Deutschlands Wirtschaft schwächelt – und das nicht erst seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine. Deutschland hangelt sich von Krise zu Krise und schafft es kaum noch, danach wieder auf das Vorkrisenniveau zurückzukehren, geschweige denn darüber hinauszuwachsen.
“Wird Deutschland Entwicklungsland?”, fragt daher die Berliner Zeitung und die befragten Experten sind sich weitgehend einig. Die Antwort lautet “ja”. Sie bestätigen damit die Analyse von Michael Every, der bereits im Mai in einem Interview die Deutschen auf den Abstieg eingestimmt hat.
Deutschland verzeichnet seit Jahren lediglich geringes Wachstum und verliert damit den Anschluss an die Weltwirtschaft. Aufholen lässt sich das kaum noch, denn zentrale Indikatoren weisen nach unten. Die Produktivität wächst in Deutschland kaum noch, die Infrastruktur zerfällt und Investitionen werden durch eine bizarre Ideologie des Sparens unterbunden.
Every wies darauf hin, dass der abrupte Übergang von einer langjährigen Nullzins-Politik der EZB zu einem inzwischen vergleichsweise hohen Leitzins die Wirtschaft zusätzlich belastet. Deutschland habe grundlegende Fehler gemacht. Warnungen wurden in den Wind geschlagen. Deutschland sei auf günstige Energieimporte aus Russland und Exporte nach China und Waffen aus den USA angewiesen.
“Was die Exporte nach China angeht, hat sich Deutschland verspekuliert. Die politische Ökonomie des Landes wurde völlig falsch eingeschätzt. Die aktuellen Handelsdaten geben bereits einen Vorgeschmack darauf, dass die deutschen Exporte keine großen Sprünge mehr machen und in naher Zukunft schrumpfen werden. Stattdessen werden deutsche Firmen chinesische Waren verkaufen und dadurch mit den USA in Konflikt treten, unter Sanktionen fallen etc. China hat Deutschland bereits den Rang als größter Autoexporteur abgelaufen. Diese Entwicklung war seit Jahren absehbar und ich habe sie meinen Kunden in Deutschland versucht klarzumachen. Aber sie lächelten nur und sagten: ‘Wir sind deutsche Unternehmer, wir wissen, was am besten ist.’ In Deutschland hat man sich auch nie vorstellen können, dass die Gasversorgung aus Russland zusammenbrechen könnte – aber es ist geschehen. Und jetzt hat Amerika Deutschland in die Enge getrieben.”
Die Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW, fügt hinzu, dass aufgrund der schlechter werdenden Aussichten Investitionen zurückgehalten werden. Es droht ein Teufelskreis, denn Investitionen sind dringend notwendig, um überhaupt wieder den Anschluss an die Weltwirtschaft zu finden. Bleibt das Produktivitätswachstum mangels Investitionen anhaltend schwach, droht eine Phase des Wohlstandsverlustes.
Änderung ist nicht in Sicht. Weder die Unternehmen noch der Staat sind zu Investitionen bereit. Die Unternehmen planen dieses Jahr Dividenden-Auszahlungen in Rekordhöhe, schreibt die Berliner Zeitung unter Bezugnahme auf eine Schätzung der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Das ausgezahlte Geld steht dann dort, wo es eigentlich dringender gebraucht wird, nicht mehr zur Verfügung: im Bereich Forschung und Entwicklung.
Aus der Politik kommen zur Lösung des Problems völlig ungeeignete Vorschläge. So glaubt Finanzminister Christian Lindner, mit einem Mehr an Überstunden ließe sich das Problem stagnierender Produktivität lösen.
Vor einem Jahr zu Beginn des Ukraine-Krieges sagte Lindner:
“Was wir jetzt brauchen, sind mehr Wachstumsimpulse, mehr Gründungen, mehr Überstunden, um unseren Wohlstand zu sichern.”
Faktisch braucht es aber mehr Investitionen und genau hier versagt der Staat seine Mithilfe. Lindner möchte möglichst schnell wieder zur Einhaltung der Schuldenbremse zurückkehren.
Deutschland reagiert auf die sinkende Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft mit den immer gleichen Maßnahmen, Sparen und Reduktion der Ausgaben, was den Prozess des Niedergangs verstärkt.
Damit ist der Weg für Deutschland vorherbestimmt. Deutschland steigt unweigerlich ab.
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