Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die deutsche Botschaft in Damaskus offiziell in Betrieb genommen. Zuvor hatte Deutschland zwar diplomatische Beziehungen zu Syrien unterhalten. Doch das offizielle Berlin hatte das westliche Narrativ von angeblichen massenhaften Menschenrechtsverletzungen der legitimen Regierung des Präsidenten Baschar al-Assad mitgetragen – so sehr, dass es ihr gegenüber diversen “moderaten” radikalislamischen Terrormilizen den Vorzug gegeben hatte. Daher hatte es seine Botschaft im Jahre 2012 geschlossen. Nun heißt es “an der schwierigen Aufgabe der Stabilisierung des Landes mitwirken”, wie Verlautbarungen aus dem Auswärtigen Amt diesen Schritt erklären. Visa- und Konsularangelegenheiten würden derweil weiterhin in der Vertretung in Beirut, der Hauptstadt des benachbarten Libanon, bearbeitet.
Mainstreammedien, hier das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) als Beispiel, sind schnell bei der Hand, dem Auswärtigen Amt Propaganda-Schützenhilfe zu leisten – im Artikel des RND zu diesem Thema heißt es:
“Das Land wird nun von einer Übergangsregierung geführt, die ihre Wurzeln im Islamismus hat, aber die Einhaltung von Menschen- und Minderheitenrechten betont.”
Ob sich eine gewaltbereite Bewegung islamischer Fundamentalisten über mehr als ein Jahrzehnt zumindest theoretisch auch so weit deradikalisieren kann, dass sie anfängt, Menschenrechte einzuhalten, sei dahingestellt. Doch dass dies im Falle der nun in Syrien regierenden Hai’at Tahrir asch-Scham (HTS), ihrerseits Nachfolgerin beziehungsweise Ableger der Nusra-Front, diese ihrerseits Ableger der berüchtigten al-Qaida, in der Tat eben keineswegs passiert ist und sie weiterhin bei ethnischen Säuberungen Massaker an Alawiten und Christen begehen, wird geflissentlich ignoriert. Ebenso wie die verzweifelten Hilferufe der Opfer.
Und so besuchte Außenministerin Baerbock in Syrien denn auch eine Stadt, die im Bürgerkrieg zerstört worden war – doch eben nicht solche Gebiete, in denen Regierungsgegner, darunter nicht zuletzt die HTS, seinerzeit Zivilisten massakriert hatten. Die gelassene, freundschaftliche Atmosphäre zwischen Deutschlands Delegation und dem aktuellen Machthaber in Damaskus Ahmed al-Scharaa, leicht an Bildern vom Ort des Geschehens abzulesen, spricht Bände.
Nun, sage mir, wer deine Freunde sind …
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