Der Journalist Norbert Häring macht auf seinem Blog darauf aufmerksam, dass öffentliche Bibliotheken Bücher in ihren Beständen mit Hinweisen versehen würden, die von einer Lektüre abraten, weil sie von offiziellen Narrativen abweichen.
Die Empfehlungen erarbeite der Berufsverband Information Bibliothek, BIB, ein Verband der Bibliothekare. Bei dem Studiengang Bibliothekswissenschaft handelt es sich um eine Hilfswissenschaft. Sie dient dazu, Informationen zu ordnen und zugänglich zu machen, nicht jedoch sie fachlich einzuordnen und zu bewerten. Dennoch traut sich der Verband zu, fachliche Einschätzungen aussprechen zu können – und überschreitet damit klar seine Kompetenz.
So rät der BIB, Bibliotheken sollten die Anschaffung des Buches “Corona Fehlalarm?” der Professorin für Biochemie Karina Reiss und des Professors für medizinische Mikrobiologie Sucharit Bhakdi gründlich überdenken.
“Aus den genannten Gründen und den aufgeführten Meinungen anderer Autor:innen lässt sich das Buch in die Kategorie ‘Medien an den Rändern’ einordnen, eine Anschaffung in einer Bibliothek sollte gründlich geprüft werden. Empfehlenswert ist, hier eine enge Kontextualisierung vorzunehmen. Hierbei könnte man Hinweise im Buch hinterlegen, die z.B. aus einem QR-Code oder zuverlässigen Quellen bestehen, die auf fachlich fundierte Rezensionen oder Stellungnahmen von medizinischen Institutionen verweisen.”
Norbert Häring verweist auf einen weiteren Fall, auf den er aufmerksam gemacht worden sei. Jaques Baud ist Analyst, arbeitete sowohl für den Schweizer Strategischen Nachrichtendienst, für die UNO, die NATO und war beteiligt an Missionen in der Ukraine. Baud hat unter dem Titel “Putin, Herr des Geschehens?” eine Analyse zur Entwicklung des Ukraine-Konflikts geschrieben. Er kommt dort unter anderem zu der Einschätzung, dass die NATO eine massive Verantwortung für die Entwicklung hin zum Krieg trägt. Damit weicht er von der in Deutschland üblichen Darstellung zum Ukraine-Konflikt ab.
In deutscher Politik und in den an sie angeschlossenen Medien wird die Vorgeschichte in der Regel ausgeblendet. Der Ukraine-Konflikt beginnt am 24. Februar 2022 mit dem “präzedenzlosen Überfall Russlands auf die Ukraine”. Dieser ahistorischen Sichtweise schließt sich offenbar auch der Berufsverband der Bibliothekare an. Die Bibliothek der Stadt Münster brachte auf der ersten Seite einen Aufkleber an, der vor dem Inhalt des Buches warnt.
“Dies ist ein Werk mit umstrittenem Inhalt. Der Inhalt dieses Werks ist unter Umständen nicht mit den Grundsätzen einer demokratischen Gesellschaft vereinbar. Dieses Exemplar wird aufgrund der Zensur-, Meinungs- und Informationsfreiheit zur Verfügung gestellt”.
Zur Begründung heißt es, Baud würde aus Quellen zitieren, die auf “unseriösen Journalismus” hinweisen. Bibliothekare können natürlich als Privatpersonen zu einer persönlichen Einschätzung kommen – sie sind von der Meinungsbildung natürlich nicht ausgeschlossen. Als Berufsgruppe fehlt ihnen jedoch die fachliche Qualifikation. Es ist eine zwar zum Zeitgeist passende, aber bedenkliche Entwicklung, wenn sich einzelne Berufsgruppen zur Zensur selbst ermächtigen.
Wie schon die Berufsgruppe der Journalisten des Mainstreams haben sich offenbar auch die Bibliothekare davon verabschiedet, einen für die Demokratie wichtigen Beitrag zur freien und offenen Meinungsbildung zu leisten und sich der Gängelung des Publikums verschrieben.
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