Die frühere britische Premierministerin Liz Truss hat sich erstmals seit ihrem Sturz im Oktober 2022 zu Wort gemeldet. In einem Essay im Sunday Telegraph machte sie “ein sehr mächtiges wirtschaftliches Establishment und mangelnde politische Unterstützung” für ihr Scheitern verantwortlich. Diese Wirtschaftselite bezeichnete sie gleichzeitig als “linksgerichtet”, ohne darauf näher einzugehen. Ihre Pläne für radikale Steuersenkungen, mit denen sie das Wirtschaftswachstum ankurbeln wollte, aber eine Finanzkrise auslöste, sind mittlerweile so gut wie alle zurückgenommen worden.
Truss, die als Premierministerin mit der kürzesten Amtszeit in die Geschichte Großbritanniens (von einem nicht eindeutigen Fall in der frühen Neuzeit abgesehen) eingegangen ist, äußerte sich wohlwollend über ihren Vorgänger Boris Johnson. Diesem werden inzwischen Ambitionen auf eine Rückkehr an die Regierungsspitze nachgesagt. Ihren Nachfolger Rishi Sunak erwähnte sie nicht namentlich, ließ aber durchblicken, dass sie seine auf eine Konsolidierung des Haushalts ausgerichtete Steuerpolitik kritisch sieht.
Liz Truss war im September und Oktober vergangenen Jahres nur sechs Wochen Vorsitzende der Torys und nur fünf Tage länger britische Premierministerin. Sie stellte damit einen Rekord für die kürzeste Amtszeit auf. Die 47-jährige Nachfolgerin des skandalgeplagten Ex-Premiers Boris Johnson war enorm unter Druck geraten, nachdem ihre Wirtschaftspolitik binnen weniger Tage Chaos an den Finanzmärkten angerichtet hatte. Truss musste eine politische 180-Grad-Wende hinlegen und verlor innerhalb einer Woche zwei ihrer wichtigsten Minister, Kwasi Kwarteng als Finanzminister und Suella Braverman als Innenministerin.
Womöglich hat sie in ihren weniger als zwei Monaten in der Londoner Downing Street für einen der größten Akte des staatlichen Terrorismus der letzten Jahre gesorgt: Es besteht der Verdacht, dass Liz Truss die Sprengung der Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee selbst befehligt und überwacht hat. Für Skandale und Verstimmungen im russisch-britischen Verhältnis hatte sie schon zuvor als Außenministerin des Vereinigten Königreichs gesorgt: So als sie Anfang Februar 2022 zwei russische Gebiete, die schon vor 2013 russisch waren, der Ukraine zurechnete, sich am 30. November 2021 in militärischer Montur auf einem Panzer an der estnisch-russischen Grenze in nur 120 Kilometern Entfernung von Sankt Petersburg filmen ließ und Russland mit Atomwaffen drohte.
rt/dpa
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