Von Wladislaw Sankin
Die dreiteilige “Herr der Ringe”-Saga erreichte in Deutschland Anfang der 2000er-Jahre über 33,5 Millionen Kinobesucher. Seitdem haben weitere Millionen Zuschauer vor allem jüngeren Alters den Fantasy-Klassiker auf Streaming-Plattformen kennengelernt. Der berühmte Soundtrack, der im Film das Erscheinen der grausamen Ringgeister, der sogenannten Nazgûls, begleitet, dürfte deshalb noch sehr vielen in Erinnerung sein. Die eindrucksvolle Musik klingt genauso, wie die apokalyptischen Reiter aussehen: martialisch. Nun wird das Nazgûl-Thema vom Deutschen Heer durch ein aktuelles Ereignis wiederbelebt.
Das Ereignis war der Besuch des Heereschefs, Generalleutnant Christian Freuding, bei der Panzerbrigade 45 im litauischen Rūdninkai am 23. Oktober. Untermalt mit Nazgûl-Musik ließ die Presseabteilung auf dem Instagram-Account des Heeres seine Begrüßungsrede abspielen. Auch das dazugehörige Schauspiel ließ nichts zu wünschen übrig. Ein Spalier aus Fackeln, im dunklen Wald leuchtend, Feuerschalen mit Brigadewappen, eindrucksvoll in Szene gesetzte Panzer und Feuerwaffen – all das war Teil eines feierlichen Appells: Soldaten erschienen dazu zu Hunderten aufgereiht, diszipliniert und kampftüchtig, der General spricht zu ihnen und geht durch Feuerspalier.
“Sie bauen hier gerade etwas auf, was Bestand haben wird. In einigen Jahren wird man sagen können: Diese Brigade hat Maßstäbe gesetzt.” Seine Worte richtete der Generalleutnant direkt an die Soldaten der “Brigade Litauen”. Er wolle, “dass wir hier mit dieser Brigade erfolgreich sind”. Nach einer Soldatenmeldung zum Dienst fügt Freuding hinzu:
“Dass wir Sie hier kriegstüchtig ausbilden und dass Sie siegen können, wenn es darauf ankommt.”
Die Versammelten antworteten mit dem Ruf “Hurra! Hurra! Hurra!” Im Kommentarbereich bejubelten die Nutzer das Reel. “Das geht unter die Haut”, war bei vielen die Reaktion. Die Deutung des ausgewählten Soundtracks fiel unmissverständlich aus: In den Wäldern lauern die dunklen Kräfte Mordors, die “Gefährten” – die Verbündeten Litauen und Deutschland – trotzten ihnen mit einem vorbildlichen Wertesystem, Tapferkeit und klarem Verstand. Am heidnisch anmutenden Feuerrituale der Panzerbrigade war laut der militärischen Fangemeinde nichts auszusetzen.
Doch genau dieses wirkt mit seiner archaischen Symbolkraft ausgerechnet auf den äußeren Adressaten der Videobotschaft unmissverständlich: Die Deutschen wollen die militärische Macht Nummer eins werden, und es zieht sie wieder nach Osten. Und es geht ihnen inzwischen “um den militärischen Sieg”! Über wen, spricht Freuding nicht aus, aber man weiß, was er meint. Das sei doch derjenige General, der sich als Ukraine-Koordinator über die Invasion in Kursker Gebiet so freute und die Notwendigkeit von Militärschlägen im Inneren Russlands leidenschaftlich begründete! Man kennt ihn in Russland. Auch will er die Krim zurückerobern. Nun inspiziert der Herr Inspekteur die andere Front.
Fakten zum Litauen-Besuch
Seit Kurzem ist Generalleutnant Freuding Generalinspekteur des Heeres und damit der oberste truppendienstliche Vorgesetzte dieser Teilstreitkraft. Oder einfacher: der höchste Offizier des Deutschen Heeres. Wie das litauische Verteidigungsministerium am 23. Oktober auf seiner Homepage bekannt gab, besuchte der Generalleutnant vom 22. bis zum 22. Oktober Litauen. Als solcher ist er auch für die Litauen stationierte Panzerbrigade 45 zuständig.
Freuding traf in Vilnius auf seinen litauischen Amtskollegen Nerijus Stankevičius. Dieser stellte Freuding die Einsatzpläne der Litauer vor, daraufhin besprachen beide Generäle Fragen der militärischen Zusammenarbeit. Brigadegeneral Stankevičius betonte, man werde jeden Zentimeter des Bündnisgebiets verteidigen. Außerdem waren weitere Treffen mit nicht namentlich genannten Personen geplant, die ebenfalls der militärischen Vernetzung dienen sollten. Auch in der deutschen Botschaft in Vilnius ließ sich Freuding sehen.
Den Hauptteil des Besuchs machten die Inspektionen bei der Panzerbrigade 45 sowie der deutschen Abteilung der Multinational Battlegroup Lithuania aus. Der General aus Deutschland informierte sich über die Lebensbedingungen der deutschen Soldaten in Litauen und inspizierte die bei den dortigen Einheiten verfügbaren Waffen. Ein besonderes Augenmerk legte Freuding auf die Fortschritte der Bauarbeiten an den zukünftigen Bundeswehrstandorten Rukla (Bezirk Kaunas) und Rūdninkai (Bezirk Vilnius, an der weißrussischen Grenze).
Während seines Aufenthalts in Rukla besichtigte Freuding ein eben erst fertiggestelltes Logistikzentrum der Bundeswehr (Permanent Logistics Capabilities Assurance Park). In Rūdninkai – einer “Baustelle der Superlative”, wie das Deutsche Heer den Ort bezeichnete – wollte sich der Generalinspekteur des Heeres über den Fortschritt der Arbeiten beim Aufbau des dortigen Bundeswehrstandortes kundig machen. Er traf dort mit deutschen und litauischen Infrastrukturexperten zusammen.
Ähnlich wie kürzlich der deutsche Botschafter in Moskau Alexander Graf Lambsdorff sprach Generalleutnant Freuding bei der Multinationalen Battlegroup in Litauen davon, dass “Wachsamkeit der Preis der Freiheit” sei.
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