Russlands Außenminister, Sergei Lawrow, hat eine vorläufige Bilanz bezüglich der westlichen Sanktionen gegen sein Land gezogen. Am Mittwoch äußerte sich der russische Chefdiplomat bei einem runden Tisch zur Lösung der Ukraine-Krise in Moskau über die Ziele und Folgen der Strafmaßnahmen. Bei dem Treffen mit ausländischen Botschaftern sagte Lawrow, dass der Westen keinen Hehl aus seinen Vorhaben mache:
“Die russische Wirtschaft zu unterminieren, die politische Führung zu zwingen, auf ihre selbstständige Linie bei äußeren Angelegenheiten zu verzichten, die Bevölkerung gegen die Regierung aufzubringen – das ist das öffentlich erklärte Ziel.”
Der Westen wolle offensichtlich Unruhe im Land stiften, teilte der Minister mit. Es sei eine Lüge, wenn man im Westen behaupte, dass die Zielscheibe der Sanktionen nicht die Zivilbevölkerung in Russland sei. Der Westen wolle an Russland ein Exempel statuieren, damit das Land in der internationalen Arena nicht die ihm aufgrund seiner Geschichte, Größe und Möglichkeiten gebührende Rolle spiele.
“Wir sind uns darüber im Klaren, dass die gegen uns verhängten Sanktionen sowohl in absehbarer Zukunft als auch auf lange Sicht nicht verschwinden werden.”
Im Übrigen versuche der Westen, diese Politik in vielen Ländern der Welt umzusetzen. Es sei aber klar, dass er bei seinen Vorhaben, was Russland anbetrifft, scheitern werde. Die russische Wirtschaft passe sich an die Sanktionen gut an, stellte der Diplomat fest. Russland verlasse sich nun in den lebenswichtigen Bereichen auf sich selbst und arbeite am Aufbau eines vom Westen unabhängigen Handels mit neuen Transportrouten und Absatzketten.
Gleichzeitig machte Lawrow auf den Schaden aufmerksam, den die antirussischen Sanktionen inzwischen den führenden Wirtschaften der EU zugefügt hatten. Dieser sei beträchtlich:
“In den letzten anderthalb Jahren soll das europäische Unternehmertum nach sehr bescheidenen konservativen Schätzungen wegen der einseitigen westlichen Sanktionen bis zu 250 Milliarden Euro verloren haben.”
In diesem Zusammenhang warf der Diplomat der US-Regierung vor, mit ihren Sanktionen gegen Russland die EU finanziell in den Ruin zu treiben und dabei der US-Rüstungsindustrie Gewinne zu sichern. Washington zwinge zum Beispiel den EU-Ländern sein teures Flüssiggas auf, während es selbst weiterhin Uran und andere lebenswichtige Ressourcen in Russland kaufe. Lawrow bemängelte auch die Untersuchung der Anschläge gegen die Nord-Stream-Pipelines. Moskau habe bislang keine klaren Antworten aus Berlin, Norwegen und Stockholm erhalten.
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