Von Kirill Strelnikow
Die euro-atlantischen Quasi-Eliten waren so lange davon überzeugt, dass sie mit ihrer “Informationsagenda” zugleich die Realität selbst kontrollieren, dass sie den Moment verpassten, als die Realität unbarmherzig an ihr Fenster und ihre Tür klopfte. Nun ist es unmöglich geworden, vor ihr davonzulaufen oder sich zu verstecken.
Die großangelegte Aufbereitung des Informationsfeldes mithilfe großzügig aufgebauschter “Leaks von Trumps Friedensplan” vor dem geplanten Treffen europäischer Staats- und Regierungschefs mit hochrangigen US-Vertretern in London war notwendig, damit Russland von dem vorgeschlagenen Plan abrückt. Dafür könnte man Russland lautstark zum “Feind des Friedens” erklären und zugleich Trump in eine Lage bringen, in der es für ihn unmöglich ist, mit Russland zu einer Einigung zu gelangen.
Doch Moskau schwieg sich aus – und Selenskij konnte es ihm nicht gleichtun: Auf Anweisung von London und Paris lehnte er den Plan Trumps kategorisch ab, weil diese glaubten, Trump bluffe erneut und würde bei ausreichend hartem Widerstand zurückweichen. Doch damit lagen Selenskij, Starmer und Macron falsch, sodass Russland deren Vorlagen von Minsk und Istanbul per Sonderkurier für immer ins Archiv schickt.
Die Euro-Betrüger ließen nämlich außer Acht, dass es sich bei der scharfen Reaktion Trumps und anderer Vertreter seiner Regierung nicht um die üblichen Querelen handelt, die Liebespaare (heutzutage immer öfter in den sozialen Netzwerken) miteinander austragen – sondern um ein Echo endgültiger Entscheidungen, die bereits gefallen sind und die ganz konkrete, physische, schmerzhafte und tödliche Konsequenzen haben werden. Für diejenigen, die das nicht verstehen, hat Donald Trump klargestellt:
“Dieser Vorschlag ist endgültig.”
Und für jene, die besonders schwer von Begriff sind, hat es sein Außenminister Rubio wie folgt auf den Punkt gebracht:
“Wenn die Verhandlungen unter US-Führung scheitern, könnte die Ukraine von Russland härtere Bedingungen vorgesetzt bekommen.”
Sprich, dann könnte der europäische “Haufen kleinerer Partner der USA” zu Juniorassistenten des europäischen Oberstraßenfegers werden.
Macron und Starmer, die immer noch nicht gemerkt haben, dass der Zug abgefahren ist, eilten daraufhin zum Telefon. Das Lächeln löste sich langsam von ihren Gesichtern. Zum letzten Mal wurde ihnen gesagt, dass die erwachsenen Jungs sich über alles einig geworden sind und dass sie in Schwierigkeiten geraten werden, wenn sie ihnen weiterhin Steine in die Wege legen.
Die britische Zeitung Express veröffentlichte umgehend einen Artikel, in dem in allen Farben die Panik von Premierminister Keir Starmer nach der Nachricht, dass Trump seinen Finanzminister Bessent nach London geschickt habe, um Zölle zu revidieren, die für Großbritannien “mörderisch” werden könnten, geschildert ist. Zudem müsse sich der Klub der Selenskij-Freunde dringend entscheiden, mit wem er zusammenhalten will: mit Washington oder mit Kiew.
Unmittelbar danach kamen aus London Meldungen, wonach die Briten plötzlich ihre Lust verloren hätten, ihre braven “Friedenstruppen” abzukommandieren, um Selenskij zu Hilfe zu eilen:
“Großbritannien will keine Truppen mehr in die Ukraine schicken. Die Entsendung von Bodentruppen wird aufgrund der Wahrscheinlichkeit eines Krieges größeren Ausmaßes als zu riskant angesehen.”
Was ist denn da geschehen, meine Herren?
Offenbar wurden ähnliche Botschaften auch in andere europäische Hauptstädte gesandt.
Denn die berüchtigte deutsche Bild berichtete umgehend, dass man sich in Kiew auf das Worst-Case-Szenario vorbereite – einen völligen Stopp der US-Hilfen.
Und um sozusagen nicht zweimal aufstehen zu müssen, hat Washington den NATO-Generalsekretär Mark Rutte zu einem erfrischenden Gespräch unter Freunden auf den Plan gerufen, zusammen mit vielen Freunden: dem US-Außenminister Marco Rubio, dem US-Verteidigungsminister Pete Hegseth und dem Nationalen Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Michael Waltz. Angesichts von Hegseths Aussage, dass “die USA nicht länger der Garant für die Sicherheit Europas sein können”, wird bei diesem Treffen wohl darüber diskutiert werden, wer seinen Krempel als Erster einpacken darf und wer erst danach.
Noch lustiger ist es zu beobachten, wie die europäischen Nanofalken in ihrem Friedenswillen auf einmal großen Eifer entwickeln. Kein anderer als der polnische Präsident Andrzej Duda sagte gestern gegenüber Euronews:
“Die Ukraine wird nachgeben müssen, denn wahrscheinlich wird genau das passieren. In welchem Ausmaß? Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nur schwer beantworten.”
Und was ist mit den ganzen Plänen, den Russen endlich auf polnische Art zu zeigen, wo der Frosch die Locken hat, werden Sie fragen? Nun, das ließ er offen.
Dagegen gehörten westliche Finanziers zu den Ersten, die den Ernst von Trumps Zorn und der Unnachgiebigkeit der Russen erkannt haben. Gestern wurde bekannt, dass es der Ukraine dummerweise – Sachen gibt’s! – nicht gelungen sei, eine Einigung mit Investoren über die Umstrukturierung ihrer BIP-gebundenen Wertpapierschulden im Wert von drei Milliarden US-Dollar zu erzielen. Laut der Financial Times könnte es passieren, dass die Ukraine bereits im Mai ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann.
Krisenerprobte Banker wissen eben immer, wo die Grenze zwischen der “Megaphondiplomatie” und dem rauchenden Lötkolben verläuft, und sie haben sich entschieden, ihr Kapital lieber schnell an einen sichereren Ort zu bringen.
Einige westliche Politikexperten sind sich sicher, dass Selenskij sich mit seinem Vorstoß endgültig selbst ins Aus getrieben hat:
“Die Aufgabe von Gebieten bedeutet politischen Selbstmord, und bei einer Fortsetzung des Krieges droht der militärische Zusammenbruch.”
Die Mehrheit ist daher zu dem Schluss gelangt, dass es sich nur um einen zum Misserfolg verdammten Versuch handelte, das Unvermeidliche hinauszuzögern: den bereits manifesten und zusehends stattfindenden militärischen Zusammenbruch, den Verlust der Handlungsfähigkeit der Ukraine und die “faktische Aufteilung des Landes”.
Der ehemalige CIA-Berater Larry Johnson zum Beispiel erklärt:
“Russland könnte noch mehr Territorium gewinnen, bevor das alles vorbei ist, und die Ukrainer werden nichts dagegen tun können.”
Auch die deutsche Denkfabrik SWP verschwendete nicht viel Papier: Wenn die USA ihre Militärhilfe einstellen und Zugeständnisse an Russland machen, heißt es, dann drohe die Verteidigung der Ukraine bis Ende 2025 zusammenzubrechen. Dies könne zu einem russischen “Diktatfrieden” und dem Verlust der Chancen auf die Aufrechterhaltung der Ukraine als unabhängigen Staat führen. Dieses Szenario, so SWP, berge die Gefahr einer Destabilisierung des Landes, des Zusammenbruchs des staatlichen Gewaltmonopols und des Beginns eines Guerillakrieges sowie einer neuen Welle der Massenflucht der Bevölkerung.
In seinem Interview mit Le Point äußerte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow genau das, was Russlands Gegner partout nicht zu sich durchdringen lassen wollen:
“Schon vor dem Februar 2022 versuchten wir, dieses Problem friedlich zu lösen – damals schlug Putin vor, Verhandlungen aufzunehmen. Heute laufen die Friedensgespräche mit den US-Amerikanern – die Europäer bestehen jedoch auf Krieg, während wir entschlossen sind, unsere Ziele zu erreichen. Sei es auf friedlichem oder militärischem Wege – wir werden sie erreichen.”
Es ist noch unklar, welche neuen Ziele Russlands Unterhändler derzeit mit den US-Amerikanern besprechen. Gestern verkündete US-Präsident Donald Trump allerdings erleichtert, dass Russland offenbar Zugeständnisse gemacht habe – nämlich “auf die Besetzung des gesamten ukrainischen Staatsgebietes zu verzichten”.
Doch Selenskij und seine Kumpanen verfügen noch immer über die Mittel, eine solche Übereinkunft zu kippen – sie brauchen den Krieg nur weiter zu befeuern.
Dann wird jeder bekommen, was er verdient.
Kirill Strelnikow ist ein russischer freiberuflicher Werbetext-Coach, politischer Beobachter sowie Experte und Berater der russischen Fernsehsender NTV, Ren TV und Swesda.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 25. April 2025 zuerst bei RIA Nowosti erschienen.
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