Von Susan Bonath
Nicht nur die Leitmedien propagieren in Deutschland unisono eine antirussische Kriegsstimmung. Die Politik bindet auch die Hochschulen ein, um die bildungsbürgerliche Jugend unter wissenschaftlichem Deckmantel entsprechend zu indoktrinieren. So eröffnete das sogenannte Osteuropa-Institut der Universität Tübingen zu Beginn dieser Woche eine Ausstellung ukrainischer “patriotischer” Plakatkünstler, die von plattem Antikommunismus, Geschichtsverfälschung und sprachlichen Entgleisungen auf Nazi-Niveau nur so strotzt.
Universitäre Feindbild-Propaganda
Wie die linke Berliner Tageszeitung junge Welt (jW) vom Ort der Ausstellungseröffnung berichtete, fungierten das Auswärtige Amt sowie das Ukrainische Institut in Berlin als “Partner” des Projekts unter dem Titel “Price of Freedom”, zu Deutsch: der Preis der Freiheit. Kurator Andrei Budnyk erklärte demnach am Montagabend in seiner Rede, ukrainische Studenten wollten sich “dem Feind nicht preisgeben”. Der Feind steht für deutsche wie ukrainische Propagandisten freilich fest: Russland.
Von den großen Medien weitgehend unbeachtet pries die Universität Tübingen die Veranstaltung wie einen internen “Bildungsleckerbissen” an. Die im Oktober dieses Jahres gegründete Initiative sei demnach “dem ukrainischen Kampf um Freiheit gewidmet”.
Dazu gehörten “der 35. Jahrestag der friedlichen Revolutionen von 1989, der 20. Jahrestag der Orangenen Revolution und der 10. Jahres der Revolution der Würde in der Ukraine” (Anmerkung: Der vom Westen geförderte Maidan-Putsch 2014), reihte die Uni die bekannten Kampfbegriffe aneinander. Womit die Propagandisten freilich die westliche Einmischung in die ukrainische Politik seit dem Jahr 1991, inklusive vom Westen angezettelter Regime-Chance-Versuche, den ukrainischen Faschismus sowie das kontinuierliche Vorrücken der NATO gen Osten entgegen geltenden Verträgen leugnen.
Bandera-Kult und Heldenposen
Kurator Budnyk, Professor für Grafikdesign an der Nationalen Universität für Kunst und Kultur in Kiew, steht offenbar seit Langem der prowestlichen und antirussischen Bewegung in der Ukraine nahe. Laut jW gestaltete er bereits in den 1990er-Jahren antikommunistische Plakate, die freilich zum Ziel hatten, erstens die untergegangene Sowjetunion geschichtsverfälschend zu verteufeln und zweitens das Russland nach 1991 mit ihr gleichzusetzen.
Im Jahr 2014 gestaltete Budnyk demnach einen Aufruf zu einer Kunst-Auktion, deren Erlöse direkt an die (westukrainische) Front gegangen seien, die damals den innerukrainischen Krieg gegen die vorwiegend russischsprachige Bevölkerung im Donbass eröffnet hatte.
Als die Russische Föderation acht Jahre später, 2022, der bombardierten Donbass-Bevölkerung militärisch zu Hilfe kam, gründete Budnyk demzufolge die Gruppe “Kreativer Widerstand”. Diese steuerte 16 Plakate zur Ausstellung in Tübingen bei – mit dem selbst erklärten Ziel, ihre “patriotische Haltung” gegenüber der Ukraine zu zeigen und deren “Soldaten moralisch zu unterstützen”.
Auf einem Plakat seien beispielsweise die ukrainischen Schriftsteller Taras Schewtschenko, Iwan Franko und Lessja Ukrajinka mit Gewehren in modernen Militäruniformen unter dem Schlachtruf der OUN-Bandera-Faschisten “Slawa Ukraini! Herojam Slawa” zu sehen, der seit dem Jahr 2018 der offizielle Gruß der ukrainischen Armee ist. Vor eineinhalb Jahren fotografierten sich Mitglieder von Budnyks Gruppe vor diesem Plakat mit der rot-schwarzen Flagge der faschistischen Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA). Budnyk hatte diese Bilder auf seinem Instagram-Account veröffentlicht.
Die restlichen 20 Plakate steuerten Kiewer Grafikdesign-Studenten bei. Zu sehen seien darauf zum Beispiel Soldaten in Heldenpose in Verbindung mit dem Nazi-Kollaborateur und OUN-Anführer Stepan Bandera, dessen Parteiflügel für die Ermordung von Tausenden von Juden, Polen und ethnischen Russen in der Westukraine verantwortlich war. Ukrainische Rechtsextreme, die heute das Kiewer Regime dominieren, verehren Bandera als Volkshelden, wovon Denkmäler sowie nach ihm benannte Straßen und Plätze zeugen. Anfang des Jahres 2022 berichtete sogar noch der Deutschlandfunk darüber.
Antikommunismus nach Nazi-Vorbild
Vom Antikommunismus nach dem Vorbild der deutschen Nazis zeugt ein weiteres Plakat: Auf schwarz-rot-goldenem Untergrund kriecht eine Kakerlake mit Hammer und Sichel, dem Symbol der Sowjetunion, auf einem Zeitstrahl von 1961, dem Jahr des Mauerbaus, bis zum Jahr 1989 entlang. Ein Springerstiefel darüber schickt sich an, das Tier zu zerquetschen. Dieses und weitere Plakate ähnlicher Intention präsentierten die Protagonisten selbst mit Fotos von der Ausstellung in Tübingen auf ihrer Facebook-Seite.
Mit anderen Worten: Dargestellt werden sowjetische Kommunisten als üble Schädlinge und Parasiten und die DDR als deren Produkt, auf deren Vernichtung man stolz ist. Die Nazi-Propaganda von der “jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung”, heutzutage gern in Bullshit-Thesen über eine angebliche “marxistische Elitenunterwanderung” verpackt, lässt grüßen.
Die Organisatoren in der Tübinger Unibibliothek nahmen demnach kein Blatt vor den Mund. Dem jW-Reporter erklärten sie frank und frei dazu, dass Kakerlaken “anpassungsfähig” und “unmöglich auszurotten” seien, so “wie der Sozialismus”. Wie diese Tiere habe die Sowjetunion “Schmutz und Krankheiten verbreitet”, behauptete demnach die Ausstellungsprotagonistin Renata Rakhimova. Deutlicher kann man seine Nähe zur Sprache der deutschen Nazis wohl kaum zum Ausdruck bringen.
Kein Wunder: Das Auswärtige Amt wollte sich auf jW-Nachfrage nicht inhaltlich dazu äußern. Es bestätigte aber, dass es das “Ukrainische Institut” in diesem Jahr mit 200.000 Euro gefördert habe. Die Plakatschau habe dieser “Projektpartner” aber eigenständig mit der Tübinger Universität umgesetzt. Die antirussische, antikommunistische und mit Nazi-Propaganda durchsetzte Ausstellung ist noch bis vor Weihnachten für alle frei zugänglich, die sie “bewundern” wollen.
Nazi-Leugner in Politik und Medien
Dass die Westukraine schon seit den 1990er-Jahren als Pilgerstätte für Neonazis aus ganz Europa, beispielsweise zu Rechtsrockkonzerten, galt, war früher in Deutschland nie ein Geheimnis. Sogar die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) berichtete noch im Jahr 2020 über Kiew als “Hauptstadt der Neonazimusik”.
Doch bereits im Jahr 2014 begannen deutsche Medien das Zusammenspiel ukrainischer Neonazis und westlicher Player während des (als “Revolution der Würde” umgedeuteten) Putsches auf dem sogenannten “Euromaidan” zu leugnen. Seit Beginn des Einmarsches Russlands in die Ukraine im Februar 2022 spielen sie sogar die Existenz ukrainischer Neonazis aktiv herunter.
Das führte so weit, dass Nazi-Symbole auf ukrainischen Panzern und an Uniformen von Soldaten von Medien retuschiert wurden. Als dies offenbar einmal vergessen wurde, bezeichnete die Frankfurter Rundschau dies just als “Steilvorlage für Putins Propaganda”.
Im Anschluss tat das Blatt die Nazi-Symbolik als eine Art Jugendsünde in der “Anfangsphase des Asow-Bataillons” (das längst nicht die einzige faschistische Armee-Einheit in der Ukraine ist) ab und interpretierte sie kurzerhand zu harmlosen “Symbolen des antirussischen Widerstands” um. Die Bundesregierung sprach in diesem Frühling ebenfalls von angeblich irrelevanten Einzelfällen.
Asow-Nazis im NATO-Hauptquartier
Die im Jahr 2014 in die ukrainische Armee eingegliederte Asow-Brigade stolzierte stets mit ihren faschistischen Erinnerungsstücken vor den Kameras herum. Heute gibt sie sich zwar etwas gemäßigter, was der Unterstützung echter deutscher Neonazis etwa von der Kleinpartei “Der III. Weg” aber keinen Abbruch tut. Nicht nur beim “III. Weg”, sondern auch bei der NATO sind die Asow-Faschisten sehr beliebt.
Im Oktober dieses Jahres posierte eine Delegation der 12. Spezialbrigade “Asow” sichtlich stolz im europäischen NATO-Hauptquartier. Dieser offizielle Ritterschlag in Brüssel für die Neonazi-Miliz zeugt von den Abgründen westlicher Verfasstheit und entlarvt den vermeintlichen “Kampf gegen rechts” der letzten Bundesregierungen unter Berufung auf eine herbeifantasierte “demokratische Mitte” als pure Heuchelei.
Propaganda-Lügen leben davon, dass sie stets und überall wiederholt, ja zu einer Art gelebter Staatsräson manifestiert werden. Wer will schon gern öffentlich als “Kreml-Troll” oder “Putin-Propagandist” gebrandmarkt werden? Die Führungsebene der Tübinger Universität ganz offensichtlich nicht, die wird dann lieber zum Multiplikator echter Neonazi-Ideologie – doch Vorsicht vor einem deutschen Déjà-vu.
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