Bereits im Jahr 2022 hat die EU den Markt für Flüssiggas leergekauft und damit für enorme Preissprünge gesorgt. Dies droht sich nun zu wiederholen. Die Verlierer werden dabei erneut die traditionellen Abnehmer von Flüssiggas sein – Länder des Globalen Südens, die bei der von der Europäischen Union ausgelösten Preisrallye nicht mithalten können.
Nachdem die Ukraine der EU den Gashahn zugedreht hat, drohen neue Versorgungsengpässe. Das Ziel, die Gasvorräte vor dem kommenden Winter aufzufüllen, wird durch die Lieferengpässe bedroht. Bedingt durch das kalte Wetter gehen die Lagerbestände zurück. Durch den von der Ukraine ausgelösten Angebotsmangel steigen die Preise.
“In Europa wird es in diesem Jahr sicherlich eine Energielücke geben”, sagte Francisco Blanch, Rohstoffstratege bei Bank of America. “Das bedeutet, dass all das LNG, das dieses Jahr zusätzlich auf den Markt kommt, dazu genutzt wird, das Defizit an russischem Pipeline-Gas zu kompensieren”, fügte er hinzu.
Um seinen Gasbedarf zu decken, ist die EU angesichts des Lieferstopps der Ukraine gezwungen, dieses Jahr rund zehn Prozent mehr LNG einzuführen. Das entspricht rund 10 Mio. Tonnen. Ob die USA ihre Produktion an Flüssiggas für den Export in die EU zeitnah hochfahren könnten, sei allerdings fraglich, führt Saul Kavonic aus. Kavonic ist Energienanlyst beim Research-Institute MST Marquee in Sydney.
Es ist daher erneut mit steigenden Preisen zu rechnen. Länder wie Indien, Bangladesch und Ägypten werden dann ihren Bedarf erneut nicht decken können, da sie im Preiskampf gegenüber der EU unterlegen sind. Bereits jetzt sind die Preise für Gas-Futures in Europa um 45 Prozent höher als im vergangenen Jahr.
Schon im Jahr 2022 kam es in Ländern wie Pakistan und Bangladesch zu Engpässen bei der Stromversorgung. Energie musste rationiert werden. Die Folge der Kaufwut der EU waren Stromabschaltungen. Den Beziehungen zur Europäischen Union und zu Deutschland hat das geschadet. Die betroffenen Länder sahen die Schuld nicht bei Russland, denn Russland war nach wie vor bereit zu liefern. Sie sahen die Schuld bei den Ländern, die meinten, mit einem Boykott russischen Gases den globalen Energiemarkt in Unruhe versetzen zu müssen.
Zwar baut auch die Russische Föderation ihre Kapazitäten zur Produktion von LNG stark aus. Allerdings ist aufgrund neuer US-Sanktionen in diesem Bereich mit Verzögerungen zu rechnen. Die Unsicherheiten bleiben insgesamt groß.
Mehr zum Thema – AfD-Bundesparteitag: Weidel verspricht Neustart für Nord Stream