zu einiger Empörung, ebenso wie die Ankündigung des EVP-Vorsitzenden Manfred Weber, er wolle “eine Brandmauer zur PiS” errichten. Selbst der oppositionelle Bürgermeister von Warschau wertete dies als Einmischung in den polnischen Wahlkampf: “Ich würde es vorziehen, dass die Polinnen und Polen sich dazu äußern.”
Im Herbst finden in Polen Wahlen statt und der Kurs der regierenden PiS richtet sich nicht nur gegen Russland, sondern ebenso gegen Deutschland. Das Thema der Reparationsforderungen dürfte in diesem Zusammenhang noch eine stärkere Rolle spielen.
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