Vertreter der 27 EU-Mitgliedstaaten diskutieren seit Mitte vergangener Woche über die Vorbereitung neuer Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Damit wolle die EU-Kommission insbesondere Maßnahmen gegen die “sogenannte russische Schattenflotte” verschärfen, so eine Meldung auf Finanznachrichten vom Donnerstag. Die anvisierten russischen Tanker transportieren Öl und Ölprodukte. Gemäß dem neuen Sanktionsvorhaben dürften rund 150 zusätzliche russische Schiffe nicht mehr in EU-Häfen einlaufen.
Angeblich geht dabei auch um den Umweltschutz. Russland wird seit Langem vorgeworfen, für Ölexporte Schiffe zu nutzen, die sich nicht in der Hand westlicher Reedereien befänden oder die nicht von westlichen Versicherungen versichert worden sind. Diese Tanker seien vielfach überaltert und voller technischer Mängel. Infolgedessen entstünden große Risiken für die Schifffahrt und die Umwelt. Das sei die Ansicht von Experten, berichteten die Finanznachrichten.
Andere neue Sanktionen seien Personenbezogen, darunter neue EU-Einreiseverbote und Vermögenssperren. Ungefähr 30 Unternehmer wären nach dem geplanten 17. Sanktionspaket zusätzlich von Ausfuhrbeschränkungen betroffen. Manche Unternehmer dürften auch keinerlei Geschäfte mehr in der EU machen – das beträfe rund 50 Unternehmer. Diese müssten zudem Vermögenssperrungen befürchten.
Schließlich wolle man noch Unternehmen sanktionieren, die sich an der Umgehung von russischen Sanktionen beteiligen würden, und Unternehmen, die die russische Rüstungsindustrie unterstützten. Das beträfe neben russischen auch türkische und chinesische Unternehmen. Sollte alles “ideal” ablaufen, so das Wirtschaftsfachmagazin, würden die neuen Russland-Sanktionen der EU bei einem EU-Außenministertreffen in knapp zwei Wochen beschlossen werden.
Am Samstag äußerte sich erstmals auch Bundeskanzler Friedrich Merz öffentlich zu dem 17. Sanktionspaket gegen Russland. Gemäß seiner Aussage sind sich die Europäische Union, Großbritannien und die USA darin einig, “den Druck auf Russland massiv zu erhöhen, wenn Präsident Wladimir Putin nicht bereit sein sollte, auf die Forderung nach einer 30-tägigen Waffenruhe einzugehen”.
Nach einem Bericht der Finanznachrichten vom Samstag hat Friedrich Merz kurz nach seiner Ankunft am Samstagmorgen in Kiew gegenüber der Bild-Zeitung über das neue Sanktionspaket gesprochen. Bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Keir Starmer und dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk sagte der deutsche Bundeskanzler gegenüber dem Springer-Blatt:
“Wir unterstützen die Ukraine, wir sind abgestimmt mit der amerikanischen Regierung, mit Donald Trump, und wir fordern eine 30-tägige Waffenruhe, damit in dieser Zeit Friedensverhandlungen vorbereitet werden können. Und jetzt liegt der Ball bei Putin. Putin muss die Antwort auf dieses Angebot geben.”
Sollte sich der russische Präsident einem Waffenstillstand weiterhin verweigern, so Merz weiter, müssten die Sanktionen gegenüber Russland massiv verschärft werden. Zudem würde es dann weitere Unterstützung für die Ukraine geben, und zwar auch militärisch. Wortwörtlich sagte Merz: “Es wird dann eine massive Verschärfung der Sanktionen geben und es wird weitere massive Hilfe für die Ukraine geben – politisch ohnehin, finanzielle Hilfe, aber auch militärisch.” Es gebe zu diesem Vorgehen eine gute Abstimmung zwischen den EU-Staaten, Großbritannien und den USA. Aus Washington vernehme Merz die Botschaft, dass auch Trump zu weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine bereit sei:
“Das ist jedenfalls die Botschaft, die wir aus Washington hören. Offensichtlich verliert auch Donald Trump langsam die Geduld mit Putin. Die Amerikaner hatten ja auch ursprünglich vor, innerhalb weniger Tage diesen Krieg zu einem Ende zu bringen. Das gelingt offensichtlich nicht, aber nicht, weil die Amerikaner sich nicht engagieren, sondern weil Putin einfach auf verschiedenste Gesprächsangebote nicht eingeht. Und damit sind wir mit den Amerikanern zusammen in einer Ausgangsposition, die da lautet: Wir tun alles, um diesen Krieg zu beenden. Aber wenn Russland nicht will, dann sind wir auch bereit, die Ukraine weiter zu unterstützen.”
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