Von Jewgeni Posdnjakow
Der Impuls zur Beilegung des Konflikts in der Ukraine, der durch das Treffen zwischen Wladimir Putin und Donald Trump in Alaska ausgelöst wurde, ist erschöpft. Zu diesem Schluss kommt der stellvertretende russische Außenminister Sergei Rjabkow. Seiner Meinung nach wurden die positiven Tendenzen nach dem Gipfeltreffen durch die “Bemühungen von (Russlands) Gegnern sowie Befürwortern des Krieges bis zum letzten Ukrainer” zunichtegemacht.
Insbesondere die Handlungen der europäischen “Partner” der Ukraine hätten zu einem solchen Ergebnis geführt, schreibt RIA Nowosti. Dabei steht Rjabkow mit seiner pessimistischen Einschätzung der aktuellen Kontakte zwischen Moskau und Washington nicht allein da. So bezeichnete der Pressesprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow, den Stand des Dialogs zwischen den beiden Ländern als “gedrückt”. Das Portal RBK zitiert ihn mit den Worten:
“Es wurden keine ernsthaften Schritte unternommen.”
Gleichzeitig betonte er, dass man im Kreml damit rechne, dass der US-amerikanische Präsident “den politischen Willen zur Lösung des Ukraine-Konflikts im Rahmen friedlicher politischer Verhandlungen” beibehält. Die Situation wird jedoch durch einen recht deutlichen Wandel in der Rhetorik der USA erschwert.
Am Dienstag erklärte der Chef des Weißen Hauses, dass er sich praktisch für die Lieferung von Tomahawk-Marschflugkörpern an die ukrainischen Streitkräfte entschieden habe. Seinen Worten zufolge müsse er vor der endgültigen Umsetzung dieser Initiative verstehen, wie genau Kiew die Waffe einsetzen wolle.
Zur Erinnerung: Der Gipfel in Alaska fand am 15. August statt. Sein Hauptthema war die Diskussion über die Beilegung des Konflikts in der Ukraine. Beide Seiten bewerteten die Ergebnisse des Treffens positiv, und allein die Tatsache, dass es stattfand, löste in Europa eine Art “politisches Fieber” aus. Dennoch stellen viele Experten heute fest, dass die positive Wirkung des persönlichen Gesprächs zwischen Putin und Trump allmählich nachlässt. Fjodor Lukjanow, Chefredakteur der Zeitschrift Russia in Global Affairs und wissenschaftlicher Direktor des Waldai-Clubs, meint:
“Die Äußerungen des stellvertretenden russischen Außenministers Sergei Rjabkow über das Nachlassen der Impulse des Russland-USA-Gipfels in Alaska sind eine Art Feststellung der Tatsachen: Die Vorschläge, die Stephen Witkoff, der Sonderbeauftragte des US-amerikanischen Präsidenten, nach Moskau gebracht hatte und die dann in Anchorage diskutiert wurden, wurden nicht weiterverfolgt.
Nach dem Treffen in Alaska hatten Russland, die USA und eine Reihe anderer Länder große Erwartungen an den vollständigen Start des ukrainischen Regulierungsprozesses. Jetzt hat Moskau bestätigt, dass diese Hoffnungen nicht erfüllt wurden. Die bisherigen Initiativen haben nicht funktioniert, und neue sind nicht in Sicht.”
Dabei weist der Analyst darauf hin, dass Rjabkows Formulierungen nicht besonders scharf gewesen seien, und mahnte, dass Moskau den Dialog mit den USA nicht einfach so abgebrochen habe. Lukjanow sagt:
“Ich denke, man sollte nicht davon sprechen, dass die Ergebnisse des Gipfeltreffens in Alaska zunichtegemacht wurden, da wir sehen, dass verschiedene Länder in die Ukraine-Regelung involviert sind, aber es hat erneut eine Verschiebung in Richtung einer diplomatischen Sackgasse gegeben.
Brüssel hat seine Position nicht geändert und tut alles, um die Friedensverhandlungen zu sabotieren. Rjabkows Worte über die Rolle der Europäer beim Erschöpfen des Alaska-Impulses zeigen, dass Europa gelernt hat, Einfluss auf den US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump zu nehmen. Dies gilt vor allem für den NATO-Generalsekretär Mark Rutte und den finnischen Präsidenten Alexander Stubb. Sie können spezifische Argumente und Verhaltensmuster finden, um den US-amerikanischen Staatschef von ihren Ideen zu überzeugen.
Aus Rjabkows Worten lässt sich schließen, dass derzeit niemand eine funktionierende Lösung für die Ukraine-Krise hat, außer einer militärischen Option. Aber alles kann sich schnell ändern – der Dialog zwischen Russland und den USA wird davon abhängen, ob Trump der Ukraine Tomahawk-Marschflugkörper zur Verfügung stellt. Dies wird ein Zeichen für die Absicht des Weißen Hauses sein, den Druck auf den Kreml zu verstärken.
Wenn die US-amerikanische Seite der ukrainischen Armee hilft, wird dies den Dialog zwischen Moskau und Washington verschlechtern. Für Trump hat jedoch derzeit der Nahe Osten höhere Priorität. Daher könnte er alles beim Alten belassen und der Ukraine und Europa die Möglichkeit geben, zu versuchen, die Lage an der Front für sich zu verbessern. Wenn dies zu keinem Ergebnis führt, wird der Chef des Weißen Hauses nach einiger Zeit Kiew und Brüssel erneut vorschlagen, die Verhandlungen mit der russischen Seite wieder aufzunehmen.”
Die Erklärung von Rjabkow sei als Feststellung einer bereits vollendeten und verständlichen Tatsache zu verstehen, stimmt der Politologe Iwan Lisan zu. Er fügt hinzu:
“Der Plan zur Beilegung des Konflikts in der Ukraine unter Vermittlung der USA ist in eine Sackgasse geraten. Im Grunde gab es seit über einem Monat keinen Hoffnungsschimmer mehr in dieser Richtung. Es stellt sich die Frage: Warum hat Moskau gerade jetzt beschlossen, einen solchen Schlussstrich zu ziehen?
Meiner Meinung nach liegt das Ganze an der etwas veränderten Rhetorik der USA. Amerika spekuliert aktiv über die Lieferung von Tomahawk-Marschflugkörpern an die ukrainischen Streitkräfte. Selbst Trump hat sich, wenn auch vorsichtig, für diese Idee ausgesprochen. Damit war die Erklärung des stellvertretenden (russischen) Außenministers wahrscheinlich eine Reaktion auf die jüngsten Nachrichten aus Washington.
Die große Frage lautet: Hatte Alaska tatsächlich Impulse für eine Lösung gegeben? Das Treffen der beiden Staatschefs war zweifellos wichtig und notwendig. Es musste zumindest stattfinden, um dem Weißen Haus erneut die Bereitschaft Russlands, seine eigenen nationalen Interessen zu verteidigen, deutlich zu machen.
Aber was hat sich seit August geändert? Europa will weiterhin, dass die Kampfhandlungen fortgesetzt werden, Selenskij erst recht. Das war bereits bei den wieder aufgenommenen Verhandlungen im Istanbul-Format klar. Damals gelang es den Delegationen, sich über wichtige, aber dennoch nur praktische Fragen zu einigen. Zum Beispiel über den Austausch von Gefangenen.
Das heißt, direkte Verhandlungen mit der Ukraine haben keine größere Wirkung gezeigt. Die Einbeziehung der USA als Vermittler macht den Dialog komplizierter. Zumal die USA bei den aktuellen Ereignissen nicht gerade eine führende Rolle spielen. Das finanzielle Vakuum, das durch die Weigerung Washingtons entstanden ist, Kiew weiterhin finanziell zu unterstützen, wird derzeit von Brüssel gefüllt. Natürlich hat die EU weniger finanzielle Möglichkeiten als die USA, aber dennoch wird ihre Hilfe es der ukrainischen Armee ermöglichen, ein oder zwei Jahre durchzuhalten. Solange Europa also nicht die Lust verliert, bis zum letzten Ukrainer zu kämpfen, ist ein Ausweg aus der diplomatischen Sackgasse nicht in Sicht.
Daher ist Trumps Meinung zu Rjabkows Erklärung nicht besonders wichtig. Im Prinzip kann der Chef des Weißen Hauses völlig unvorhersehbar reagieren – das ist sein außenpolitischer Stil.”
Entscheidend sei die Tatsache, dass die USA zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Lösung des Konflikts gewährleisten können, was bedeute, dass nach anderen Auswegen gesucht werden müsse, schließt Lisan.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 9. Oktober 2025 zuerst auf der Website der Zeitung “Wsgljad” erschienen.
Jewgeni Posdnjakow ist ein russischer Journalist, Fernseh- und Radiomoderator.
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