Von Alexander Nossowitsch
In den letzten Monaten wurde in Lettland ein Film mit dem Arbeitstitel “Der Kreml-Zauberer” gedreht. Dieser Film handelt von Wladimir Putins Aufstieg zur Macht in Russland. Der Regisseur ist ein Franzose, die Schauspieler sind hauptsächlich Amerikaner. In der Rolle des russischen Präsidenten – Jude Law.
Die Filmschöpfer definieren ihre kreative Aufgabe wie folgt: Es soll gezeigt werden, wie Wladimir Putin aus dem Chaos der 1990er Jahre “geboren” wurde und das demokratische Russland an der Millenniumsschwelle zum Autoritarismus überging. Für diese Aufgabe stellte die Republik Lettland dem internationalen Filmteam gern ihr Territorium zur Verfügung und leistete jede Art von organisatorischer und administrativer Hilfe: Für die Dreharbeiten wurde der Verkehr in Riga eingestellt und das Stadtzentrum gesperrt.
Der boshafte Eifer lettischer Politiker, Hollywood dabei zu helfen, einen Propaganda- und Schmähfilm gegen Russland zu drehen, ist nicht überraschend. In diesem Zusammenhang wurden in Lettland sogar solche Befürchtungen geäußert: Würden nicht alle Bemühungen umsonst sein, weil Jude Law beim Publikum so beliebt ist? Der Schauspieler hat eine positive, leichte Ausstrahlung, und “sein Putin” könnte sich ungewollt als Anti-Held entpuppen – also als charmanter Bösewicht, der die Aufmerksamkeit moralisch instabiler Personen auf sich ziehen würde – genau wie der echte Putin.
Noch lustiger ist jedoch etwas anderes: Auch Lettland selbst bekam eine Rolle in diesem Film. Es spielt die Rolle des grausamen, kriminellen, schmutzigen Russlands der 1990er Jahre, aus dessen Chaos Wladimir Putin als Politiker hervorging. Im Rahmen des Auswahlverfahrens für geeignete Drehorte in der ehemaligen Sowjetunion konnten die Amerikaner keinen besseren Kandidaten für diese Rolle finden.
Man muss jedoch fairerweise sagen, dass dies nicht ganz stimmt. In Russland selbst kann man – wenn man sich auf die richtige Suche begibt – noch Orte finden, an denen die Spuren der postsowjetischen Verwüstung erhalten geblieben sind: Solche Orte wurden von den Autoren früherer antirussischer Schmähfilme gesucht und gefunden. Aber in Russland (und in Weißrussland) würde niemand dem Filmteam nebst Jude Law erlauben, dort Dreharbeiten durchzuführen. Ideal für die Rolle des Russlands der 1990er Jahre wäre jedoch die moderne Ukraine. Doch aus irgendeinem Grund wollen selbst die eifrigsten Ukraine-Fans nicht dorthin reisen. Die meisten anderen postsowjetischen Republiken lassen sich aufgrund der klimatischen Besonderheiten nicht als Moskau und Leningrad beziehungsweise Sankt Petersburg verschachern.
Letztendlich wurde genau auf Rigas Straßen eine echte postsowjetische Verwüstung gefunden. Daraus lassen sich mehrere epische Schlussfolgerungen ziehen.
Erstens sind die Spuren dieser Verwüstung im Zentrum Rigas immer noch vorhanden – selbst im Jahr 2025, also 35 Jahre nach der Proklamation der “Wiederherstellung der Unabhängigkeit Lettlands”.
Zum anderen schaffte es Lettland, das heiß ersehnte Interesse ausländischer Gottheiten aus der “Traumfabrik” auf sich zu ziehen. Und Lettland lockte sie aus keinem anderen Grund als der Tatsache, dass es eine postsowjetische Republik ist (obwohl diese Tatsache von den baltischen Staaten immer hartnäckig geleugnet wurde). Sie wurden nicht durch den Mythos der “Erfolgsgeschichte” angezogen, die Lettland angeblich nach der Befreiung von der “sowjetischen Besatzung” erreicht habe, sondern nur durch den Umstand, dass die heutigen lettischen “Landschaften” als Illustration des Lebens im zusammengebrochenen Sowjetimperium dienen können.
Drittens sind Lettland und die Letten wieder für die Außenwelt von Interesse – aber nur, weil die Außenwelt an Russland interessiert ist. Die Amerikaner drehen einen Film über den russischen Präsidenten, nicht über Lettland. Lettland selbst ist Teil eines Films über Putin. Ohne diesen Bezug zu Russland und Putin weckt Lettland kein Interesse.
Einst, als die Balten sich den Dialog mit Russland noch nicht verboten hatten, zeigten sich einige besonders skandalöse unter ihnen demonstrativ beleidigt darüber, dass Russen das Wort “Pribaltika” in ihrer Sprache verwenden: Man könnte meinen, dass unsere Länder nur ein Landstreifen entlang der Grenze zu Russland seien, der an die Ostsee angrenzt! Doch all die Aktivitäten dieser Länder belegen immer wieder, wie treffend die russische Sprache ihre Situation beschreibt.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 10. April 2025 zuerst bei RIA Nowosti erschienen.
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