Die US-Zeitung Politico berichtet über einen Schockzustand unter Diplomaten und Politikern in der EU, den die jüngsten desaströsen Auftritte von US-Präsident Joe Biden ausgelöst haben. Demnach sind mehrere hochrangige EU-Amtsträger, die bislang mit dem demokratischen Präsidentenanwärter sympathisiert haben, nun entsetzt und suchen indes Kontakte zum nahen Umfeld seines republikanischen Rivalen Donald Trump. Das Blatt beruft sich dabei auf hochrangige EU-Diplomaten, die dem NATO-Gipfel in Washington in dieser Woche beigewohnt haben.
Nach Angaben eines hochrangigen EU-Diplomaten in Washington beschäftigen sich seine Kollegen seit Monaten damit, diejenigen zu erreichen, die möglicherweise Trumps Team angehören werden. Man organisiere Treffen, nehme an denselben Veranstaltungen teil und lade Verbündete des Ex-Präsidenten zu Abendessen ein, zitiert Politico eine namentlich nicht genannte Quelle. Trotz des polarisierenden Images des Republikaners gebe es keine Bedenken gegen diese Vorgehensweise:
“Wir würden unsere Pflicht versäumen, wenn wir jetzt nicht versuchen würden, Verbindungen zu seinen Leuten aufzubauen.”
Eine andere Quelle der Zeitung behauptet, dass eine Annäherung an Trump bereits lange vor Bidens Patzern begonnen habe. Sie sei schon seit mehr als einem Jahr im Gange.
An der Spitze der Bemühungen, sich Trumps Lager zu nähern, steht nach Angaben des Blattes die britische Botschafterin in den USA, Karen Pierce. Ihr Team will bereits die Strategen und die Republikaner im Kapitol identifiziert haben, denen Trump Gehör schenkt. Unter Berufung auf eine anonyme Quelle schreibt Politico, die britische Botschaft, die als Kontaktstelle fungiert habe, habe eine “großartige Arbeit” geleistet, ohne die Fehler vom Jahr 2016 zu wiederholen, als kaum jemand mit einem Sieg des Republikaners gerechnet habe.
Auch in Deutschland herrscht nach Politico-Informationen Alarm. So findet der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter, dass Biden nur Trump helfen werde, wenn er sich an seine Kandidatur weiterhin festklammere. Kiesewetter zeigte sich besorgt über die innenpolitische Kluft in den USA sowie über mögliche negative Folgen von Trumps Wahlsieg für die transatlantische Sicherheit. Er brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass das demokratische Lager einen Weg finden werde, damit Biden in den Ruhestand gehen und sein Gesicht wahren könne. Dabei schließt der CDU-Politiker nicht aus, dass Vizepräsidentin Kamala Harris für Biden ins Wahlrennen einspringen könnte.
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