Der 31-jährige Sam Bankman-Fried, Gründer der Kryptowährungsbörse FTX, wurde in einem Prozess als Betrüger verurteilt. Die Geschworenen in New York sprachen ihn in allen sieben Anklagepunkten von Betrug über Verschwörung bis Geldwäsche schuldig. Das Strafausmaß könnte bis zu 110 Jahre Haft ausmachen.
Ob der Richter die vorgesehenen Strafen bei allen Anklagepunkten ausschöpft, soll erst im März kommenden Jahres verkündet werden. Die Geschworenen entschieden bereits nach fünf Stunden über ihr Urteil. Bankman-Frieds Anwalt kündigte an, eine Berufung zu prüfen. Er bekräftigte auch, dass der Unternehmer seine Unschuld beteuere und sich weiter gegen die Vorwürfe zur Wehr setzen wolle.
Die Verteidigung präsentierte Bankman-Fried als hart arbeitenden Unternehmer mit guten Absichten, der Fehler gemacht habe. Die Anklage präsentierte zusätzlich zu verheerenden Aussagen seiner einstigen Weggefährten nüchterne Beweismittel wie Zeitstempel aus Google-Dateien, die Geschworene davon überzeugten, dass Bankman-Fried – entgegen seiner Behauptung – von dem Betrug gewusst haben muss.
Bankman-Fried war mit seiner Kryptowährungsbörse FTX, einem der größten Handelsplätze für Kryptogeld, gefeiert worden. Zwischenzeitlich war sie mit 32 Milliarden US-Dollar bewertet worden. Zahlreiche Prominente, darunter der Footballstar Tom Brady, machten Werbung für FTX. Bankman-Fried stand für Kryptowährungen als seriöse Investition. Er unterstützte den Wahlkampf von US-Präsident Joe Biden mit Millionen US-Dollar.
Software mit heimlicher Ausnahmefunktion
Im November 2022 kollabierte die Börse, als FTX einen Ansturm von Kundenabhebungen nicht mehr bewältigen konnte. Rettungsversuche anderer Kryptobörsen scheiterten und offenbarten zunehmend die Machenschaften. Es wurde bekannt, dass FTX Kundengelder genutzt hatte, um den ebenfalls von Bankman-Fried gegründeten Krypto-Investmentfonds Alameda Research zu stützen. Dieser machte riskante Geschäfte und lieh Mittel bei FTX.
Eigentlich hätten für solche Geschäfte Sicherheiten hinterlegt werden müssen. Es gab auch Computersysteme, die dafür sorgen sollten. Allerdings enthielt die Software eine heimliche Ausnahme für Alameda. Dadurch konnte der Hedgefonds bei FTX so tief ins Minus gehen, wie er wollte. Bankman-Fried soll rund 14 Milliarden US-Dollar (rund 13,3 Milliarden Euro) an FTX-Kundengeldern zu Alameda Research umgeleitet haben.
Mehrere ehemalige Wegbegleiter des Kryptounternehmers sagten gegen ihn aus, darunter FTX-Mitgründer Gary Wang, Softwarechef Nishad Singh und Bankman-Frieds Ex-Freundin und Alameda-Chefin Caroline Ellison. Sie gaben an, dass sie auf Anweisung von Bankman-Fried Betrug begangen hätten. Alle drei hatten ihre Schuld bereits eingestanden und können nun auf ein milderes Strafmaß hoffen.
Bankman-Fried sagte vor Gericht, er habe die finanzielle Lage seiner Unternehmen nur teilweise verstanden. Er sei “sehr überrascht” vom Ausmaß der Probleme gewesen, als er im Oktober 2022 erfahren habe, dass Alameda Research bei FTX rund acht Milliarden US-Dollar Schulden habe.
Eigene Freundin sagte gegen Bankman-Fried aus
Kronzeugin Ellison gab bei ihrer Vernehmung an, dass Bankman-Fried sie angewiesen habe, “diese Verbrechen zu begehen”. Er selbst habe “das System errichtet”, über das Kundengelder von FTX an Alameda Research geflossen seien. Das Geld sei “für Investitionen und zum Zurückzahlen von Schulden” verwendet worden. Ellison beschuldigte Bankman-Fried auch, er habe sie dazu gedrängt, Kreditgebern eine irreführende Alameda-Bilanz vorzulegen.
Bankman-Fried habe eine der größten Finanzbetrügereien in der Geschichte Amerikas begangen, um “Krypto-König” zu werden, sagte der New Yorker Staatsanwalt Damian Williams nach dem Urteil. Im Kern sei es aber eine alte Geschichte:
“In diesem Fall ging es die ganze Zeit um Lügen, Betrug und Diebstahl.”
Bankman-Fried muss in Haft auf das Strafausmaß warten. Er hatte die Zeit bis zum Prozess zunächst im Hausarrest bei seinen Eltern in Palo Alto in Kalifornien verbracht, beide sind Professoren an der Eliteuniversität Stanford. Im August musste Bankman-Fried aber ins Gefängnis, nachdem er private Aufzeichnungen von Ellison an einen Journalisten weitergegeben hatte. Der Richter sah darin einen Versuch, eine Zeugin einzuschüchtern.
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